FRAUENHANDELN IN DEUTSCHLAND - KOK
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134 <strong>IN</strong>TerNATIoNALeS<br />
ÜBerBLICK ÜBer <strong>IN</strong>TerNATIoNALeS reCHT 135<br />
c. Maßnahmen der Europäischen union<br />
I. Rahmenbeschluss des Rates zur Bekämpfung des Menschenhandels<br />
die Bekämpfung des Menschenhandels steht seit Mitte der neunziger Jahre auf<br />
der agenda der europäischen union. 213 eine der wichtigsten Maßnahmen auf<br />
diesem Gebiet ist der Rahmenbeschluss des Rates vom 19. Juli 2002 zur Bekämpfung<br />
des Menschenhandels (rB) 214 . dieser ist teil eines umfassenden Konzeptes,<br />
das im Kern aus der angleichung der rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten<br />
besteht. 215<br />
artikel 1 rB verpflichtet alle Mitgliedsstaaten, die darin aufgeführten handlungen<br />
als Menschenhandel unter strafe zu stellen. der Wortlaut der Vorschrift<br />
entspricht weitestgehend dem von artikel 3 a ZP. 216 lediglich bei der aufzählung<br />
der tathandlungen und tatzwecke wird von der im Zusatzprotokoll enthaltenen<br />
definition geringfügig abgewichen. 217 Menschenhandel im sinne des rahmenbeschlusses<br />
liegt vor, wenn der täter eine der in artikel 1 abs. 1 rB genannten<br />
handlungen unter anwendung eines der genanten tatmittel vornimmt, um einen<br />
anderen Menschen durch arbeiten oder sexuell auszubeuten (tatzweck). 218<br />
das einverständnis des Opfers lässt die strafbarkeit des täters unberührt (artikel<br />
1 abs. 2 rB). neben diesen Vorgaben für einen straftatbestand des Menschenhandels<br />
enthält der rahmenbeschluss detaillierte Bestimmungen zu den<br />
rechtsfolgen für täter und tatbeteiligten (artikel 3 und 5 rB).<br />
im Gegensatz zum Zusatzprotokoll ist der rahmenbeschluss auch auf den rein<br />
innerstaatlichen Menschenhandel, an dem keine organisierte kriminelle Gruppe<br />
beteiligt ist, anwendbar. 219 der sinn und Zweck dieses rechtsinstruments besteht<br />
einzig und allein in der angleichung der nationalen rechtsvorschriften. dagegen<br />
spielen opferschutzrechtliche Belange lediglich eine untergeordnete rolle.<br />
Zwar ist artikel 7 rB laut Überschrift dem schutz und der unterstützung der<br />
Opfer gewidmet; die darin getroffenen regelungen erschöpfen sich jedoch in<br />
dem Gebot, Menschenhandel in allen Fällen von amts wegen zu verfolgen ( artikel<br />
7 abs. 1 rB) und minderjährige Betroffene als besonders gefährdete Opfer<br />
im sinne des Rahmenbeschlusses des Rates vom 15. März 2001 über die Stellung<br />
des Opfers im Strafverfahren zu betrachten ( artikel 7 abs. 2 rB) 220 sowie in der<br />
aufforderung, Maßnahmen zur angemessenen unterstützung der Familien von<br />
minderjährigen Opfern zu treffen (artikel 7 abs. 3 rB).<br />
rahmenbeschlüsse sind eine mögliche handlungsform des rates der europäischen<br />
union im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit<br />
in strafsachen (PJZs), um die rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mit-<br />
213 Vgl. http://www.ec.europa.eu/justice_home/key_issues/human_trafficking/human_trafficking_1004_de.pdf (zuletzt besucht<br />
am 16.03.2008).<br />
214 aBl. l 203 vom 1.8.2002, s. 1.<br />
215 Vgl. http://www.ec.europa.eu/justice_home/key_issues/human_trafficking/human_trafficking_1004_de.pdf (zuletzt besucht<br />
am 21.03.2008)<br />
216 demko (Fn. 199), s. 12; Kartusch (Fn. 199), s. 15.<br />
217 Beispielsweise zählt die entnahme von Organen nicht zu den möglichen tatzwecken.<br />
218 im Falle von minderjährigen Betroffenen wird allerdings auf die anwendung von Zwangs- oder täuschungsmitteln als tatbestandsmerkmal<br />
verzichtet (vgl. artikel 1 abs. 3 rB). das einverständnis des Opfers lässt die strafbarkeit des täters unberührt (vgl.<br />
artikel 1 abs. 2 rB).<br />
219 demko (Fn. 199), s. 13.<br />
220 der rahmenbeschluss des rates vom 15. März 2001 über die stellung des Opfers im strafverfahren (2001/220/Ji) legt einen<br />
Mindeststandard für den schutz von Opfern im rahmen von strafverfahren fest. dieser standard wird auch volljährigen Opfern<br />
von Menschenhandel zuteil. sie werden jedoch anders als Minderjährige nicht grundsätzlich als besonders gefährdete Opfer im<br />
sinne von artikel 8 abs. 4 des rahmenbeschlusses vom 15. März 2001 betrachtet.<br />
gliedsstaaten anzugleichen. 221 sie müssen innerhalb einer vorgegebenen Frist<br />
in nationales recht umgesetzt werden. allerdings handelt es sich bei rahmenbeschlüssen<br />
nicht um Gemeinschaftsrecht im eigentlichen sinne, sondern um<br />
intergouvernementales unionssekundärrecht. 222 rahmenbeschlüsse sind daher<br />
nicht unmittelbar wirksam (artikel 34 abs. 2 lit. b eu). aus ihnen können keine<br />
subjektiven rechte abgeleitet werden. 223 innerstaatlich verbindliche rechtswirkungen<br />
entstehen erst, wenn und soweit die umsetzung in nationales recht<br />
erfolgt ist. 224 deutschland hat den rahmenbeschluss mit dem 37. strafrechtsänderungsgesetz<br />
vom 11. Februar 2005 225 umgesetzt.<br />
II. Richtlinie des Rates über die Erteilung eines befristeten Aufenthaltstitels für<br />
Opfer von Menschenhandel<br />
Mit der Richtlinie über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige,<br />
die Opfer des Menschenhandels sind (rl) 226 , wird das Ziel verfolgt, in den<br />
Mitgliedsstaaten einheitliche regelungen für ein vorübergehendes aufenthaltsrecht<br />
für Opfer von Menschenhandel aus drittstaaten zu schaffen. dieses ist<br />
jedoch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. 227 Zum einen müssen die Opfer<br />
des Menschenhandels 228 mit den Behörden kooperieren, zum anderen ist die<br />
erteilung des (auf mindestens sechs Monate) befristeten aufenthaltstitels an die<br />
dauer des innerstaatlichen strafverfahrens gekoppelt. dies hat zur Folge, dass<br />
eine Verlängerung nach dessen abschluss 229 ausgeschlossen ist (artikel 8 und 13<br />
rl). das recht des Opfers zum weiteren Verbleib im Zielland bestimmt sich im<br />
anschluss nach den allgemeinen Vorschriften des ausländerrechts (artikel 13<br />
abs. 2 rl).<br />
allein die Kooperationsbereitschaft des Opfers reicht für die erteilung des<br />
aufenthaltstitels nicht aus. die Behörden müssen außerdem zu dem schluss gelangen,<br />
dass seine anwesenheit für die ermittlungen oder das Gerichtsverfahren<br />
nützlich ist (artikel 8 abs. 1 rl). 230 liegen diese Voraussetzungen nicht oder<br />
nicht mehr vor, ist neben der nichtverlängerung auch der entzug des aufenthaltstitels<br />
zulässig (artikel 8 abs. 3 und 13 abs. 2 rl). den Betroffenen ist eine<br />
Bedenkzeit einzuräumen, in der sie nicht abgeschoben werden dürfen und an<br />
deren ende sie sich entscheiden müssen, ob sie mit den Behörden zusammenarbeiten<br />
(artikel 6 rl). im Gegensatz zum ursprünglichen entwurf enthält die beschlossene<br />
richtlinie keinerlei angaben bezüglich der Mindestdauer dieser Be-<br />
221 Jürgen Zimmerling, in: carl Otto lenz/Klaus-dieter Borchardt (hrsg.), eu- und eG-Vertrag – Kommentar, 3. aufl., Köln 2003,<br />
artikel 34 eu, rn. 7.<br />
222 vgl. rudolf streinz, europarecht, 6. aufl., heidelberg 2003, rn. 422 ff. (bzgl. Qualifizierung und Zuordnung der akte im<br />
rahmen der eu) und rn. 107 ff. (bzgl. der rechtsnatur der eG und der eu); thomas Oppermann, europarecht, 3. aufl., München<br />
2005, § 6, rn. 3 f.<br />
223 Zimmerling (Fn. 223) a.a.O.<br />
224 Zum stand der umsetzung vgl. Bericht der Kommission an den rat und das europäische Parlament auf der Grundlage von<br />
artikel 10 des rahmenbeschlusses des rates vom 19. Juli 2002 zur Bekämpfung des Menschenhandels vom 2. Mai 2006, KOM(2006)<br />
187 endg.<br />
225 BGBl. 2005 i s. 239.<br />
226 richtlinie 2004/81/eG des rates vom 29. april 2004 über die erteilung von aufenthaltstiteln für drittstaatsangehörige, die<br />
Opfer des Menschenhandels sind oder denen Beihilfe zur illegalen einwanderung geleistet wurde und die mit den zuständigen<br />
Behörden kooperieren, aBl. l 261 vom 6.8.2004, s. 19.<br />
227 ausführlich hierzu Koopmann-aleksin (Fn. 194) s. 16 ff. m.w.n.<br />
228 anstelle einer eigenen definition des Begriffs Menschenhandel verweist die richtlinie in artikel 2 lit. c auf die entsprechenden<br />
artikel im rahmenbeschluss zur Bekämpfung des Menschenhandels.<br />
229 das Verfahren ist nicht nur dann abgeschlossen, wenn ein Gerichtsurteil ergangen ist, auch die Verfahrenseinstellung stellt<br />
einen abschluss dar (vgl. KOM[2002] 71 endg., s. 16).<br />
230 Kritisch hierzu Koopmann-aleksin (Fn. 194), s. 20 m.w.n.<br />
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