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Vertrauen als Bestandteil der Sicherheit im elektronischen ...

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Kapitel:4 Theorien zum Thema <strong>Vertrauen</strong><br />

die Erschleichung von <strong>Vertrauen</strong>. Coleman betrachtet hier das Phänomen des Hochstaplers,<br />

<strong>der</strong> <strong>als</strong> <strong>Vertrauen</strong>snehmer dem <strong>Vertrauen</strong>sgeber einen <strong>der</strong>art hohen Gewinn<br />

verspricht, dass <strong>der</strong> potentielle Verlust (L), relativ zum in Aussicht gestellten Gewinn (G)<br />

gesehen, marginal ausfällt. In Colemans Entscheidungsalgorithmus wird damit L/G sehr<br />

klein – klein genug, um den Quotienten p/(1-p) sicher zu unterbieten (p =<br />

Wahrscheinlichkeit <strong>der</strong> <strong>Vertrauen</strong>swürdigkeit des <strong>Vertrauen</strong>snehmer). Die nahe liegende<br />

Betrachtung, dass <strong>der</strong> <strong>Vertrauen</strong>snehmer gar nicht die Absicht hat, das <strong>Vertrauen</strong> zu<br />

rechtfertigen, ist bei Coleman in <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeit 1-p enthalten und wird von ihm<br />

daher nicht geson<strong>der</strong>t untersucht. Zweifelt <strong>der</strong> <strong>Vertrauen</strong>sgeber an <strong>der</strong> Bereitschaft des<br />

<strong>Vertrauen</strong>snehmers vertrauensgemäß zu handeln, so ist 1-p sehr groß und zugleich <strong>der</strong><br />

Quotient p/(1-p) sehr klein. Ein potentieller <strong>Vertrauen</strong>sgeber, <strong>der</strong> den potentiellen<br />

<strong>Vertrauen</strong>snehmer nicht <strong>im</strong> geringsten für vertrauenswürdig hält, wird kein <strong>Vertrauen</strong><br />

gewähren.<br />

Eine weitere Art sein <strong>Vertrauen</strong> abzusichern besteht, darin einen förmlichen Vertrag<br />

abzuschließen. Coleman geht auf diese Möglichkeit nur sehr kurz ein. Im Endeffekt än<strong>der</strong>t<br />

sie die Verlusthöhe in Colemans Entscheidungsalgorithmus. Coleman interpretiert in<br />

seinem Buch Verträge nicht <strong>als</strong> <strong>Vertrauen</strong>svergabe an einen An<strong>der</strong>en, son<strong>der</strong>n <strong>als</strong> klare<br />

Absicherung für eine <strong>Vertrauen</strong>svergabe. Bei Betrachtungen über sinnvolle Analysewege<br />

von (sozialen) Normensystemen stellt Coleman Ähnlichkeiten zwischen dem „common<br />

law“ 16 und Normensystemen fest (S.342). Bei <strong>der</strong> Hinterlegung von <strong>Sicherheit</strong>en für<br />

Kreditgeschäfte weist Coleman explizit auf das gesetzliche Recht des Kreditgebers auf<br />

Inbesitznahme <strong>der</strong> <strong>Sicherheit</strong> bei Zahlungsverzug des Kreditnehmers hin (S.137/138). Da<br />

außerdem Verträge in fast allen Staaten <strong>der</strong> Erde durch das Gesetz geschützt werden, ist<br />

zu vermuten, dass Coleman den Verträgen und dem dazugehörigen Rechtssystem ähnliche<br />

Eigenschaften zumisst wie Normen und den dazugehörenden Sozialgemeinschaften, die <strong>im</strong><br />

folgenden Absatz behandelt werden.<br />

Ebenfalls eine gute <strong>Vertrauen</strong>sabsicherung stellt für Coleman die Existenz einer sozialen<br />

Norm dar, <strong>der</strong>en Bruch von <strong>der</strong> Sozialgemeinschaft bestraft bzw. sanktioniert wird. Diese<br />

Sanktionen können ganz unterschiedlicher Natur sein, doch vermutet Coleman, dass die<br />

„verbreitetste Sanktion wahrscheinlich die Beschränkung von Austauschhandlungen mit<br />

dem zuwi<strong>der</strong>handelnden Akteur“ ist (S.312). Welche Rolle Normen und Sanktionen in<br />

Colemans Theorie einnehmen, wie sie zustande kommen und wie sie wirken, legt er<br />

selbst wie folgt dar:<br />

„Soziale Normen finden auf folgende Art und Weise Eingang in die hier entwickelte<br />

Theorie: Sie spezifizieren, welche Handlungen von einer Menge von Personen <strong>als</strong><br />

angemessen und korrekt o<strong>der</strong> <strong>als</strong> unangemessen und inkorrekt angesehen werden.<br />

Sie werden bewußt erzeugt, insofern <strong>als</strong> diejenigen Personen, die eine Norm ins<br />

Leben rufen o<strong>der</strong> sie unterstützen, sich einen Gewinn versprechen, solange die Norm<br />

16 Mit „common law“ wird auch das Rechtssystem Englands und <strong>der</strong> USA, sowie weiterer Staaten<br />

bezeichnet. Es ist stark durch Einzelfallentscheidungen geprägt, die <strong>als</strong> Präzedenzfälle dienen. Das<br />

deutsche ist wie fast alle kontinental-europäischen Rechtssysteme stark durch das so genannte<br />

„römische Recht“ geprägt, in dem Präzedenzfälle nur eine untergeordnete Rolle spielen.<br />

<strong>Vertrauen</strong> <strong>als</strong> <strong>Bestandteil</strong> <strong>der</strong> <strong>Sicherheit</strong> <strong>im</strong> <strong>elektronischen</strong> Geschäftsverkehr 29

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