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FRAUENHANDELN IN DEUTSCHLAND - KOK

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42 reCHTSLAge<br />

reCHTLICHe gruNdLAgeN deS PHÄNoMeNS FrAueNHANdeL 43<br />

• akteneinsicht in ermittlungs- und Gerichtsakten (§ 406e stPO, aber nur<br />

wenn anwaltlich vertreten)<br />

• ladung zur hauptverhandlung spätestens eine Woche vor dem termin<br />

(entsprechend § 385 abs. 2 stPO) – bereits festgelegte termine finden statt,<br />

unabhängig von der ladung der nebenklageberechtigten (§ 398 abs. 2 stPO)<br />

• anwesenheitsrecht in der hauptverhandlung zu jedem Zeitpunkt<br />

(§ 397 abs. 1 s.1 stPO), auch wenn sie als Zeugin vernommen werden soll<br />

• recht auf anwaltliche Vertretung in der hauptverhandlung<br />

(§397 abs.1 s.2 stPO)<br />

• Befugnis, eine/n richter/in oder sachverständige/n wegen Befangenheit<br />

abzulehnen (§§ 24 abs.3, 31 und § 74 abs.2 stPO)<br />

• recht zur Beanstandung einer anordnung der /des vorsitzenden richters /<br />

richterin (§ 238 abs. 2 stPO)<br />

• ausschluss der Öffentlichkeit bei Befragung (§ 171b GVG)<br />

• entfernung des angeklagten aus dem sitzungssaal bei der Vernehmung<br />

(§ 247 stPO)<br />

• Befragung von angeklagten, Zeugen und sachverständigen während der<br />

Verhandlungen (§ 240 abs. 2 stPO)<br />

• Beweisantragsrecht (§ 244 abs. 3 bis 6 stPO)<br />

• recht zur abgabe einer erklärung (§ 257, 258 stPO)<br />

• recht zum schlussplädoyer vor dem angeklagten (§ 257 i.V.m. § 397 abs.1<br />

s.1 stPO) und erwiderung auf dessen schlussvortrag<br />

• anspruch auf ausfertigung des urteils mit Begründung (§406 stPO)<br />

beiordnung eines anwaltlichen Zeugenbeistands § 68b stPo<br />

Für die dauer der Vernehmung kann einer Zeugin bzw. einem Zeugen, die bzw.<br />

der noch keinen anwaltlichen Beistand hat, mit Zustimmung der staatsanwaltschaft<br />

eine anwältin bzw. ein anwalt auf staatskosten beigeordnet werden, wenn<br />

ersichtlich ist, dass sie bzw. er die eigenen Befugnisse bei der Vernehmung nicht<br />

selbst wahrnehmen kann, z.B. wegen auslandsspezifischer unkenntnis vom deutschen<br />

rechtssystem oder sprachproblemen und ihren bzw. seinen schutzwürdigen<br />

interessen auf andere Weise nicht rechnung getragen werden kann (§ 68b s. 1<br />

stPO). hat die Vernehmung ein Verbrechen oder ein Vergehen, wie Menschenhandel<br />

oder organisierte Bandenkriminalität, zum Gegenstand, so ist die Beiordnung<br />

auf antrag der Zeugin bzw. des Zeugen oder der staatsanwaltschaft anzuordnen.<br />

die Beiordnung ist auf die dauer der Vernehmung beschränkt. § 68b stPO wurde<br />

durch das Zeugenschutzgesetz 1998 eingeführt und regelt einen teilbereich des<br />

allgemeinen rechts auf einen Zeugenbeistand. er wird nachrangig nach den vorbezeichneten<br />

Beistandsmöglichkeiten angewandt, d.h. subsidiär, wenn kein gewählter<br />

oder beigeordneter Verletzten- oder nebenklägerinnenbeistand die Zeugin<br />

bzw. den Zeugen unterstützt.<br />

Kosten des anwaltlichen beistands und der nebenklage<br />

eine not leidende Opferzeugin kann für die erste anwaltliche bzw. psychotraumatologische<br />

erstberatung mit strafrechtlichem schwerpunkt einen Beratungsscheck<br />

bei dem Opferschutzverein Weisser ring e.V. 46 erhalten und bei zivilrechtlichem<br />

oder familienrechtlichem schwerpunkt einen rechtsberatungshilfeschein vom<br />

örtlich zuständigen amtsgericht.<br />

im rahmen der prozessualen Zeugenrechte besteht die Möglichkeit, sich einen<br />

Verletztenbeistand oder eine anwaltliche Vertretung in der nebenklage auf Kosten<br />

der staatskasse beiordnen zu lassen. deshalb sollte z.B. mit dem antrag auf<br />

Zulassung der nebenklage gleichzeitig der antrag auf Beiordnung einer anwältin<br />

bzw. eines anwaltes verbunden werden. dies ist auch möglich bei der Beiordnung<br />

eines sonstigen Zeugenbeistandes nach §68 b stPO. Bis zu der entscheidung des<br />

Gerichts bzw. bei ablehnung des antrags trägt die Zeugin das Kostenrisiko. die<br />

anwältin bzw. der anwalt ist berechtigt, nach dem rechtsanwaltsvergütungsgesetz<br />

einen honorarvorschuss zu verlangen.<br />

Gewaltschutzgesetz<br />

das Gewaltschutzgesetz (GewschG)spielt im Zusammenhang mit Menschenhandel<br />

grundsätzlich keine nennenswerte rolle, da der schwerpunkt der rechtlichen<br />

schutzanordnungen im häuslichen bzw. familiären nahbereich liegt. erwähnenswert<br />

ist aber, dass Verstöße gegen schutzanordnungen, die nach § 4 GewschG mit<br />

strafe bewährt sind, ebenfalls zum anschluss als nebenklägerin berechtigen. nach<br />

dem GewschG können die zuständigen Familiengerichte bei auftreten häuslicher<br />

Gewalt verschiedene unterlassungsverfügungen anordnen, mit denen der Kontakt<br />

des täters zum Opfer unterbunden werden soll. 47<br />

Polizeiliche Zeugenschutzmaßnahmen<br />

Wenn ein schutz für aussagebereite und für das Verfahren wichtige Zeugen, ihre<br />

angehörigen oder ihnen sonst nahestehende Personen nicht anders gewährleistet<br />

werden kann und ihr leib, leben, Gesundheit, Freiheit oder wesentliche Vermögenswerte<br />

gefährdet sind, können sie seit 2001 unter den Voraussetzungen des Zeugenschutzgesetzes<br />

48 polizeilich geschützt werden. Voraussetzung ist die eignung für<br />

die hohen anforderungen der schutzmaßnahmen und die abgabe einer einverständniserklärung.<br />

nur ca. 1,5% bis 3% der Opferzeuginnen von Menschenhandelsprozessen<br />

erfüllten bisher die strengen Voraussetzungen und konnten bei akuter<br />

Gefährdungslage für die dauer des strafverfahrens in das Zeugenschutzprogramm<br />

aufgenommen werden. in der regel enden die Zeugenschutzmaßnahmen nach abschluss<br />

des strafprozesses. dies führte in der Vergangenheit für einige Zeuginnen zu<br />

schwierigen situationen, besonders, wenn sie in ihr heimatland zurückkehren mussten<br />

und dort auf helfer und Mittäter der in deutschland verurteilten täter trafen.<br />

46 www.weisser-ring.de; e-Mail: info@weisser-ring.de Bundesgeschäftsstelle: Weberstr. 16, 55130 Mainz, tel (06131) 8 30 30.<br />

47 Vgl. schweikert/Baer, das neue Gewaltschutzgesetz 2002<br />

48 Zeugenschutz-harmonisierungsgesetz v. 11.12.2001 (BGBl. i, s. 3510).<br />

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