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FRAUENHANDELN IN DEUTSCHLAND - KOK

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136 <strong>IN</strong>TerNATIoNALeS<br />

ÜBerBLICK ÜBer <strong>IN</strong>TerNATIoNALeS reCHT 137<br />

denkzeit. 231 die Festlegung des Beginns und der dauer dieser Zeitspanne bleibt<br />

vielmehr ausdrücklich den Mitgliedsstaaten vorbehalten (artikel 6 abs. 1 rl).<br />

neben der einführung eines befristeten aufenthaltsrechts enthält die richtlinie<br />

für die Mitgliedsstaaten auch die Pflicht, bereits vor erteilung des aufenthaltstitels<br />

Maßnahmen zum schutz und zur unterstützung der Opfer zu treffen.<br />

232 hierzu zählen insbesondere der Zugang zu medizinischer notversorgung<br />

und die Gewährung von Mitteln zur sicherstellung des lebensunterhalts (artikel<br />

6 abs. 2 i.V.m. artikel 7 abs. 1 rl). außerdem sind den Opfern Übersetzungs-<br />

und dolmetscherdienste zur Verfügung zu stellen, wenn und soweit dies<br />

erforderlich ist (artikel 7 abs. 3 rl). schließlich kann ihnen unentgeltlicher<br />

rechtsbeistand gewährt werden, wenn das innerstaatliche recht diese Möglichkeit<br />

vorsieht und die Voraussetzungen dafür erfüllt sind (artikel 7 abs. 4<br />

rl). 233<br />

nach der erteilung des aufenthaltstitels stehen den Opfern weitere rechte<br />

zu. dazu gehört unter anderem das recht auf Zugang zum arbeitsmarkt und<br />

zur beruflichen und allgemeinen Bildung (artikel 11 rl). 234 schließlich ist den<br />

inhabern des aufenthaltstitels die Möglichkeit einzuräumen, an Programmen<br />

oder Maßnahmen teilzunehmen, die ihnen die rückkehr in ein normales soziales<br />

leben ermöglichen. den Mitgliedsstaaten steht es frei, ein solches angebot<br />

zu machen. Wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, können sie die<br />

erteilung des aufenthaltstitels mit der teilnahme an diesen Programmen und<br />

Maßnahmen verknüpfen (artikel 12 rl).<br />

der erlass einer richtlinie ist eine der handlungsformen, die den Gemeinschaftsorganen<br />

(rat und Kommission) zur erfüllung ihrer aufgaben im rahmen<br />

der europäischen Gemeinschaft zur Verfügung stehen (artikel 249 abs.<br />

1 eG). sie bilden auf gemeinschaftsrechtlicher ebene das Pendant zu den auf<br />

unionsrechtlicher ebene erlassenen rahmenbeschlüssen. 235 richtlinien sind mit<br />

rahmenbeschlüssen hinsichtlich der Zweckbestimmung (rechtsangleichung)<br />

und der Geltung in den Mitgliedsstaaten (umsetzungsbedürftigkeit) weitgehend<br />

vergleichbar. 236<br />

deutschland hat die richtlinie mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts-<br />

und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 237 in<br />

nationales recht umgesetzt. 238<br />

231 in artikel 8 des ursprünglichen entwurfs war noch eine Mindestdauer von 30 tagen vorgesehen (vlg. KOM[2002] 71 endg., s. 22).<br />

232 Gleichwohl ist die gemeinhin gebräuchlich gewordene Bezeichnung der richtlinie als Opferschutzrichtlinie kritisch zu<br />

betrachten (vgl. hierzu Koopmann-aleksin [Fn. 192] s. 19 ff.).<br />

233 dagegen war im ursprünglichen entwurf noch ein anspruch des Opfers auf unentgeltlichen rechtsbeistand vorgesehen (vgl.<br />

artikel 9 abs. 2 des rl-entwurfs [KOM[2002] 71 endg., s. 22]).<br />

234 Zu den einzelheiten vgl. Koopmann-aleksin (Fn. 194), s. 17 f.<br />

235 Vgl. hierzu Koopmann-aleksin, (Fn 194)<br />

236 Zu den einzelheiten vgl. oben Punkt c. i.<br />

237 BGBl. 2007 i s. 1970.<br />

238 Zu den auswirkungen in der Praxis vgl. Koopmann-aleksin (Fn. 194), s. 19 ff . sowie die stellungnahme des <strong>KOK</strong> vom 5.<br />

Juni 2007 abrufbar unter: http://www.kok-buero.de/data/Medien/<strong>KOK</strong>aktuellestellungnahmeZuw.G.pdf (zuletzt besucht am<br />

21.03.2008).<br />

d. das Übereinkommen des Europarats zur bekämpfung des<br />

Menschenhandels<br />

das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels vom 16.<br />

Mai 2005 (cathB) 239 übernimmt die im Zusatzprotokoll der Vereinten nationen<br />

enthaltene definition des Begriffs Menschenhandel Wort für Wort (artikel<br />

4 cathB). 240 sein sachlicher anwendungsbereich ist jedoch weiter und erstreckt<br />

sich gemäß artikel 2 cathB auf alle Formen des Menschenhandels, sei er innerstaatlich<br />

oder grenzüberschreitend der organisierten Kriminalität zuzuordnen<br />

oder nicht. im Gegensatz zu den bisher dargestellten rechtsinstrumenten dient<br />

das europarats-Übereinkommen primär dem Opferschutz. 241 dieser aspekt wird<br />

daher auch in den Kapiteln iV und V berücksichtigt, die sich mit dem materiellen<br />

strafrecht und der strafverfolgung befassen (z.B. in den artikeln 26 ff.).<br />

Kapitel iii des europarats-Übereinkommens, das ausschließlich dem schutz<br />

und der Förderung der rechte der Opfer gewidmet ist, enthält einen umfangreichen<br />

Katalog von Maßnahmen, der alle relevanten Punkte abdeckt. angefangen<br />

von der ausstattung der zuständigen Behörden mit speziell für diese thematik<br />

geschultem und qualifiziertem Personal (artikel 10 cathB) bis hin zur Gewährleistung<br />

einer entschädigung für die Betroffenen (artikel 15 cathB) werden den<br />

Vertragsstaaten umfassende Verpflichtungen auferlegt. 242 die Formulierungen sind<br />

erheblich strenger als die vergleichbaren regelungen des Zusatzprotokolls und lassen<br />

den Vertragsparteien dadurch keinen raum für eigene Beurteilungen. 243 die<br />

Bereitschaft des Opfers, als Zeuge oder Zeugin aufzutreten, darf dabei nicht zur<br />

Voraussetzung für die Gewährung von unterstützung gemacht werden (artikel 12<br />

abs. 6 cathB). 244<br />

Wie die zuvor dargestellten rechtsinstrumente enthält auch das europarats-Überkommen<br />

strafrechtliche Bestimmungen (artikel 18 ff. cathB). neben<br />

der Verpflichtung, Menschenhandel unter strafe zu stellen (artikel 18<br />

cathB), umfassen diese auch einige neue regelungen. dazu gehört unter<br />

anderem die Pflicht, handlungen, die typischerweise zur ermöglichung des<br />

Menschenhandels vorgenommen werden (z.B. die Fälschung eines reise- oder<br />

identitätsdokuments), unter strafe zu stellen (artikel 20 cathB). darüber<br />

hinaus sollen die Vertragsstaaten Maßnahmen erwägen, die die strafrechtliche<br />

Verfolgung von Personen, die wissentlich die dienste von Betroffenen von<br />

Menschenhandel in anspruch nehmen, ermöglichen (artikel 19 cathB). 245<br />

239 council of europe convention on action against trafficking in human Beings, cets n° 197, abrufbar unter: http://www.coe.<br />

int/t/dG2/traFFicKinG/campaign/default_en.asp (zuletzt besucht am 21.03.2008).<br />

240 Zu den einzelheiten vgl. die ausführungen oben B. ii.<br />

241 Julia Planitzer, Menschenhandel – Was hat sich seit Palermo getan?, Juridikum 2007, s. 107.<br />

242 dreh- und angelpunkt des Kapitels iii ist artikel 12 cathB. darin werden die Vertragsstaaten verpflichtet, Maßnahmen<br />

durchzuführen, die die Opfer bei ihrer körperlichen, psychischen und sozialen erholung unterstützen. Zu den einzelheiten vgl.<br />

Koopmann-aleksin (Fn. 194), s. 24 ff.<br />

243 Vgl. die entsprechenden Formulierungen in artikel 10 ff. cathB. lediglich artikel 11 abs. 3 cathB verpflichtet die Vertragsstaaten<br />

nur dazu, Maßnahmen mit dem Ziel eines verbesserten schutzes der volljährigen Opfer in den Medien zu »erwägen«.<br />

244 explanatory report on the council of europe convention on action against trafficking in<br />

human Beings, Ziff. 168 ff, abrufbar unter: http://www.coe.int/t/e/human_rights/trafficking/PdF_conv_197_trafficking_e.pdf<br />

(zuletzt besucht am 21.03.2008).<br />

245 diese thematik wird in deutschland unter dem stichwort Freierstrafbarkeit diskutiert. Vgl. Pressemitteilung der Bundesregierung<br />

vom 24.01.2007, Bundesfamilienministerin von der leyen: »Prostitution ist kein Beruf wie jeder andere – ausstieg ist das Ziel«,<br />

abrufbar unter: http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/Kategorien/Presse/pressemitteilungen,did=93274.html (zuletzt besucht<br />

am 21.03.2008) sowie die stellungnahme des <strong>KOK</strong> vom 20.02.2007 hierzu, abrufbar unter: http://www.kok-buero.de/data/Medien/<br />

stellungnahme_des_<strong>KOK</strong>_ProstG20.022007.pdf (zuletzt besucht am 21.03.2008).<br />

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