schaft - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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212<br />
Besprochene Literatur<br />
Heidbrink, Ludger/ Hirsch, Alfred (Hg.)<br />
2006: Verantwortung in der Zivilgesell<strong>schaft</strong>.<br />
Zur Konjunktur eines widersprüchlichen Prinzips.<br />
Frankfurt/Main-New York u.a.: Campus<br />
Verlag<br />
�<br />
Aufstand im Musterland der<br />
Globalisierung<br />
Ende Januar 2007 haben sich die globalisierungskritischen<br />
<strong>Bewegungen</strong> zum siebten Weltsozialforum<br />
(WSF) in Nairobi/Kenia eingefunden.<br />
Das WSF ist inzwischen zu einer festen<br />
Größe in dieser vermutlich jüngsten größeren<br />
neuen sozialen Bewegung geworden und aus<br />
dem weitläufigen Diskurs über die Globalisierung<br />
nicht mehr wegzudenken.<br />
2004 traf sich die Bewegung erstmals außerhalb<br />
Brasiliens im indischen Mumbai. Das<br />
nutzte der Kölner Journalist Gerhard Klas vom<br />
Rheinischen JournalistInnenbüro für einen längeren<br />
Aufenthalt in dem Land, aus dem auch<br />
zwei der prominentesten Vertreterinnen der Globalisierungskritik,<br />
Vandana Shiva und Arundhati<br />
Roy, stammen. Klas besuchte Aktivistinnen<br />
und Aktivisten, Basisorganisationen, Dalit-<br />
Frauen (ehemals so genannte ‚Unberührbare‘),<br />
die Bewegung der Fischarbeiter, Bauern und<br />
Studierendenvertretungen, Naxaliten und Maoisten.<br />
Die Ergebnisse seiner Recherchen hat er<br />
in dem vorliegenden Band zusammengetragen.<br />
Bittere Armut konterkariert das<br />
Wirt<strong>schaft</strong>swunder<br />
Klas zeichnet ein atmosphärisch dichtes Bild<br />
von den unterschiedlichen Protagonistinnen und<br />
Protagonisten des indischen Widerstands und<br />
Protests und der Kontexte, in denen sie leben.<br />
Diese wirken auf den Leser augenscheinlich<br />
weniger rosig als Berichte aus den Massenmedien<br />
über das so genannte Wirt<strong>schaft</strong>swunderland<br />
Indien. Es stimmt zwar, das räumt auch<br />
<strong>Forschungsjournal</strong> NSB, Jg. 20, 2/2007<br />
Klas ein, dass rund zehn Millionen Inder und<br />
Inderinnen, vor allem in der Software-Industrie<br />
und im Dienstleistungssektor, mehr als 1000<br />
Euro monatlich verdienen und damit als wohlhabend<br />
gelten. Doch stehen dem Millionen bitterarme<br />
Inderinnen und Inder gegenüber, an<br />
denen das in den vergangenen 15 Jahren gestiegene<br />
Wirt<strong>schaft</strong>swachstum schmerzlich vorbei<br />
gezogen ist. Klas nennt hier vor allem die knapp<br />
750 Millionen, die von der Landwirt<strong>schaft</strong> leben<br />
- das sind rund zwei Drittel der Gesamtbevölkerung<br />
des Landes. In diesem Sektor bringen<br />
sich täglich Menschen qualvoll um, unter<br />
anderem, weil sie die Umstellung auf gentechnisch<br />
verändertes Saatgut in den Ruin getrieben<br />
hat.<br />
McKinsey schreibt Regierungsprogramm<br />
Der Autor beschreibt den Einfluss der auch<br />
hierzulande bekannten Unternehmensberatung<br />
McKinsey. Diese hat in Andhra Pradesh, dem<br />
fünftgrößten indischen Bundesstaat mit 80 Millionen<br />
Einwohnern, ganz offiziell – mit knapp<br />
einer Milliarde US-Dollar finanzkräftiger Unterstützung<br />
des britischen Entwicklungsministeriums<br />
und der Weltbank – am neoliberalen<br />
Regierungsprogramm ‚Vision 2020‘ mitgeschrieben.<br />
Gegenakteure organisieren sich<br />
Es ist aber nicht allein interessant, Details über<br />
die Hintergründe der Geschäfte diverser Konzerne,<br />
Regierungen und internationaler Institutionen<br />
zu erfahren. Besonders bemerkenswert<br />
ist die Arbeit des National Fishworkers Forums,<br />
das ein weltweites Netzwerk der Fischarbeiter<br />
initiiert hat, welches inzwischen zum Dachverband<br />
‚World Forum of Fishers Peoples‘ und<br />
damit zum weltgrößten Verband für Organisationen<br />
der Kleinfischer aus Asien, Lateinamerika,<br />
Afrika und Europa geworden ist. Viel erfährt<br />
man in diesem Buch auch über die unterschiedlichen<br />
Ausrichtungen und Traditionen der