schaft - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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und welcher Rahmenbedingungen es bedürfte,<br />
um diese Ressource zur Entfaltung zu bringen,<br />
dies will man dann doch nicht so genau wissen.<br />
Es entsteht dann der Eindruck, dass das bürger<strong>schaft</strong>liche<br />
Element in solchen Programmen<br />
die Funktion eines schmückenden Beiwerkes<br />
oder eines hinzugefügten Fremdkörpers enthält.<br />
So wurde etwa die Bürgergesell<strong>schaft</strong> in der<br />
Konzeption der lokalen Bündnisse für Familie<br />
auf die Industrie- und Handelskammern sowie<br />
Unternehmen und Gewerk<strong>schaft</strong>en verkürzt,<br />
während andere zivilgesell<strong>schaft</strong>liche Akteure<br />
(wie Selbsthilfeinitiativen, gemeinnützige Organisationen<br />
und Wohlfahrtsverbände) zumindest<br />
konzeptionell am Katzentisch sitzen – auch wenn<br />
sie in den einzelnen Bündnissen vor Ort dann<br />
doch wieder hofiert werden. Ein anderes Beispiel<br />
ist das Programm ‚Die <strong>Soziale</strong> Stadt’. Hier<br />
haben wir es grundsätzlich mit einem sehr komplexen<br />
und aus zivilgesell<strong>schaft</strong>licher Perspektive<br />
positiven Aktivierungsansatz zu tun. Allerdings<br />
entsteht bei der Umsetzung dieses Programms<br />
oft genug die Gefahr des „Beteiligungsrummels“<br />
(Roth 2004): Während auf der einen Seite –<br />
zumeist unter Einsatz unzureichender Ressourcen<br />
und Begleitmaßnahmen – versucht wird,<br />
Bewohnergruppen in benachteiligten Stadtteilen<br />
zu aktivieren, fehlt es auf der anderen Seite oft<br />
genug an einer Verknüpfung dieser Mobilisierungsstrategie<br />
mit echten materiellen Umverteilungsmaßnahmen,<br />
die die soziale Benachteiligung<br />
ausgleichen könnten, und werden in der Regel<br />
viel zu hohe Erwartungen bei viel zu kurzen Laufzeiten<br />
der Aktivierungsprogamme formuliert. Es<br />
kommt in Zukunft darauf an, vermehrt und systematisch<br />
aus solchen Verkürzungen und Defiziten<br />
zu lernen, um die Leistungsfähigkeit des Projekts<br />
der Bürgergesell<strong>schaft</strong> für die zukunftsfeste<br />
Gestaltung unseres politischen Gemeinwesens<br />
tatsächlich ausschöpfen zu können.<br />
Thomas Olk (geb. 1951) ist Professor für<br />
Sozialpädagogik und Sozialpolitik an der Philosophischen<br />
Fakultät III der Martin-Luther-<br />
Universität Halle-Wittenberg und Vorsitzender<br />
des Sprecherrates des Bundesnetzwerks Bürger<strong>schaft</strong>liches<br />
Engagement (BBE). E-Mail:<br />
thomas.olk@ paedagogik.uni-halle.de<br />
Literatur<br />
Thomas Olk<br />
Enquete-Kommission „Zukunft des Bürger<strong>schaft</strong>lichen<br />
Engagements“ des Deutschen Bundestages<br />
2002: Bericht. Bürger<strong>schaft</strong>liches Engagement:<br />
Auf dem Weg in eine zukunftsfähige<br />
Bürgergesell<strong>schaft</strong>. Opladen: Leske+Budrich.<br />
Hebestreit, Steffen 2006: Trostpflaster. Wenn<br />
Staat und Wirt<strong>schaft</strong> versagen, wird der Ruf<br />
nach „bürger<strong>schaft</strong>lichem Engagement“ laut –<br />
ein diffuses Konzept. In: Frankfurter Rundschau<br />
vom 20.09.2006.<br />
Nährlich, Stefan 2007: Orientierungslos,<br />
mutlos, machtlos. Die Idee der Bürgergesell<strong>schaft</strong><br />
hat es noch nicht zum gesell<strong>schaft</strong>lichen Leitbild<br />
für das 21. Jahrhundert geschafft. Das liegt auch<br />
an uns selbst. (unveröffentlichtes Manuskript)<br />
Otto, Ulrich/Schmid, Josef 2003: Bürger<strong>schaft</strong>liches<br />
Engagement – Förderung durch die<br />
Bundesländer. Opladen: Leske+Budrich.<br />
Roth, Roland 2004: Engagement als Ressource.<br />
Möglichkeiten und Grenzen der Selbstorganisation<br />
von benachteiligten Bevölkerungsgruppen.<br />
In: Matthies, Aila-Leena/Kauer, Kathleen (Hg.),<br />
Wiege des sozialen Kapitals. Bürger-Engagement<br />
und lokale Ökonomie in einem ostdeutschen Stadtteil.<br />
Bielfeld: Kleine Verlag, 175-188.<br />
Speth, Rudolf 2006: Die große Lücke. Zwei<br />
Tage lang vermessen Wissen<strong>schaft</strong>licher und<br />
Praktiker die Kluft zwischen Anspruch und<br />
Wirklichkeit eines Konzepts „Bürgergesell<strong>schaft</strong>“.<br />
In: Frankfurter Rundschau vom<br />
25.10.2006.<br />
Unterausschuss „Bürger<strong>schaft</strong>liches Engagement“<br />
des Deutschen Bundestages 2005:<br />
Bericht über die Arbeit des Unterausschusses<br />
„Bürger<strong>schaft</strong>liches Engagement“. Berichtzeitraum<br />
Mai 2003 bis Juni 2005. UA-Drs. 15/090<br />
vom 16.06.2005.