schaft - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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Die Bürgerstiftung Rohrmeisterei in Schwerte<br />
Kreatives Jugendengagement kann sich<br />
auch in Partyformaten ergehen, die auf Mitmachen<br />
setzen. Paradebeispiel für dieses Denken<br />
ist die Gastronomie. Sie war von Anfang<br />
nie nur Selbstzweck, sondern immer mit Leiden<strong>schaft</strong><br />
und Herzblut die Visitenkarte des<br />
Projekts, die täglich geöffnete Anlaufstelle mit<br />
Außenwirkung. Inzwischen geht sie mit der<br />
Kultur bei neuen Veranstaltungsformaten eine<br />
anspruchsvolle und attraktive Symbiose ein.<br />
Das Stiftungshandeln, die Vorstandsarbeit, die<br />
Netzwerke sind von unternehmerischem Denken<br />
ebenso geprägt wie von gesell<strong>schaft</strong>licher<br />
Verpflichtung. Die Professionalität des festangestellten<br />
Teams gehört zum Gesicht der<br />
Rohrmeisterei wie das Geflecht der ehrenamtlich<br />
Engagierten.<br />
Umgang mit Konflikten<br />
In der täglichen operativen Arbeit haben sich<br />
Strukturen des Umgangs mit Konflikten und<br />
Problemen herausentwickelt, die viel mit ausführlicher,<br />
offensiver Kommunikation auf der<br />
einen und klaren, schnellen Entscheidungen auf<br />
der anderen Seite zu tun haben. Es kommt der<br />
Rohrmeisterei zugute, dass Politiker oder andere<br />
Repräsentanten von Fremdinteressen keinen<br />
Sitz und Einfluss in den Gremien haben, von<br />
dem Bürgermeister als geborenem Kuratoriumsmitglied<br />
einmal abgesehen. Bei der Verwirklichung<br />
der Satzungszwecke hat es sich als sinnvoll<br />
erwiesen, nicht alles selbst machen zu wollen,<br />
sondern für neue Projekte Menschen als<br />
Motoren zu gewinnen, die als ‚Experten‘ hinter<br />
der Sache stehen und sie zu ihrer eigenen machen,<br />
sie mit Freiheiten und Ressourcen auszustatten<br />
und so beispielsweise authentische Jugendtheaterprojekte,<br />
erfolgreiche Musikveranstaltungsreihen<br />
u.a. zu realisieren – gleiches gilt<br />
auch für die Profilierung der Gastronomie durch<br />
Spezialprojekte der Mitarbeiter, ob es die Menus<br />
des Küchenchefs oder die Whiskytastings<br />
der Barchefin sind.<br />
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Treten – was jedoch selten vorkommt – an<br />
der Schnittstelle von öffentlichem Interesse,<br />
politischem Rahmen, wirt<strong>schaft</strong>lichen Bedingungen<br />
und Stiftungshandeln Konflikte auf, ist<br />
der Vorstand ein Freund schneller, direkter<br />
100%-Lösungen. Hierbei geht es meist darum,<br />
wer im öffentlichen Leben welche Ressourcen<br />
für welche Zwecke zu welchen Bedingungen<br />
bereitstellen oder nutzen kann. In der Rohrmeisterei<br />
spitzte sich diese Frage 2004 bei der Festsetzung<br />
der Raummieten für Veranstaltungen<br />
zu. War es anfangs Ansatz des Vorstands und<br />
auch Wunsch des Fördergebers, dass auch gemeinnützig-kulturelle<br />
Nutzer eine, wenn auch<br />
deutlich ermäßigte, Raummiete zahlen sollten,<br />
um den Wert öffentlicher Ressourcen nachvollziehbar<br />
zu machen, so führte dieses Vorgehen<br />
zu einer kritischen Debatte über das Projekt.<br />
Von einem ‚Haus für alle‘, aus Steuergeldern<br />
gefördert, erwartete man frei zugängliche, kostenlose<br />
Ressourcen. Ob antiquierte Anspruchshaltung<br />
oder Selbstbewusstsein kulturell engagierter<br />
Steuerzahler: Der Knoten wurde durchschlagen<br />
mit der Entscheidung, die Raummieten<br />
zu senken und zwar konsequent auf 0 EUR,<br />
in vielen Fällen sogar Veranstaltungen in diesem<br />
Segment noch finanziell zu unterstützen.<br />
Ein kleines Wunder, das aber nicht durch den<br />
Einsatz von Steuergeldern möglich war (auch<br />
wenn dies die Ausgangsargumentation im Hinblick<br />
auf die Umbauförderung war), sondern<br />
nur durch den ökonomischen Erfolg des Wirt<strong>schaft</strong>lichen<br />
Geschäftsbetriebs der gemeinnützigen<br />
Bürgerstiftung.<br />
Die Herangehensweise an dieses komplexe<br />
Stadtentwicklungsprojekt zeigt also ein wechselndes<br />
Zusammenspiel von kommunikativen,<br />
beweglichen, breit angelegten Prozessen und<br />
Instrumenten einerseits, von klaren Zielen und<br />
Lösungen, schnellen Entscheidungen und<br />
schlanken Strukturen andererseits. Von integrativen<br />
Bündnissen einerseits, und der Unmöglichkeit,<br />
es allen recht machen zu können (auch<br />
dass Weggefährten der ersten Stunde zurück-