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FRAUENHANDELN IN DEUTSCHLAND - KOK

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154 ZuSAMMeNFASSuNgeN uNd PerSPeKTIveN<br />

ZuSAMMeNFASSuNg uNd PerSPeKTIveN 155<br />

7<br />

ZuSAMMeNFASSuNg<br />

Kapitel<br />

<strong>KOK</strong> e.V.<br />

uNd<br />

PerSPeKTIveN<br />

seit der entwicklung des themas Frauenhandel in der öffentlichen und politischen<br />

diskussion in den achtziger Jahren ist sehr viel erreicht worden. sowohl nichtregierungsorganisationen<br />

als auch die Politik haben auf regionaler, nationaler und<br />

internationaler ebene viele Konzepte und Maßnahmen zur Bekämpfung von Menschenhandel<br />

angestoßen und umgesetzt. als ein positives Beispiel auf nationaler<br />

ebene ist hier das Bundes-Kooperationskonzept zu nennen, das im rahmen der<br />

Bund-länder-arbeitsgruppe Frauenhandel gemeinsam von Vertreterinnen von<br />

nGOs und Behörden erarbeitet wurde. dieses Konzept diente vielen Bundesländern<br />

als Vorlage für die erarbeitung eigener Bundeskooperationskonzepte.<br />

Wie in den vorangegangenen Kapiteln dargestellt, haben auch auf rechtlicher<br />

ebene sowohl national durch die erweiterung des straftatbestands Menschenhandel<br />

als auch international beispielsweise durch die so genannte eu-Opferschutzrichtlinie<br />

2004/81/eG 291 wesentliche Veränderungen stattgefunden. Mit den Änderungen<br />

des Zuwanderungsgesetzes im august 2007 hat die Bundesregierung<br />

versucht, letztere in deutsches recht umzusetzen.<br />

im Bereich der Beratungsstellen und nichtregierungsorganisationen fanden<br />

ebenfalls entwicklungen statt: Viele neue Fachberatungsstellen wurden eröffnet,<br />

so dass es inzwischen in jedem Bundesland eine spezialisierte anlaufstelle für von<br />

Menschenhandel betroffene Frauen gibt. die Mitarbeiterinnen der Fachberatungsstellen<br />

haben durch ihre unermüdliche arbeit sowohl vielen Betroffenen helfen<br />

als auch die Politik und Öffentlichkeit weiterhin sensibilisieren können. durch<br />

die erweiterung der rechtlichen definition des Menschenhandels auf den Bereich<br />

der ausbeutung der arbeitskraft hat sich auch das themen- und Beratungsfeld der<br />

Mitarbeiterinnen erweitert beziehungsweise sind neue herausforderungen dazugekommen.<br />

auch die internationale Vernetzung und der austausch auf internationaler<br />

ebene wurden weiter ausgebaut.<br />

trotz einiger positiver entwicklungen bleibt jedoch noch erheblicher Verbesserungsbedarf<br />

bestehen, um Menschenhandel wirklich effektiv bekämpfen und<br />

den Betroffenen adäquate und bedarfsgerechte unterstützung bieten zu können.<br />

Obwohl deutschland durch die unterzeichnung einiger internationaler dokumente<br />

292 sowie durch anpassungen in der Gesetzeslage bemüht ist, internationale<br />

standards zur Bekämpfung des Menschenhandels und zur Verbesserung des Opferschutzes<br />

umzusetzen, zeigt die erfahrung der Praxis, dass insbesondere im Bereich<br />

des Opferschutzes erhebliche defizite zu beklagen sind.<br />

im Folgenden werden einzelne Bereiche und die notwendigen Verbesserungen<br />

in ihnen in einer Übersicht zusammenfassend dargestellt.<br />

291 richtlinie 2004/81/eG des rates zur erteilung von aufenthaltstiteln für drittstaatsangehörige, die Opfer des Menschenhandels<br />

sind, oder denen Beihilfe zur illegalen einwanderung geleistet wurde, und die mit den zuständigen Behörden kooperieren.<br />

292 Vgl. Koopmann-aleksin in Kapitel 6<br />

ursachen und Hintergründe des Menschenhandels:<br />

um Menschenhandel effektiv bekämpfen zu können, ist es nicht ausreichend, sich<br />

auf die symptome zu beschränken. Vielmehr muss ein ganzheitlicher ansatz gewählt<br />

werden, der auch die ursachen des Menschenhandels berücksichtigt. hierzu<br />

zählt neben der schlechten wirtschaftlichen lage und den fehlenden chancen, insbesondere<br />

für Frauen, in den herkunftsländern auch die restriktive Migrationspolitik<br />

der Zielländer. Zu einer ganzheitlichen und nachhaltigen Bekämpfung des<br />

Menschenhandels gehört daher auch:<br />

• aufklärung und armutsbekämpfung in den herkunftsländern<br />

• ausweitung der transnationalen Zusammenarbeit zur Bekämpfung des<br />

Frauenhandels<br />

• schaffung von mehr legalen (temporären) Migrationsmöglichkeiten, auch<br />

für gering qualifizierte Personen<br />

• information und aufklärung zu der aufenthaltsrechtlichen situation in den<br />

Zielländern<br />

• information zu unterstützungsangeboten in den Zielländern<br />

opferschutz / unterstützung der betroffenen:<br />

im Bereich des Opferschutzes und der unterstützung Betroffener bestehen noch<br />

erhebliche defizite. eine bedarfsgerechte unterstützung von Betroffenen ist in der<br />

Praxis vielfach nicht gewährleistet. dies betrifft insbesondere folgende Bereiche:<br />

Alimentierung:<br />

Bei der alimentierung betroffener Frauen besteht sowohl rechtlich als auch in der<br />

praktischen Versorgung einiger Verbesserungsbedarf. Opfer von Frauenhandel<br />

aus drittstaaten (d.h. aus nicht-eu-staaten), die bereit sind, mit den strafverfolgungsbehörden<br />

zu kooperieren, erhalten in der regel leistungen nach dem asylbewerberleistungsgesetz.<br />

dies gilt, wenn sie sich als Opferzeuginnen zur Verfügung<br />

stellen oder ihnen eine Bedenkfrist nach § 50 abs. 2 a aufenthG gewährt wird.<br />

in der Praxis hat sich jedoch immer wieder bestätigt, dass diese leistungen nicht<br />

ausreichend sind, um eine angemessene und bedarfsgerechte Betreuung zu gewährleisten.<br />

dies betrifft insbesondere die Bereiche unterbringung, medizinische<br />

Versorgung und lebensunterhalt. Frauen, die von Menschenhandel betroffen sind,<br />

haben häufig traumatische erlebnisse hinter sich. sie benötigen daher oft therapeutische<br />

unterstützung, um sich stabilisieren, das erlebte verarbeiten und sich<br />

eine neue Zukunftsperspektive aufbauen zu können. durch das asylbewerberleistungsgesetz<br />

werden jedoch nur die allernotwendigsten medizinischen leistungen<br />

erbracht, weitergehende hilfe ist in der regel kaum möglich.<br />

daher fordert der <strong>KOK</strong> klare bundesweite regelungen analog sBG ii, die eine<br />

bedarfsgerechte Versorgung von Betroffenen von Menschenhandel im hinblick<br />

auf ihre Grundversorgung, ihren lebensunterhalt, ihre unterbringung und ihre<br />

medizinische Versorgung gewährleisten.<br />

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