FRAUENHANDELN IN DEUTSCHLAND - KOK
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56 reCHTSLAge<br />
reCHTLICHe gruNdLAgeN deS PHÄNoMeNS FrAueNHANdeL 57<br />
VII. arbeitsrechtliche ansprüche<br />
1. die Betroffenen können ihre lohnansprüche gem. § 611 BGB geltend machen.<br />
hierbei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob sie im Besitz eines aufenthaltstitels<br />
oder einer arbeitserlaubnis sind. allerdings kann dies dazu führen,<br />
dass die ausländerbehörde oder das Finanzamt Kenntnis von dem aufenthalt<br />
und der illegalen erwerbstätigkeit erhält. ein schriftlicher arbeitsvertrag muss<br />
nicht vorliegen, da arbeitsverhältnisse auch mündlich geschlossen werden können.<br />
allerdings erleichtert ein schriftlicher arbeitsvertrag die Beweisführung<br />
über das Bestehen eines arbeitsverhältnisses. in der Praxis hat sich gezeigt, dass<br />
es nützlich ist, umgehend bei der Polizei einen strafantrag zu stellen. in solchen<br />
Fällen wird die Polizei zwecks Beweissicherung sofort eine durchsuchung der<br />
Wohn- und arbeitsräume des arbeitgebers veranlassen. in der regel können<br />
hier schon Beweise gesichert werden. auch können so eine Vielzahl von Zeugen<br />
vernommen werden, die bei arbeitsverhältnissen in Gaststätten unter umständen<br />
auch bestätigen können, dass der/die Betroffene regelmäßig anwesend war.<br />
diese erkenntnisse aus dem ermittlungsverfahren können dann im arbeitsgerichtlichen<br />
Verfahren verwendet werden. Bei sich illegal aufhaltenden und Beschäftigten<br />
besteht dann aber auch die Gefahr, in abschiebehaft genommen zu<br />
werden. allerdings gibt es bei Kooperation zwischen den Betroffenen und der<br />
Polizei/staatsanwaltschaft ausländerrechtliche sonderregelungen (s. hierzu Kapitel<br />
iX).<br />
1.1 Zuständigkeit des deutschen Arbeitsgerichts das deutsche arbeitsgericht ist<br />
nur dann zuständig, wenn der arbeitgeber seinen sitz tatsächlich in deutschland<br />
hat. dies kann bei saisonarbeitsverhältnissen eine böse Überraschung geben. Bei<br />
saisonarbeitsverhältnissen von erntehelfern ist es in der regel so, dass die erntehelfer<br />
gar keinen direkten Vertrag mit dem in deutschland ansässigen Betrieb haben,<br />
sondern mit einem Vermittler im herkunftsland, z.B. Polen. Grundsätzlich<br />
müsste der arbeitgeber dann im herkunftsland verklagt werden. da allerdings<br />
der Mittelpunkt des arbeitsverhältnisses in deutschland liegt, gibt es gute argumente,<br />
den rechtsstreit durch ein deutsches arbeitsgericht klären zu lassen. das<br />
deutsche arbeitsgericht ist regelmäßig örtlich zuständig, wenn der arbeitgeber in<br />
deutschland wohnt oder der Betrieb/einsatzort in deutschland liegt oder aber<br />
die arbeitsleistung in deutschland zu erbringen ist. die örtliche Zuständigkeit<br />
richtet sich damit grundsätzlich nach §§ 12 ff ZPO. der Prozess kann durch die<br />
Betroffenen persönlich geführt werden, sie können sich auch vertreten lassen.<br />
Vertretungsberechtigt sind nicht nur rechtsanwälte und Vertreter von Gewerkschaften,<br />
sondern jede volljährige Privatperson ihres Vertrauens, die eine schriftliche<br />
Vollmacht vorlegen kann (§ 11 arbeitsgerichtsgesetz).<br />
Bei der erhebung einer arbeitsgerichtlichen Klage sind teilweise auch Fristen<br />
zu beachten. soll gegen eine Kündigung geklagt werden, ist in manchen Fällen<br />
eine 3-Wochenfrist für die Klageerhebung zu beachten, bei lohnforderungen<br />
können u. u. ausschlussfristen aus geltenden tarifverträgen eine rolle spielen.<br />
die Frist ist nur gewahrt, wenn die Klageschrift innerhalb einer u. u. geltenden<br />
Frist beim arbeitsgericht eingegangen ist. insoweit ist es immer ratsam, sich wegen<br />
möglicher Fristen durch eine Beratungsstelle oder anwaltlich beraten zu lassen<br />
und eine arbeitsgerichtliche Klage frühzeitig einzureichen.<br />
nach der erhebung der Klage erfolgt zunächst vor dem arbeitsgericht eine Güteverhandlung<br />
mit dem Ziel, den streit durch abschluss eines Vergleichs beizulegen.<br />
Kann eine gütliche einigung im rahmen eines Vergleichs nicht herbeigeführt<br />
werden, wird eine erneute Verhandlung anberaumt.<br />
Viele Gerichte haben bereits im internet entsprechende hinweise, wie eine arbeitsgerichtliche<br />
Klage erhoben wird.<br />
1.2 Beweisprobleme im Prozess muss grundsätzliche die klagende Partei, also<br />
hier die arbeitnehmer, für sämtliche umstände, die ihren anspruch belegen, Beweis<br />
anbieten und ggf. antreten. da allerdings der Prozess vor dem arbeitsgericht<br />
stattfindet, gelten Beweiserleichterungen insoweit, dass zunächst der anscheinsbeweis<br />
ausreichend ist. dies bedeutet, dass bei schlüssigem Vortrag und vorliegender<br />
weiterer anhaltspunkte der Gegner (arbeitgeber) das nichtbestehen des<br />
arbeitsverhältnisses beweisen muss. die höhe des anspruchs bemisst sich danach,<br />
was andere arbeitnehmer für eine vergleichbare tätigkeit erhalten hätten. hierfür<br />
sind besondere tarifvertragliche regelungen von interesse. Fehlen solche, muss<br />
auf die vergleichbaren stellenangebote auf dem freien Markt und die angebote<br />
bei der arbeitsagentur zurückgegriffen werden. Bei tätigkeiten, die keine qualifizierte<br />
ausbildung voraussetzen, kann die einordnung eines angemessenen lohnes<br />
durchaus schwierig sein, da die höhe des lohnes auch immer von den konkreten<br />
arbeitsbedingungen und der arbeitszeit abhängig ist.<br />
2. Schadensersatzansprüche aus dem Arbeitsverhältnis<br />
Gelingt der nachweis, dass ein arbeitsverhältnis bestanden hat, können über<br />
den lohnanspruch (s.o. Viii, Ziff. 1) hinaus, finanzielle Forderungen eingeklagt<br />
werden, wenn dem arbeitnehmer ein weitergehender schaden aufgrund einer<br />
Vertragsverletzung des arbeitgebers entstanden ist (§§ 280, 249 ff. BGB). dies<br />
können sach- oder Gesundheitsschäden wegen nicht eingehaltener arbeitsschutzbestimmungen<br />
sein. da die Betroffenen jedoch diejenigen sind, die ihren<br />
anspruch gerichtlich geltend machen möchten, verbleibt es auch hier bei<br />
der Beweislastregel, dass sie als anspruchsteller die objektiven Voraussetzungen<br />
des anspruchs, d.h. der Pflichtverletzung, beweisen müssen. im Falle eines Gesundheitsschadens<br />
müssten die Betroffenen unter anderem vortragen, dass der<br />
Gesundheitsschaden deshalb eingetreten ist, weil der arbeitgeber z. B. keine<br />
schutzkleidung ausgegeben hat, obwohl eine solche tarifvertraglich oder gesetzlich<br />
vorgesehen ist.<br />
3. Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung<br />
außerdem besteht ein schadenersatzanspruch aus unerlaubten handlungen gem.<br />
§ 823 BGB. danach hat derjenige einen schadens- und schmerzensgeldanspruch,<br />
der vorsätzlich oder fahrlässig an Körper, Gesundheit, Freiheit, eigentum oder<br />
einem sonstigen recht widerrechtlich verletzt wurde. in weiten Bereichen überschneidet<br />
sich ein solcher schadensersatzanspruch mit den schadensersatzansprüchen<br />
aus dem arbeitsverhältnis (siehe oben Vii, Ziff. 2). da der schadensersatzanspruch<br />
an die Verletzung besonders geschützter rechtsgüter (Körper, Gesundheit,<br />
Freiheit, eigentum, etc.) anknüpft, muss nicht noch zusätzlich das Bestehen eines<br />
arbeitsverhältnisses nachgewiesen werden. ein solcher schadensersatzanspruch<br />
wird immer dann gegeben sein, wenn die Betroffenen in »sklavereiähnlichen«<br />
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