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FRAUENHANDELN IN DEUTSCHLAND - KOK

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76 PrAXIS<br />

FrAueNHANdeL ZuM ZweCK der AuSBeuTuNg der ArBeITSKrAFT 77<br />

Ganz im Gegenteil bestünde die beste Prävention gegen Mh darin, reguläre arbeitsmöglichkeiten<br />

für Migrantinnen zu schaffen. dies wird auch in der europaratskonvention<br />

in artikel 5.4. verlangt: »Jede Partei trifft die erforderlichen angemessenen<br />

Maßnahmen, um Migration auf legalem Wege zu ermöglichen, insbesondere durch<br />

die Verbreitung genauer Informationen über die Bedingungen für eine legale Einreise<br />

und den legalen Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet durch die zuständigen Stellen.« das<br />

entspricht auch den empfehlungen der eu-expertinnengruppe gegen Menschenhandel.<br />

119 Bedauerlicherweise werden diese Meinungen und empfehlungen nicht in<br />

die tat umgesetzt. solche empfehlungen werden ignoriert; strafrechtlich relevante<br />

werden in der regel umgesetzt, sodass der eindruck bleibt, dass das strafrechtliche<br />

interesse am thema dem Opferschutz vorgezogen wird, ebenso wie es weiterhin<br />

nicht primär als menschenrechtliches Problem, sondern als migrationspolitisches<br />

thema diskutiert wird.<br />

literatur<br />

_ bundeskriminalamt 2008: lagebild Menschenhandel 2007, Wiesbaden.<br />

_ bundesministerium für familie, senioren, frauen und jugend 2007: Bericht der<br />

Bundesregierung zu den auswirkungen des Gesetzes zur regelung der rechtsverhältnisse der<br />

Prostituierten (Prostitutionsgesetz – ProstG), Berlin<br />

_ eu-expertengruppe gegen menschenhandel 2004: report of the experts Group on<br />

trafficking in human Beings, Brüssel.<br />

_ europarat 2005: europaratskonvention zur Bekämpfung des Menschenhandels (ets nr. 197),<br />

Warschau.<br />

_ eydner, john richard 2006: der neue §233 stGB – ansätze zum Verständnis der<br />

»ausbeutung der arbeitskraft«; in: neue Zeitschrift für strafrecht, 26. Jg. 2006/1<br />

_ follmar-otto, petra 2007: »Menschenrechtliche instrumente gegen Menschenhandel«,<br />

in: Jahrbuch Menschenrechte. schwerpunkt sklaverei, suhrkamp Verlag<br />

_ internationales arbeitsamt genf 2005: eine globale allianz gegen Zwangsarbeit, Genf<br />

ILO.<br />

_ o.v. 2006: »eu-Kommission will Visapflicht gegen Prostitution bei Fußball-WM«,<br />

in: www.rhein-main.net/sixcms/list.php?page=fnp2_news_article&id=2822990<br />

_ letzter Zugriff: 8.3.2006<br />

_ pearson, elaine 2002: human traffic human rights: redefining witness protection, anti<br />

slavery international. London.<br />

_ prasad. nivedita 2005: »informationen zum umgang italiens mit Betroffenen des<br />

Menschenhandels«, in: senatsverwaltung für Wirtschaft, arbeit und Frauen: Menschenhandel<br />

Materialien, Berlin s. 57 – 65.<br />

_ prasad, nivedita / rohner, babette 2006: »Warum gerade 40.000 ? WM und<br />

›Zwangsprostitution‹« – Folgen eines nichtüberprüften Gerüchts; in: heimspiel 1/06, s. 28–31.<br />

119 Vgl. eu-expertinnengruppe gegen Menschenhandel 2004. s. 11<br />

Monika Cissek-Evans<br />

FRauEnHandEl ZuM ZwEcK dER ausbEutunG dER<br />

aRbEItsKRaFt<br />

im strafgesetzbuch bezieht sich der neue § 233 »Menschenhandel zum Zweck der<br />

ausbeutung der arbeitskraft« auf sklaverei, leibeigenschaft oder schuldknechtschaft<br />

120 . in der Praxis würde dies bedeuten, dass eine arbeitsleistung, die unter<br />

Missachtung einschlägiger gesetzlicher Vorschriften wie arbeitszeit, Gesundheitsschutz<br />

und angemessene entlohnung erbracht wird, zugleich mit ausnutzung einer<br />

Zwangslage oder der hilflosigkeit, die mit dem aufenthalt in einem fremden<br />

land verbunden ist, einhergeht, auch strafrechtlich in ihrer Komplexität erfasst<br />

werden kann.<br />

Frauen, zumeist Migrantinnen aus Mittel- und Osteuropa, aber auch aus asien,<br />

afrika und lateiname rika werden aktiv für eine arbeit in deutschland angeworben.<br />

dies geschieht häufig auch über landsleute. die wirtschaftlich schwierige<br />

lage in ihren heimatländern, die hohe arbeitslosigkeit von Frauen und die<br />

wirtschaftliche Verantwortung für ihre Familien führen dazu, dass sich Frauen<br />

entscheiden, in der Fremde Geld zu verdienen. die meisten Frauen planen einen<br />

lediglich temporären aufenthalt in deutschland.<br />

sie kommen legal mit einem Visum oder illegal nach deutschland und arbeiten<br />

vor allem im dienst leistungsbereich, beispielsweise in Privathaushalten, im<br />

reinigungsgewerbe oder in hotels und Gast stätten. die ursprünglich freiwillige<br />

arbeitsaufnahme kann sich schnell als ausbeuterische arbeitssituation erweisen,<br />

wenn sie getäuscht, betrogen oder dazu genötigt werden, gegen ihren Willen in<br />

einem arbeitsverhältnis zu verbleiben. als druckmittel dienen vermeintliche,<br />

überhöhte schulden (für reisemodalitäten, unterkunft u.ä.), Passabnahme oder<br />

drohungen, sie bei der Polizei ob ihres illegalen aufenthaltes bzw. illegaler arbeit<br />

anzuzeigen. die angst vor polizeilichen repressalien macht die Frauen gefügig.<br />

Gewaltandrohungen sowohl gegen sie als auch gegen ihre Familien gehören zum<br />

repertoire der täter oder täterinnen. Frauen, die im privaten häuslichen Bereich<br />

ausgebeutet werden, haben oft eine persönliche Beziehung zu den arbeitgebern<br />

oder arbeitgeberinnen und sind auch dadurch häufiger Gewalt ausgesetzt.<br />

der illegale aufenthaltsstatus und /oder eine fehlende arbeitserlaubnis können<br />

oft zu einem bedrohli chen abhängigkeitsverhältnis führen.<br />

situation von arbeitsausbeutung betroffener Migrantinnen<br />

die lebensbedingungen in den heimatländern betroffener Migrantinnen sind geprägt<br />

von armut und arbeitslosigkeit sowie persönlichen schwierigkeiten wie familiäre<br />

Probleme, kranke angehörige, schulden, scheidung. Frauen fehlt zumeist<br />

der Zugang zu ressourcen im Bildungs-, ausbildung- und arbeitsmarkt. selbst<br />

Frauen mit guter ausbildung haben kaum chancen auf einen arbeitsplatz. in<br />

deutschland gibt es dagegen eine hohe nachfrage nach billigsten und flexibel einsetzbaren<br />

ar beitskräften. da Frauen häufig alleinige ernährerinnen minderjäh-<br />

120 siehe hierzu Kapitel 3.<br />

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