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schaft - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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Pulsschlag<br />

der Vereine von den Interessen der Mitglieder.<br />

Diese Ablösung kann sich mindestens aus zwei<br />

Entwicklungen speisen: Erstens könnte sie aus<br />

einer zunehmenden Kommerzialisierung resultieren,<br />

wodurch die Orientierung an den Mitgliederinteressen<br />

möglicherweise mehr und mehr<br />

durch eine Kundenorientierung ersetzt wird.<br />

Derartige Prozesse der Kommerzialisierung sind<br />

nicht nur aus der Entwicklung verschiedener<br />

Dritter Sektor-Organisationen bestens bekannt,<br />

sondern werden auch von Vertretern der derzeit<br />

so dominanten betriebswirt<strong>schaft</strong>lichen Management-Lehre<br />

nachdrücklich gefordert.<br />

Allerdings wird dabei der klassische Instrumenten-Koffer,<br />

den die Betriebswirt<strong>schaft</strong>slehre für<br />

Forprofit-Organisationen entwickelt hat, zumeist<br />

unreflektiert auf Nonprofit-Organisationen angewandt,<br />

für die dieser Koffer allerdings nur<br />

bedingt passförmig ist.<br />

Zweitens kann die Kommerzialisierung der<br />

Vereine aber auch das Ergebnis wachsender<br />

Verberuflichung durch die verstärkte Beschäftigung<br />

bezahlter Mitarbeiter sein. Damit kann<br />

im Extremfall nicht nur die ‚Produzenten-Konsumenten-Gemein<strong>schaft</strong>‘<br />

zerstört werden, die<br />

auf der zentralen Ressource der ehrenamtlichen<br />

und freiwilligen Mitarbeit der Mitglieder<br />

basiert. Dieser Prozess kann auch in einer ausgeprägten<br />

‚Oligarchisierung‘ zum Ausdruck<br />

kommen, so dass sich die ursprünglich ‚von<br />

unten‘ gebildete Vereinigung insofern verselbstständigt,<br />

als sich die Vereinsführung zunehmend<br />

von ihrer Basis entfernt und die Mitglieder<br />

mehr und mehr von den demokratischen<br />

Entscheidungsprozessen ausgeschlossen werden.<br />

Eng damit verbunden ist eine weiterführende<br />

Frage: nämlich die Frage nach einer möglichen<br />

Verschiebung der Zielstellungen der Vereine<br />

von den schwer bestimmbaren bedarfswirt<strong>schaft</strong>lichen<br />

Zielen hin zu formalen Zielen wie<br />

z.B. Budget- und Mitgliederwachstum, professionelle<br />

Angebotsstrukturen, Operationalisierung<br />

und Evaluation von Leistungen nach Effi-<br />

189<br />

zienz- und Effektivitätskriterien, um zusätzliche<br />

und neue Aufgaben angemessen lösen zu<br />

können. Um so mehr sich die Vereine aber von<br />

der Idee einer durchrationalisierten Dienstleistungsorganisation<br />

leiten lassen, desto weniger<br />

darf man auch nur noch mit dem freiwilligen<br />

Engagement der Bürger rechnen und desto unattraktiver<br />

werden sie auch für privates Engagement,<br />

für Geld- und vor allem Zeitspenden.<br />

Je mehr die Vereine unterdessen ihren assoziativen<br />

Charakter bewahren und je unabhängiger<br />

sie vom Markt sind, desto attraktiver sind sie<br />

für Mitglied<strong>schaft</strong> und bürger<strong>schaft</strong>liches Engagement.<br />

In der Forschung wurde diese Problematik<br />

schon vor Längerem unter dem Stichwort<br />

der ‚Selbstzerstörungsprozesse freiwilliger<br />

Vereinigungen‘ diskutiert.<br />

Damit ist eine letzte Frage, die hier angesprochen<br />

werden soll, eng verbunden: die Frage<br />

nach den neu entstehenden Beziehungen<br />

zwischen Unternehmen und Vereinen im Rahmen<br />

von Corporate Citizenship-Projekten. Wird<br />

mit der verstärkten Einbindung von Vereinen in<br />

ein verändertes Arrangement der Wohlfahrtsproduktion<br />

auch ein neues Kapitel der Zusammenarbeit<br />

zwischen erwerbswirt<strong>schaft</strong>lichem<br />

und Drittem Sektor aufgeschlagen, bei dem die<br />

Autonomie der Dritter Sektor-Organisationen<br />

gewahrt bleibt? In dieser Perspektive stellt sich<br />

also insbesondere die Frage, wie die Kommunikation<br />

und Zusammenarbeit zwischen Unternehmen<br />

und Vereinen ausgestaltet werden: Inwieweit<br />

sind die Akteure fähig, im Prozess gemeinsamer<br />

Entscheidungsfindungen klar definierte<br />

Interessen zu vertreten, strategisch zu interagieren<br />

und Kompromisse einzugehen? Und<br />

wie leistungsfähig sind die angestrebten Netzwerke<br />

zwischen Unternehmen und Vereinen<br />

überhaupt? Denn selbst wenn man von der Existenz<br />

strategisch handlungsfähiger Organisationen<br />

ausgeht, bedeutet das nicht, dass diese Netzwerke<br />

in der Lage sind, systemrationale, innovative<br />

und tragfähige Lösungen zu erarbeiten.<br />

Organisationen können innerhalb von Netzwer-

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