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FRAUENHANDELN IN DEUTSCHLAND - KOK

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132 <strong>IN</strong>TerNATIoNALeS<br />

ÜBerBLICK ÜBer <strong>IN</strong>TerNATIoNALeS reCHT 133<br />

getreten. 196 deutschland gehört nicht zu den unterzeichnern, weil die Konvention<br />

nicht nur dazu dient, den Menschenhandel zum Zwecke der Prostitution zu<br />

bekämpfen, sondern die Prostitutionsausübung an sich. 197 dies zeigt sich bereits<br />

in der Präambel. darin wird die ansicht vertreten, dass Prostitution, unabhängig<br />

davon, ob sie unter Zwang oder freiwillig und selbstbestimmt ausgeübt wird,<br />

mit der Menschenwürde ebenso unvereinbar ist wie ihre »Begleiterscheinung«<br />

Menschenhandel. 198 darüber hinaus gefährde beides das allgemeinwohl. Mit der<br />

Konvention wurde daher das Ziel verfolgt, Prostitution zu unterbinden, ohne die<br />

sich prostituierende Person selbst zu inkriminieren. staaten, die der Konvention<br />

beitreten, werden dazu verpflichtet, jeden strafrechtlich zu verfolgen, der kausal<br />

dazu beiträgt, dass sich eine andere Person prostituiert bzw. jeden, der daraus<br />

Gewinne erzielt. die anwendung von Zwangs- oder täuschungsmitteln gehört<br />

nicht zum tatbestand. Folglich ist auch derjenige zu bestrafen, der einer anderen<br />

Person dabei hilft, sich freiwillig und selbstbestimmt zu prostituieren.<br />

II. Zusatzprotokoll zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die<br />

grenzüberschreitende organisierte Kriminalität<br />

im anschluss daran dauerte es fünfzig Jahre bis mit dem Zusatzprotokoll zum<br />

Übereinkommen der Vereinten nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte<br />

Kriminalität vom 25. november 2000 (ZP) 199 ein weiteres abkommen geschlossen<br />

wurde, das sich ausschließlich mit der thematik Menschenhandel befasst. 200 das<br />

Zusatzprotokoll wird von vielen als Meilenstein betrachtet 201 , weil es als erstes internationales<br />

abkommen eine umfassende rechtsverbindliche definition des Begriffs<br />

Menschenhandel enthielt. Gemäß artikel 3 lit. a ZP 202 umfasst der Begriff<br />

neben dem handel im eigentlichen sinn auch handlungen, die im Vorfeld oder als<br />

Begleiterscheinung des Verkaufsgeschäftes erfolgen sowie solche, die überhaupt<br />

nicht mit dem an- und Verkauf von Menschen zusammenhängen. Maßgeblich<br />

ist, dass die tathandlung in Kombination mit der anwendung eines Zwangs- oder<br />

täuschungsmittels (tatmittel) davon zeugt, dass der täter Macht und Kontrolle<br />

über einen anderen Menschen ausübt, um diesen auszubeuten (tatzweck). 203 der<br />

Katalog der möglichen tatzwecke ist nicht abschließend und erfasst jede erdenkliche<br />

Form der ausbeutung von der ausnutzung der Prostitution eines anderen<br />

196 vgl. http://untreaty.un.org/enGlish/bible/englishinternetbible/parti/chapterVii/treaty11.asp (zuletzt besucht am<br />

01.03.2008).<br />

197 daniela demko, internationale und europäische Maßnahmen gegen den Menschenhandel, MenschenrechtsMagazin 2007,<br />

s. 6; angelika Kartusch, internationale und europäische Maßnahmen gegen den Frauen- und Menschenhandel , 2003, http://web.<br />

fu-berlin.de/gpo/angelika_kartusch.htm (zuletzt besucht am 21.03.2008), s. 10.<br />

198 »Whereas prostitution and the accompanying evil of the traffic in persons for the purpose of prostitution are incompatible with the<br />

dignity and worth of the human person and endanger the welfare of the individual, the family and the community…« (hervorhebung<br />

durch die Verfasserin).<br />

199 Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels<br />

zum Übereinkommen der Vereinten nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität vom 15. november<br />

2000 (BGBl. 2005 ii, s. 995). das Zusatzprotokoll trat am 25.12.2003 in Kraft. Zum ratifikationsstand vgl. http://www.unodc.org/<br />

unodc/en/treaties/ctOc/countrylist-traffickingprotocol.html (zuletzt besucht am 05.03.2008).<br />

200 ebenfalls in 2000 wurde das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die rechte des Kindes betreffend den Verkauf von<br />

Kindern, Kinderprostitution und Kinderpornographie vom 25. Mai 2000 (un dok. a/res/54/263) verabschiedet. dieses beinhaltete<br />

als erstes internationales dokument eine für die Vertragsparteien rechtlich verbindliche definition des Begriffs Kinderhandel.<br />

Zu den einzelheiten vgl. Koopmann-aleksin (Fn. 194), s. 2 ff.<br />

201 Kartusch (Fn. 199), s. 3; demko (Fn. 199), s. 9.<br />

202 Gemäß artikel 3 a ZP »...bezeichnet der ausdruck ,Menschenhandel’ die anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung<br />

oder aufnahme von Personen durch die androhung oder anwendung von Gewalt oder anderen Formen der nötigung, durch<br />

entführung, Betrug, täuschung, Missbrauch von Macht oder ausnutzung besonderer hilflosigkeit oder durch Gewährung oder<br />

entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur erlangung des einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine andere<br />

Person hat, zum Zweck der ausbeutung«.<br />

203 Demko (Fn.199), s. 10.<br />

Menschen über Zwangsarbeit bis hin zur entnahme von Organen. 204 der strafbarkeit<br />

des täters steht eine einwilligung des Opfers nicht entgegen. 205<br />

das Zusatzprotokoll findet gemäß artikel 4 ZP nur anwendung auf straftaten<br />

mit grenzüberschreitender natur, die von einer organisierten kriminellen Gruppe<br />

begangen werden. 206 staaten, die ihm beitreten, sind verpflichtet, alle erforderlichen<br />

Maßnahmen zu treffen, um Menschenhandel sowie den Versuch und die<br />

teilnahme daran unter strafe zu stellen ( artikel 5 abs. 2 ZP). 207<br />

neben einer verbesserten strafverfolgung dient das Zusatzprotokoll auch dem<br />

Opferschutz. diesbezüglich finden sich zahlreiche Vorgaben in den artikeln 6 ff.<br />

ZP, die vom schutz der identität und Privatsphäre der Opfer bis hin zu entschädigungsmöglichkeiten<br />

reichen. 208 Zu beachten ist jedoch, dass mit ausnahme von<br />

artikel 8 ZP, der die rückführung der Opfer betrifft, sämtliche Vorschriften so<br />

formuliert sind, dass den Vertragsstaaten ein ermessensspielraum hinsichtlich<br />

der durchführung der genannten Maßnahmen eingeräumt wird. 209<br />

der letzte teil des Zusatzprotokolls beinhaltet Maßnahmen zur Prävention<br />

und zur Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit (artikel 9 ff. ZP).<br />

die umsetzung des Übereinkommens der Vereinten nationen gegen die grenzüberschreitende<br />

organisierte Kriminalität (OK-Übereinkommen) 210 und der Zusatzprotokolle<br />

wird im rahmen einer in regelmäßigen abständen stattfindenden<br />

Konferenz der Vertragsparteien überwacht (artikel 32 OK-Übereinkommen). die<br />

Konferenz ist kein Kontrollorgan, das einen Vertragsstaat zu einem bestimmten<br />

Verhalten zwingen könnte. sie dient in erster linie dem austausch von informationen<br />

und erfahrungen sowie der Festigung der internationalen Kooperation<br />

zwischen den Vertragsstaaten. Gleichwohl stellt sie aufgrund des politischen<br />

drucks, der von ihr ausgehen kann, einen wirksamen und im Völkervertragsrecht<br />

gängigen Überwachungsmechanismus dar.<br />

Mit Gesetz vom 1. september 2005 hat der Bundestag dem OK-Übereinkommen<br />

und seinen Zusatzprotokollen (mit ausnahme des Zusatzprotokolls gegen<br />

den handel mit handfeuerwaffen) zugestimmt. 211 dies war die Voraussetzung<br />

dafür, dass es überhaupt innerstaatliche rechtswirkung entfalten kann. 212<br />

204 Vgl. artikel 3 a ZP: »ausbeutung umfasst mindestens …« (hervorhebung durch die Verfasserin).<br />

205 Beachte die in artikel 3 lit. c ZP getroffene sonderregelung im Falle von minderjährigen Opfern.<br />

206 das Zusatzprotokoll kann keinen weitergehenden anwendungsbereich haben als das OK-Übereinkommen selbst (vgl. legislative<br />

Guide for the implementation of the Protocol to Prevent, suppress and Punish trafficking in Persons, especially Women and<br />

children, supplementing the united nations convention against transnational Organized crime, Ziff. 16 ff., abrufbar unter:<br />

http://www.unodc.org/pdf/crime/legislative_guides/legislative%20guides_Full%20version.pdf [zuletzt besucht am 21.03.2008]).<br />

207 dagegen beinhaltet das Zusatzprotokoll anders als seine Vorläufer keine Vorgaben für die Vertragsstaaten zum rechtlichen<br />

umgang mit Prostitution. die legalisierung der Prostitution verstößt daher nicht gegen das Zusatzprotokoll (vgl. interpretative<br />

notes for the official records [travaux préparatoires] of the negotiation of the Protocol to Prevent, suppress and Punish trafficking<br />

in Persons, especially Women and children, supplementing the united nations convention against transnational Organized<br />

crime, un doc. a/55/383/add. 1, Ziff. 64).<br />

208 Beachte zudem artikel 24 und 25 des OK-Übereinkommens, die gemäß artikel 1 ZP entsprechende anwendung finden.<br />

209 Kartusch (Fn. 199), s. 13; demko (Fn. 199), s. 13.<br />

210 Übereinkommen der Vereinten nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität vom 15. november 2000,<br />

im Volltext abrufbar auf: http://www.unodc.org/unodc/en/treaties/ctOc/index.html#Fulltext (zuletzt besucht am 21.03.2008).<br />

211 Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten nationen vom 15. november 2000 gegen die grenzüberschreitende organisierte<br />

Kriminalität sowie zu den Zusatzprotokollen gegen den Menschenhandel und gegen die schleusung von Migranten vom 1. september<br />

2005 (BGBl. 2005 ii, s. 954 ff.).<br />

212 Matthias herdegen, Völkerrecht, 4. aufl., München 2005, § 22, rn. 6 f.<br />

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