schaft - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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statt Fortführung von langwieriger Gremienarbeit,<br />
vergeblichem Papierkrieg und basisdemokratischer<br />
Verzettelung. Ein Konzept gab es<br />
damals also ausdrücklich nicht für das inzwischen<br />
bundesweit beachtete Modell eines subventionsfrei<br />
arbeitenden Kulturzentrums in Träger<strong>schaft</strong><br />
einer Bürgerstiftung. Die ersten kulturellen<br />
Ereignisse unter improvisierten Bedingungen<br />
– Löcher im Dach, WC-Container, und<br />
Campingheizpilze bei Winter-Events in der<br />
teilweise wegen Baufälligkeit abgesperrten<br />
Halle – faszinierten die Bürger, die Öffentlichkeit<br />
und viele Vereine, Einrichtungen und Multiplikatoren<br />
wirksamer von dem Projekt, als es<br />
Studien und Gutachten vermocht hätten. Der<br />
Druck der Öffentlichkeit war für das letztendliche<br />
Einschwenken der Kommunalpolitik<br />
jedenfalls wirksamer als noch so gute Sachargumente.<br />
Ein subventionsfrei arbeitenden<br />
Kulturzentrums in Träger<strong>schaft</strong> einer<br />
Bürgerstiftung<br />
Und so konnten die folgenden beiden Jahre,<br />
parallel zum improvisierten Betrieb mit mehreren<br />
hundert Veranstaltungen in Staub und Kälte,<br />
dafür genutzt werden, dem Vorhaben einen<br />
klaren Rahmen und eine nachhaltige Ausrichtung<br />
bei schlanken Strukturen zu verpassen.<br />
Gemeinsam mit Unternehmern, Privatleuten und<br />
Vereinen aus der vernetzten Stadt gründeten die<br />
beiden initiierenden Vereine die Bürgerstiftung.<br />
Der zweiköpfige Vorstand war und ist Knotenpunkt<br />
einer aufwändigen Kommunikationstätigkeit,<br />
die dem Projekt Verbündete und Partner<br />
beschert, ist aber auch effektives, sachgerechtes,<br />
nicht eben basisdemokratisches Entscheidungsgremium,<br />
das die Ergebnisse der Kommunikation<br />
zielführend bündelt. Die Vorstandsarbeit<br />
unterliegt der Kontrolle durch ein Kuratorium,<br />
durch das Finanzamt im Hinblick auf<br />
die Gemeinnützigkeit, durch die Stiftungsaufsicht<br />
im Hinblick auf die Verwirklichung des<br />
Tobias Bäcker<br />
Stiftungszwecks und durch den jährlichen Wirt<strong>schaft</strong>sprüfer<br />
in steuer- und handelsrechtlichen<br />
Fragen.<br />
Als Beitrag der Stadt Schwerte wurden Gebäude<br />
und Gelände des Industriedenkmals in<br />
Erbbaurecht für einen symbolischen Euro pro<br />
Jahr an die Stiftung übertragen, die damit in den<br />
Stand gesetzt wurde, Finanzierungen abzusichern<br />
– gleichzeitig entledigte sich die Stadt von<br />
Gebäudekosten im fünfstelligen Bereich. Ein<br />
umfassender Vertrag regelte zudem die kulturelle<br />
Nutzung und den anstehenden Umbau. Für<br />
dessen Finanzierung konnten Akteure im Städtebauministerium<br />
und der Bezirksregierung gewonnen<br />
werden. 70% der Kosten des Umbaus<br />
in den Jahren 2002/2003 übernahm das Land<br />
NRW. Den Eigenanteil von 1,3 Mio. Euro plus<br />
zusätzliche Investitionen in den rentierlichen<br />
Nutzungsanteil der Gastronomie trug, ohne<br />
Belastungen für die Kommune, die Bürgerstiftung.<br />
Dazu kamen noch die Kosten für die Vorfinanzierung<br />
der zwar politisch öffentlichkeitswirksam<br />
bewilligten, jedoch nicht in einem Zug<br />
fließenden Fördermittel. Zugute kam der Rohrmeisterei<br />
das neue Städtebauförderprogramm<br />
‚Initiative ergreifen‘, das bürger<strong>schaft</strong>lichen<br />
Projekten auch eine Anschubfinanzierung im<br />
Betrieb ermöglicht – mit der Bedingung eines<br />
Wirt<strong>schaft</strong>splans, der nach zwei bis drei Jahren<br />
Unabhängigkeit von Fördermitteln als erreichbar<br />
belegen muss.<br />
Die Stabilität und Flexibilität in der Rechtsund<br />
Finanzstruktur des Projekts findet ihr Pendant<br />
in der architektonischen Leitlinie, der der<br />
Umbau folgte. Einerseits die markanten Eigentümlichkeiten<br />
des Gebäudes nicht wegzusanieren<br />
oder zu kaschieren, sondern gerade – zur<br />
Freude der Denkmalpflege – hervorzuheben:<br />
unverputzte Wände, denen man den jahrelangen<br />
Leerstand ansieht; filigrane Sprossenfenster,<br />
die dank einer separaten Zusatzverglasung<br />
erhalten werden konnten; ein rostiger Kran, der<br />
über den Gästen des heutigen Bistros schwebt<br />
usw. Und andererseits die technischen Ausstat-