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schaft - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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Bürgergesell<strong>schaft</strong>liche Akteure und Strukturen im Kulturbereich<br />

Form. Stadtteilkulturaktivitäten, soziokulturelle<br />

Zentren, Freie Theatergruppen, Kinder- und<br />

Jugendkulturarbeit, kulturpädagogische Projekte<br />

sind Beispiele dieser damals für die Bundesrepublik<br />

neuartigen Kulturbewegung, die von<br />

zivilgesell<strong>schaft</strong>lichen Akteuren getragen war.<br />

Diese kulturelle soziale Bewegung war eine<br />

wesentliche Triebkraft der Neuen Kulturpolitik<br />

und konnte sich umgekehrt in diesem Rahmen<br />

erst richtig entfalten. Dabei wurde auch teilweise<br />

auf Erfahrungen bürger<strong>schaft</strong>lichen Kulturengagements<br />

und auf Ansätze der Arbeiterkulturbewegung<br />

im 19. Jahrhundert zurückgegriffen.<br />

Im Kulturbereich bildeten sich in diesem<br />

Kontext zahlreiche von gesell<strong>schaft</strong>lichen Gruppen<br />

getragene neue Kulturprojekte, Initiativen<br />

und Einrichtungen jenseits des herkömmlichen<br />

Systems der öffentlichen Kulturverwaltung und<br />

der kulturwirt<strong>schaft</strong>lichen Angeboten heraus.<br />

Die kulturpolitische Neuorientierung der frühen<br />

1970er Jahre hatte den Weg dafür geebnet,<br />

dass den gesell<strong>schaft</strong>lich getragenen Kulturaktivitäten<br />

und damit dem bürger<strong>schaft</strong>lichem Engagement<br />

auch kulturpolitisch eine stärkere Beachtung<br />

entgegengebracht wurde.<br />

Einen dritten Schub bürger<strong>schaft</strong>lichen Engagements<br />

im Kulturbereich nach der Gründungszeit<br />

im 19. Jahrhundert und der Revitalisierung<br />

im Rahmen des kulturpolitischen Aufbruchs<br />

in den 1970er Jahren gab ab Mitte der<br />

1990er Jahre im Zusammenhang mit der Finanznot<br />

der öffentlichen Haushalte, welche die<br />

Kommunen zur Reduzierung von Leistungen<br />

und Schließung von Einrichtungen gezwungen<br />

hat und noch zwingt. Inzwischen gibt es kaum<br />

eine Kommunen, in der nicht durch bürger<strong>schaft</strong>liches<br />

Engagement die Weiterführung von Einrichtungen<br />

und die Aufrechterhaltung von Leistungsangeboten<br />

ermöglicht wird. Das reicht von<br />

der Aufrechterhaltung der Öffnungszeiten von<br />

Stadtteilbibliotheken über Führungen in Museen<br />

bis zur Finanzierung einer Operninszenierung<br />

durch Spendensammlung des Theaterfreundeskreises.<br />

In einigen Fällen konnten durch sol-<br />

61<br />

ches Engagement auch beabsichtigte oder bereits<br />

beschlossene Schließungen – etwa von Bibliotheken<br />

in Stadtteilen oder in kleinen Kommunen<br />

– rückgängig gemacht werden, indem Bürger<br />

die Träger<strong>schaft</strong> meist in Kooperation mit<br />

der Kommune übernommen haben.<br />

In diesem Kontext entstand eine teilweise –<br />

besonders in einigen Kulturverbänden – kontrovers<br />

geführte Debatte über Gefahren (Ersatz<br />

staatlicher Leistungen, Rationalisierungen etc.)<br />

und Chancen (Partizipation, Bürgernähe etc.)<br />

vermehrter ehrenamtlichen Arbeit sowie über<br />

die verstärkten Forderungen aus dem politischen<br />

Raum zur Aktivierung der ‚Ressource Freiwilligenarbeit‘.<br />

Dabei wurde deutlich, dass die<br />

Bedeutung der gegenwärtigen Diskussionen<br />

über Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und bürger<strong>schaft</strong>liches<br />

Engagement über die oft im Vordergrund<br />

stehenden Probleme ihrer Funktionalisierung<br />

für ‚Haushaltskonsolidierungen‘ hinausgeht.<br />

Sie betrifft Grundfragen von ‚Verantwortungspartner<strong>schaft</strong>‘,<br />

‚aktivierendem Staat‘,<br />

‚Finanzierungs- und Trägermix‘ und ‚PPP‘ im<br />

Kultursektor.<br />

4 Neujustierung des Verhältnisses<br />

von Staat, Markt und Gesell<strong>schaft</strong><br />

Diese kurzen historischen wie empirischen Hinweise<br />

sollten daran erinnern, dass es bei der<br />

Diskussion aktueller Probleme und Aufgaben<br />

von bürger<strong>schaft</strong>lichem Engagement im Kulturbereich<br />

notwendig ist, konkret hinzuschauen<br />

und dabei auch die geschichtliche Dimension<br />

zu berücksichtigen. Was neu oder neuartig erscheint,<br />

ist es vielfach nicht. Eine solche Einbeziehung<br />

der historischen Dimension hilft, die<br />

gegenwärtige Situation besser einzuschätzen,<br />

bestimmte Vorstellungen – etwa eines stark etatistischen<br />

Kulturbereiches – zu relativieren und<br />

Vorschläge zur Neuorientierung der Kulturpolitik<br />

zu entwickeln. Dies ist besonders wichtig,<br />

da wir uns gegenwärtig in einer Phase der Neuorientierung<br />

der Kulturpolitik befinden. Bei die-

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