schaft - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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Engagementpotentiale im Pflegebereich<br />
tungen hat sich und wird sich weiter diversifizieren.<br />
Sie ist derzeit noch stark überformt durch<br />
sozialstaatliche Regulierungen. Überwiegend in<br />
Schattenmärkten etablieren sich neue Humandienstleistungsangebote,<br />
wobei die ökonomische<br />
Theorie in integrierten Humandienstleistungen<br />
eines der Wachstumsfelder der Wirt<strong>schaft</strong><br />
schlechthin sieht.<br />
Ein dritter Megatrend liegt in der Revision<br />
der Rolle des Staates, der sich zunehmend aus<br />
der des Gewährenden zurücknimmt zugunsten<br />
einer gestaltenden und gewährleistenden Funktion<br />
(Blanke 2004). Auch hier ist die Pflegeversicherung<br />
in gewisser Weise paradigmatisch:<br />
Setzt sie doch nicht mehr auf eine Vollversorgung<br />
der Pflegebedürftigen, sondern auf eine<br />
Art Teilkaskokonzeption. So enthält etwa das<br />
SGB XI zahlreiche appellative Regelungen, die<br />
auf eine neue Kultur des Helfens abheben und<br />
die gemeinsame Verantwortung aller Akteure<br />
einfordern (§ 8 Abs. 2 SBG XI). Dabei spielt<br />
die Verschränkung von Bundes-, Landes- und<br />
kommunaler Ebene mit einer Neubestimmung<br />
der Rolle des Staates eine zentrale Rolle, dies<br />
nicht zuletzt nach der Föderalismusreform durch<br />
die Änderung des Grundgesetzes vom Juli 2006.<br />
Dass das Bürger<strong>schaft</strong>liche Engagement als<br />
fester Bestandteil des Welfare Mix sowohl strategisch<br />
als auch operativ als vierter Megatrend<br />
zu identifizieren ist (Klie/Ross 2005), lässt sich<br />
inzwischen konsentieren, nimmt man nicht nur<br />
politische Verlautbarungen, sondern auch Anstrengungen<br />
in Richtung einer abgestimmten<br />
Engagementpolitik auf Landes- und Bundesebene<br />
in den Blick. Dass es sich dabei noch<br />
keineswegs um einen konsistenten Politikansatz<br />
und eine konsistente Steuerungsstrategie<br />
handelt, ist nicht zu bestreiten (zur Kritik: Olk<br />
2006). Es ändert aber nichts daran, dass die<br />
neue Bedeutung des Bürger<strong>schaft</strong>lichen Engagements<br />
auf allen Ebenen, wenn auch nur postulierend,<br />
zum Ausdruck gebracht wird. Im Feld<br />
der Pflege lässt sich dies etwa an den durchaus<br />
kritisch zu betrachtenden Bemühungen ablesen,<br />
75<br />
in das SGB XI auch Leistungen zur Förderung<br />
Bürger<strong>schaft</strong>lichen Engagements aufzunehmen,<br />
ohne allerdings die bisherige Leistungskonzeption<br />
der Pflegeversicherung auf ihre Welfare<br />
Mix-Tauglichkeit hin zu prüfen und einer Revision<br />
zu unterziehen. Bürger<strong>schaft</strong>liches Engagement<br />
älterer Menschen im Kontext von Pflege<br />
und Betreuung steht damit in einem größeren<br />
Zusammenhang politischer Neuausrichtung einer<br />
auf die Sicherung der Wohlfahrt gerichteten<br />
Sozialpolitik und ist mehr Ernstfall, als es die<br />
anekdotische Zusammenstellung gelungener<br />
und lobenswerter Initiativen Bürger<strong>schaft</strong>lichen<br />
Engagements glauben lässt.<br />
3 Ältere Menschen und Bürger<strong>schaft</strong>liches<br />
Engagement<br />
Pflege als Engagementfeld ist potentiell etwas<br />
für alle Altersgruppen: FSJ‘ler sind hier ebenso<br />
anzusprechen wie ältere Menschen. Und es geht<br />
mitnichten primär um Beteiligung an Pflegeaufgaben<br />
i.e.S., sondern vielmehr um die Sorge<br />
um Lebensqualität und Teilhabe behinderter<br />
Menschen mit Pflegebedarf 2 . Diese kann sehr<br />
unterschiedlich eingelöst werden: durch persönliche<br />
Begleitung, durch indirekte Förderung<br />
(Spenden, Kultur), durch advokatorische Begleitung<br />
oder eine auf die Institutionen bezogene<br />
Qualitätssicherung. In besonderer Weise sind<br />
es ältere Menschen, die sich im Feld der Pflege<br />
engagieren.<br />
Die Konstellation ist für programmatische<br />
Aussagen selten günstig. Von einer gerontologischen<br />
Win-Win Konstellation lässt sich reden.<br />
Bürger<strong>schaft</strong>liches Engagement, Engagement<br />
generell entfaltet seinen Nutzen für ältere<br />
Menschen, die sich engagieren, und gleichzeitig<br />
stiftet das Engagement Älterer Nutzen für<br />
die Gesell<strong>schaft</strong>. Sind es die ältere Menschen,<br />
lassen sich die Potentiale des Alters entfalten,<br />
von denen der 5. Altenbericht in seinen Facetten<br />
erzählt (BMFSFJ 2005). Schon Detlev<br />
Knopf hat in den 1980er Jahren die Produktivi-