schaft - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
schaft - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
schaft - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
182<br />
überhaupt messen: angefangen bei familiären<br />
Bindungen und freund<strong>schaft</strong>lichen Kontakten<br />
über Nachbar<strong>schaft</strong>shilfe, Kirchenbesuche und<br />
schließlich soziales und politisches Engagement.<br />
Das durch solche Vernetzungen geschaffene<br />
‚Sozialkapital‘ stellt, wie der amerikanische<br />
Politikwissen<strong>schaft</strong>ler Robert Putnam (1993,<br />
2000) besonders prominent argumentiert, ein<br />
öffentliches Gut dar, denn es bringt nicht nur<br />
Individuen voran, sondern stärkt zugleich die<br />
Gemein<strong>schaft</strong>en, denen sie angehören. Erstaunlich<br />
oft ausgeblendet bleibt dabei allerdings das<br />
Problem unzivilen Sozialkapitals. Die Theorie<br />
des Sozialkapitals betont die Bedeutung sozialer<br />
Einbindung an sich. Aber wo Personen eingebunden<br />
sind, ist natürlich die Frage. Auch<br />
national gesinnte Kamerad<strong>schaft</strong>en können Beziehungen<br />
schaffen und eine soziale Heimat<br />
geben. Es wäre naiv, die Augen davor zu verschließen,<br />
dass es soziale Gemein<strong>schaft</strong>en gibt,<br />
die nicht die Werte und Handlungsorientierungen<br />
hervorbringen, die als demokratieförderlich<br />
gelten können 4 .<br />
Sandra Seubert<br />
In den aktuellen Reformdiskussionen verbindet<br />
sich mit der Idee der Zivil- oder Bürgergesell<strong>schaft</strong><br />
das Bestreben, ein eher staatszentriertes<br />
Politikverständnis (das in Deutschland<br />
traditionellerweise als besonders stark gilt) aufzubrechen<br />
und stattdessen ein bürger<strong>schaft</strong>liches<br />
in den Blickpunkt zu rücken (Klein 2001:<br />
24). Damit verbindet sich die Vision einer politischen<br />
Gemein<strong>schaft</strong> selbstbewusster und<br />
selbstverantwortlicher Bürger. Diese Reformdiskussion<br />
ist von der optimistischen Erwartung<br />
getragen, bürger<strong>schaft</strong>liches Engagement<br />
ließe sich durch konkrete politische Strategien<br />
fördern. Das mag zu einem gewissen Grad auch<br />
sein. Zugleich lässt sich jedoch der Eindruck<br />
gewinnen, dass die „Rhetorik der Zivilität“ eigentümlich<br />
kraftlos über Strukturen schwebt,<br />
die, wie das Claus Offe (1996) genannt hat,<br />
eine „moderne Barbarei“ hervorzubringen vermögen.<br />
Mit „moderner Barbarei“ ist hier die<br />
Selbstaufhebung von Zivilität gemeint: die Aufkündigung<br />
oder schleichende Erosion nominell<br />
bestehender Verbindlichkeit, bereits erreichter