schaft - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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Bürgergesell<strong>schaft</strong>liche Akteure und Strukturen im Kulturbereich<br />
wirt<strong>schaft</strong>lich getragenen Klangkörpern und in<br />
Gruppen und Ensembles der so genannten ‚U-<br />
Musik‘. Ihnen stehen 2,6 Millionen Menschen<br />
gegenüber, die in ihrer Freizeit in etwa 130.000<br />
kirchlichen und weltlichen Chören, Orchestern<br />
und Gruppen sowie in nichtprofessionellen<br />
Rock-, Pop-, Folklore- und Jazzgruppen singen<br />
und Musik machen.<br />
Im Literaturwesen dominieren zum einen die<br />
privatwirt<strong>schaft</strong>lichen Buchverlage und Buchhandlungen.<br />
Zum anderen ist es durch die etwa<br />
1.500 öffentlichen Bibliotheken geprägt, von<br />
denen etwa 60 Prozent in öffentlicher und 40<br />
Prozent in nicht kommunal-staatlicher Träger<strong>schaft</strong><br />
sind, wovon die kirchlich getragenen<br />
wiederum den allergrößten Anteil ausmachen.<br />
Von Bedeutung für das literarische Leben sind<br />
aber auch durch die etwa 250 literarischen Gesell<strong>schaft</strong>en,<br />
ca. 20 öffentliche, gemischt oder<br />
privat getragene Literaturhäuser sowie zahlreiche<br />
von frei-gemeinnützigen Vereinen getragenen<br />
Literaturwerkstätten und Literaturbüros.<br />
In der kulturellen Bildung und der Soziokultur<br />
ist die Situation ähnlich vielfältig. Von<br />
den etwa 490 im Verband der Musikschulen<br />
(VdM) zusammengeschlossenen öffentlichen<br />
Musikschulen befinden sich etwa zwei Drittel<br />
in kommunaler und ein Drittel in freier Träger<strong>schaft</strong>.<br />
Darüber hinaus gibt es hier noch kommerzielle<br />
Musikschulanbieter. Die etwa 400<br />
Jugendkunstschulen und kulturpädagogischen<br />
Einrichtungen befinden sich umgekehrt vor allem<br />
in freier Träger<strong>schaft</strong>. Von den 440 soziokulturellen<br />
Einrichtungen sind über 90 Prozent<br />
in freier und wenige in kommunaler und gemischter<br />
Träger<strong>schaft</strong>, während Kultur- und<br />
Bürgerhäuser sich wiederum vor allem in kommunaler<br />
Träger<strong>schaft</strong> befinden.<br />
Diese wenigen Hinweise zeigen die Breite<br />
und Verflochtenheit des kulturellen Trägerpluralismus<br />
durch staatlich-kommunale, privatwirt<strong>schaft</strong>liche<br />
und frei-gemeinnützige Akteure,<br />
durch den erst die reichhaltige und vielgestaltige<br />
Kulturland<strong>schaft</strong> Deutschlands entsteht. 6<br />
3 Die lange Tradition bürger<strong>schaft</strong>licher<br />
Kulturaktivitäten<br />
59<br />
Wie die beiden anderen Felder kann auch der<br />
dritte große Sektor der heutigen Kulturland<strong>schaft</strong><br />
– der bürger<strong>schaft</strong>lich-ehrenamtlich getragene<br />
Bereich – auf eine lange Tradition zurückblicken.<br />
In der zweiten Hälfte des 18. und<br />
mit Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden zahlreiche<br />
Assoziationen, Vereine und Gesell<strong>schaft</strong>en,<br />
in denen sich Bürger zum Zweck des Austauschs,<br />
der Unterhaltung und der Geselligkeit<br />
zusammenschlossen. Einen großen Anteil nahmen<br />
hier kulturell-künstlerische Aktivitäten ein.<br />
Bereits im 16. und 17. Jahrhundert, teilweise<br />
wie im Theaterbereich auch früher, bildeten sich<br />
solche ersten Formen bürgerlicher Selbsttätigkeit<br />
im Kultur- und Kunstbereich in Abgrenzung<br />
zu den in dieser Zeit dominierenden feudalstaatlichen<br />
Einrichtungen und der entstehenden<br />
Kulturwirt<strong>schaft</strong> heraus. Im 18. Jahrhundert<br />
entwickelten sich die collegia musica musizierender<br />
und Musik liebender Bürger, Lesegesell<strong>schaft</strong>en<br />
und Geselligkeitsvereine bald zu<br />
zentralen Orten des kulturellen städtischen Lebens.<br />
Kunst und Kultur waren hier vor allem<br />
Medien der Selbstverständigung und Orte des<br />
geselligen Beisammenseins des entstehenden<br />
und an die Macht strebenden Bürgertums. Sie<br />
dienten darüber hinaus dem Bürgertum zur Kritik<br />
am Adel und Fürstentum sowie zur Abgrenzung<br />
gegenüber den nachdrängenden ‚unterbürgerlichen‘<br />
Schichten.<br />
Im Laufe des 19. Jahrhunderts kam es zu<br />
einem raschen Aufschwung von kulturellen<br />
Vereinsgründungen entlang unterschiedlicher<br />
künstlerisch-kulturelle Interessen und Kunstparten.<br />
Teilweise standen sie wie die Gesangsund<br />
Geschichtsvereine in engem Zusammenhang<br />
mit der Nationalbewegung. Aus diesem<br />
vom Bürgertum getragenen kulturellen Vereinswesen<br />
entstanden mit der Zeit Kultureinrichtungen:<br />
Aus Lesegesell<strong>schaft</strong>en bildeten sich<br />
Bibliotheken, aus Kunstvereinen Ausstellungs-