FRAUENHANDELN IN DEUTSCHLAND - KOK
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122 verNeTZuNg, KooPerATIoN uNd ForTBILduNg<br />
ForTBILduNg Zur THeMATIK FrAueNHANdeL 123<br />
als aufbaumaßnahmen werden zielgruppenübergreifende Fortbildungen empfohlen,<br />
die u. u. an lokal etablierte strukturen (wie z. B. runde tische) geknüpft<br />
werden können.<br />
Weniger der Wissensvermittlung als vielmehr der Verbesserung der Zusammenarbeit<br />
zwischen ermittlungsbehörden und Fachberatungsstellen können mehrtägige<br />
Workshops dienen, die von professionellen trainer/innen geleitet werden<br />
sollten. Gegenseitige Vorbehalte, die eine Kooperation im einzelfall behindern,<br />
können dabei abgebaut werden, indem die unterschiedlichen arbeitsweisen und<br />
Zielsetzungen der Beteiligten transparent gemacht, sowie schnittstellen bestimmt<br />
und gemeinsame Zielvereinbarungen ausgehandelt werden.<br />
ein solcher interdisziplinärer Workshop wurde im Jahre 2000 auf einladung<br />
des BKa erstmalig durchgeführt. angeregt vom BMFsFJ (Bundesministerium für<br />
Familie, senioren, Frauen und Jugend) und dem BMi diente er der steigerung der<br />
akzeptanz des neu erarbeiteten Kooperationskonzeptes. die teilnehmer/innen<br />
arbeiteten sowohl innerhalb ihrer Berufsgruppe als auch in gemischten arbeitsgruppen<br />
an themen wie »Ziele«, »unvereinbarkeiten« und entwickelten darüber<br />
hinaus worst-case-szenarien. in einem zweiten schritt wurden Faktoren für eine<br />
optimale Zusammenarbeit gesammelt. Zum abschluss widmeten sich die arbeitsgruppen<br />
den umsetzungsmöglichkeiten der zuvor festgelegten gemeinsamen Ziele<br />
(z. B. »Publikation eines Kooperationskonzeptes«). dazu wurden arbeitsaufträge<br />
formuliert und vergeben. insbesondere wurde die weitere Vorgehensweise festgelegt,<br />
um die Verabschiedung und umsetzung des Kooperationskonzeptes zu<br />
erreichen und zusätzlich in diesem Zusammenhang die Möglichkeiten der erteilung<br />
einer arbeitserlaubnis für Opferzeuginnen zu erwirken. eine annäherung<br />
zwischen den Vertreter/innen beider Berufsgruppen wurde gerade auch deshalb<br />
erreicht, weil negative aspekte der Kooperation nicht ausgespart, sondern im Gegenteil<br />
zum thema gemacht wurden.<br />
1. Fortbildungen für die Polizei (und andere behörden)<br />
auf Bundesebene führt das BKa seit 1997 regelmäßig speziallehrgänge durch, die<br />
sich in erster linie an ermittlungsbeamte/innen wenden, aber auch für Mitarbeiter/innen<br />
der Zeugenschutzdienststellen und der staatsanwaltschaft offen sind. auf<br />
diesen lehrgängen beleuchten Vertreter/innen unterschiedlicher Berufsgruppen<br />
verschiedene aspekte des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen ausbeutung<br />
aus ihrer sicht. in mehreren Beiträgen wird vor allem auch die Opferperspektive<br />
und ein adäquater umgang mit den Betroffenen durch externe referenten/innen<br />
vermittelt, indem psychische Folgestörungen, interkulturelle Kommunikation<br />
oder die rolle der Fachberatungsstellen dargestellt werden.<br />
darüber hinaus finden auch schulungen zum Zeugenschutz statt, die jedoch<br />
nicht ausschließlich auf den deliktsbereich Menschenhandel bezogen sind.<br />
Zu aktuellen themen, z. B. handel mit Kindern, führt das BKa in unregelmäßigen<br />
abständen Workshops durch, an denen meistens auch Mitarbeiterinnen von<br />
Fachberatungsstellen als referentinnen beteiligt werden.<br />
auch im ausland, in den herkunftsländern der Opfer und auch der täter/innen,<br />
veranstaltet das BKa mehrtägige schulungen, die der Optimierung der internationalen<br />
Zusammenarbeit dienen. die inhaltlichen Beiträge zeigen insbesondere die<br />
Möglichkeiten und Grenzen der staatenübergreifenden Kooperation auf und stellen<br />
die unterschiedlichen rechtlichen Voraussetzungen zur Bekämpfung des deliktes<br />
dar. durch die einbeziehung von Mitarbeiterinnen der Fachberatungsstellen<br />
wird eine sensibilisierung für die situation der Opfer angestrebt und die interdisziplinäre<br />
Zusammenarbeit mit lokalen nichtregierungsorganisationen angeregt.<br />
Beispielhaft sind hierbei die BKa-Fortbildungsmaßnahmen für litauische Polizeibeamte/innen<br />
(ermittlung und Zeugenschutz) zu erwähnen, die vor dem eu-<br />
Beitritt des landes durchgeführt wurden, da litauen laut der BKa-lagebilder der<br />
Jahre 2000 bis 2002 181 als das hauptherkunftsland der Opfer von Menschenhandel<br />
in deutschland anzusehen war. insgesamt wurden drei aufeinander aufbauende<br />
schulungen veranstaltet (z.t. finanziert durch die GtZ), eine davon in deutschland.<br />
dabei waren jedes Mal auch litauische Fachberatungsstellen eingebunden.<br />
aufgrund der jeweils einwöchigen dauer der Module war nicht nur eine Vertiefung<br />
der thematik und ein umfassenderer austausch zwischen den teilnehmer/<br />
innen möglich, sondern die interdisziplinäre Kooperation konnte bereits auch im<br />
rahmen der Veranstaltungen praktiziert werden. 182<br />
durch die föderale struktur der Bundesrepublik sind Polizeiangelegenheiten<br />
und damit auch die aus- und Fortbildung der Beamten/innen sache der Bundesländer.<br />
aufgrund der jeweiligen innenpolitischen Vorgaben (z.B. Priorisierung<br />
der Bekämpfung des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen ausbeutung in<br />
rheinland-Pfalz) oder aufgrund aktueller entwicklungen und lobbying (etwa im<br />
Vorfeld der Fußball-WM 2006) wird »Menschenhandel« dann verstärkt vor allem<br />
bei Fortbildungsseminaren der landespolizeischulen zum thema gemacht.<br />
die Finanzierung durch eu-Programme ermöglicht einzelnen Bundesländern<br />
bzw. länderdienststellen auch die durchführung von seminaren mit internationaler<br />
ausrichtung und Besetzung. Folgerichtig liegt dabei ein schwerpunkt auf der<br />
darstellung von »best practices« mit dem Ziel einer Verbesserung der grenzüberschreitenden<br />
Zusammenarbeit (z.B. aGis-Programm 2004/ landespolizeischule<br />
rheinland-Pfalz, april 2006 183 )<br />
den gleichen Zweck verfolgen Veranstaltungen und seminare, die im rahmen<br />
von längerfristigen eu-Projekten durchgeführt werden. diese werden von unterschiedlichen<br />
Kooperationspartnern – aus verschiedenen europäischen ländern –<br />
konzipiert, beantragt und umgesetzt.<br />
die Fachberatungsstelle café nachtfalter (caritas Bistum essen) entwickelte<br />
gemeinsam mit der Polizei essen und der Fachhochschule Mönchengladbach im<br />
rahmen des aGis- Programms 2004 schulungskonzepte, die weniger auf Fachvorträge<br />
setzten, sondern Kommunikation und dialog fördern sollten, u.a. durch<br />
die Methode des szenischen theaters. die teilnehmerinnen der durchgeführten<br />
Konferenzen waren Mitarbeiterinnen von Fachberatungsstellen und strafverfolgungsbehörden<br />
aus Polen, italien, der ukraine und deutschland.<br />
181 http://www.bka.de/lageberichte/mh/2000/mh2000.pdf<br />
http://www.bka.de/lageberichte/mh/2001/mh2001.pdf<br />
http://www.bka.de/lageberichte/mh/2002/mh2002.pdf<br />
182 auf einladung der caritas Kaunas führte die Verfasserin ergänzend im Jahre 2005 eine schulung für litauische sozialarbeiterinnen<br />
und Polizeibeamte/innen durch, die themen wie »umgang mit traumatisierten Opfern« und »interdisziplinäre Zusammenarbeit«<br />
vertiefte.<br />
183 internationale Fachtagung »Bekämpfung des Menschenhandels – herausforderungen für die erweiterte europäische union«<br />
(Jls/aGis/2005/096)<br />
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