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schaft - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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72<br />

Thomas Klie<br />

Engagementpotentiale im Pflegebereich<br />

1 Vorbemerkung<br />

Basare in Pflegeheimen zur Weihnachtszeit,<br />

grüne Damen im Krankenhaus, Kinderchöre im<br />

Altenclub – diese traditionellen Bilder von Engagierten<br />

im Pflegesektor verweisen auf lange<br />

Traditionen ‚bürgerlichen’ Engagements im Pflegesektor.<br />

Sie gilt es nicht gering zu schätzen, sie<br />

greifen aber zu kurz, wenn es darum geht im<br />

Kontext der Bürgergesell<strong>schaft</strong>sdiskussion über<br />

eine neue Vergesell<strong>schaft</strong>ung des Aufgabenfeldes<br />

Pflege nachzudenken, das vor grundlegenden<br />

demographischen und kulturellen Herausforderungen<br />

steht. Die zivilgesell<strong>schaft</strong>liche Fundierung<br />

des Themas nimmt die normativen<br />

Grundlagen in den Blick, die mit der Zivilgesell<strong>schaft</strong><br />

verbunden sind (Teilhabe, Toleranz, Menschenrechte,<br />

Nachhaltigkeit etc.), die Bedeutung<br />

des Dritten Sektors und seiner besonderen Qualität<br />

(Selbstorganisation, Gemeinwohlorientierung),<br />

aber auch die besondere Interaktionsqualität<br />

der Akteure (jenseits von Herr<strong>schaft</strong>, Tausch)<br />

sowie die Suche nach einer guten Gesell<strong>schaft</strong>sordnung,<br />

die die Verwiesenheit der gesell<strong>schaft</strong>lichen<br />

Sektoren aufeinander reflektiert (weder<br />

Staat noch Markt noch der private Sektor können<br />

Wohlfahrt allein gewährleisten). In diesem<br />

Beitrag werden basierend auf dem Konzept des<br />

Wohlfahrtspluralismus, unter Reflektion auf die<br />

besondere Rolle älterer Menschen als Engagierte<br />

Engagementpotentiale in der Pflege ausgelotet<br />

und konzeptionell verankert.<br />

2 Bürger<strong>schaft</strong>liches Engagement<br />

und Wohlfahrtspluralismus<br />

Das Bürger<strong>schaft</strong>liche Engagement erlebt eine<br />

Renaissance, wenn man denn von einer solchen<br />

sprechen kann, angesichts einer durchaus<br />

<strong>Forschungsjournal</strong> NSB, Jg. 20, 2/2007<br />

auch neu zu nennenden zivilgesell<strong>schaft</strong>lichen<br />

Ausrichtung dessen, was heute unter Bürger<strong>schaft</strong>lichem<br />

Engagement verstanden wird (Klie/<br />

Ross 2005). Auf Ehrenamt, auf Freiwilligendienste,<br />

auf Selbsthilfe werden allenthalben<br />

Hoffnungen gegründet, um wohlfahrtsstaatliche<br />

Errungen<strong>schaft</strong>en für verschiedene Bevölkerungsgruppen<br />

bei gleichzeitig reduzierter Leistungsfähigkeit<br />

des Staates zu erhalten. Dabei ist<br />

dieses Anliegen unterschiedlich stark ausgeprägt<br />

bzw. ernsthaft Gegenstand sozialpolitischer<br />

Umbaumaßnahmen: Dies gilt vor allem dort,<br />

wo voraussetzungslos auf das Bürger<strong>schaft</strong>liche<br />

Engagement und das Ehrenamt gesetzt wird<br />

und die Selbsthilfefähigkeit der Gesell<strong>schaft</strong> als<br />

Legitimation für den Rückbau von Sozialleistungen<br />

benutzt wird. Andererseits ist den Kritikern<br />

vorzuhalten, die in der Neuakzentuierung<br />

des Bürger<strong>schaft</strong>lichen Engagements lediglich<br />

eine derartige Legitimationsstrategie sozialpolitischer<br />

Kürzungen vermuten, dass die Leistungsfähigkeit<br />

eines auf Generationengerechtigkeit<br />

setzenden Sozialstaates in alter Tradition<br />

der Subsidiaritätskonzepte (Nell-Breuning<br />

1990) sowohl auf leistungsfähige informelle<br />

Netze verwiesen ist wie auch auf einen produktiven<br />

Sektor des Bürger<strong>schaft</strong>lichen. Dass in<br />

einer bürger<strong>schaft</strong>lich getragenen Wohlfahrtsstaatlichkeit<br />

auch eine besondere Qualität zivilgesell<strong>schaft</strong>licher<br />

Art steckt, wird für die<br />

besonders bedeutsam, die einen fürsorgerisch<br />

totalitären Sozialstaat zurückweisen.<br />

In diesem Beitrag soll die Bedeutung des<br />

Bürger<strong>schaft</strong>lichen Engagements bezogen auf<br />

das Feld der Pflege und Betreuung heraus gearbeitet<br />

werden. Aufgebaut wird auf dem politikwissen<strong>schaft</strong>lichen<br />

Ansatz des Wohlfahrtspluralismus<br />

(Evers/Svetlik 1981; Evers/Olk 1996;<br />

Klie/Ross 2005). Der Ansatz des Welfare Mix

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