schaft - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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Literatur<br />
initiativen und (neuen) sozialen <strong>Bewegungen</strong><br />
gewesen, wie sie zum Beispiel bei Roth (2001)<br />
zu finden ist.<br />
Greenpeace und WWF im Vergleich<br />
Chronologisch gesehen hört die Arbeit von Engels<br />
an der Stelle auf, an der Müller-Dieckerts<br />
Arbeit beginnt. Theoretische Ausgangspunkte<br />
dieser Arbeit sind die Verbändeforschung sowie<br />
Überlegungen über organisierte Interessen.<br />
Hiernach folgt – recht knapp hergeleitet –<br />
eine Typologie der Umweltverbände und der<br />
verschiedenen Phasen deutscher Umweltpolitik.<br />
Die Strukturen und Entwicklungstendenzen<br />
werden gründlich und mit einem großen<br />
Fußnotenapparat dargestellt. Aktuelle Diskussionen<br />
in Umweltorganisationen wie das<br />
Fundraising und Sponsoring werden angesprochen.<br />
Beispielsweise kommt Umweltsponsoring<br />
für Greenpeace nicht mehr in Frage, projektspezifische<br />
Spenden werden nicht mehr<br />
angenommen (Müller-Dieckert 2006: 62).<br />
Ebenfalls werden zumindest implizit Unterschiede<br />
zwischen Greenpeace und WWF im<br />
Gegensatz zur regionalen Umweltschutzbewegung<br />
angesprochen. Zum Beispiel beteiligen<br />
sich diese Verbände nicht an Stellungnahmen<br />
im Rahmen von Planfeststellungsverfahren.<br />
Methodisch ist die Arbeit von Müller-Dieckert<br />
durch sehr umfangreiche empirische Erhebungen<br />
geprägt. Allerdings hätte man mehr<br />
aus dem Material machen können: Oftmals geht<br />
die Darstellung in einen feuilletonistischen Charakter<br />
über. Zum Beispiel wäre zur Erklärung,<br />
warum Aktive von WWF und Greenpeace zwischen<br />
„guten Strahlen (Elektrosmog) und bösen<br />
Strahlen (atomare Strahlung) unterscheiden“<br />
(Müller-Dieckert 2006: 137), ein genauerer<br />
Blick in die Literatur über Umweltbewusstsein<br />
und Umweltverhalten sinnvoll gewesen. Außerdem<br />
wird der sonst so umfangreiche Fußnotenapparat<br />
ziemlich dünn, wenn Müller-Dieckert<br />
durch Greenpeace verursachte Schäden und<br />
215<br />
Festnahmen durch Protestereignisse auflistet<br />
(Müller-Dieckert 2006: 65), die er im Rahmen<br />
der Darstellung der Diskussion, ob Greenpeace<br />
als gemeinnütziger Verein weiterhin anerkannt<br />
sein soll, präsentiert. Auch eine Einordnung der<br />
Befunde in die Debatte über zivilen Ungehorsam<br />
hätte an dieser Stelle sicher weitergeholfen.<br />
Im Fazit macht Müller-Dieckert auf die besondere<br />
Rolle von Greenpeace in der Öffentlichkeitswirkung<br />
und auf die fast identische<br />
Sozialstruktur der Aktiven bei Greenpeace und<br />
WWF aufmerksam (ähnliche Befunde finden<br />
sich auch bei Engels 2006:53). Die Zukunft<br />
beider Verbände sieht der Autor positiv, da die<br />
Mitgliederzahlen stabil sind, eine starke gesell<strong>schaft</strong>liche<br />
Verankerung vorliegt und Potentiale<br />
für die Kooperation mit anderen Akteuren vorhanden<br />
sind. Diese sind beim WWF stärker<br />
ausgeprägt als bei Greenpeace.<br />
Institutionalisierung und<br />
Professionalisierung<br />
Fazit: Wer sich über die Entwicklung der Naturund<br />
Umweltschutzbewegung in der Nachkriegszeit<br />
bis Ende der 1970er Jahre informieren will,<br />
sollte die voluminöse Studie von Jens Ivo Engels<br />
zur Hand nehmen. Der Leser wird allerdings<br />
oftmals eine Einordnung der Befunde aus den<br />
Fallstudien in gängige Konzepte wie den Bewegungsparadigmen<br />
(Hellmann 1998) oder einer<br />
Typologie von Umweltverbänden, wie sie<br />
zum Beispiel Cornelsen (1991) vorgelegt hat,<br />
vermissen. Yorck-Philipp Müller-Dieckerts Studie<br />
bietet – trotz meiner Kritik an der Art der<br />
Darstellung – eine dichte Analyse der Strukturen<br />
von Greenpeace und dem WWF. Beide Studien<br />
machen deutlich, dass sich die Umweltschutzbewegung<br />
in einem permanenten Wandel<br />
befindet. Institutionalisierung und Professionalisierung<br />
werden in beiden Studien als wichtige<br />
Stichworte genannt.<br />
Matthias Heyck, Kaiserslautern