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Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz

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ter stadtentwicklungspolitische Mittel eingesetzt werden, um diese Angebotsentwicklung<br />

zu regulieren. Ein damit zusammenhängender Aspekt ist schließlich die<br />

Zusammensetzung der Bevölkerung, also die Frage, ob die gegenwärtige soziale,<br />

demographische und ethnische Mischung bestehen bleibt oder durch marktmäßige<br />

Prozesse verändert wird.<br />

5.1.1 Trendszenario 2013<br />

Das war ja zu erwarten. Als die Senatsverwaltung im Frühjahr 2003 trotz langwierigem<br />

Diskussionsprozess mit den Bewohnern über den Zeitpunkt der Entlassung des<br />

Sanierungsgebiets Kreuzberg Chamissoplatz, das Gebiet kurzerhand als erledigt<br />

abhakte, gab es weder eine solide Bestandsaufnahme des Erreichten noch Aussagen<br />

über die zukünftige Entwicklung oder mögliche Anschlussstrategien. So ist es kaum<br />

verwunderlich, dass heute - zehn Jahre später - das Gebiet zwar in Bezug auf seine<br />

bauliche Substanz unverändert gut dasteht, jedoch hinsichtlich der Bewohnerstruktur<br />

eine starke Veränderung mit weitreichenden Folgen zu beklagen ist.<br />

Nachdem die steuerungspolitischen Instrumente abrupt wegfielen und das Gebiet<br />

ohne Übergangsregelung den „Selbstregulierungskräften des Marktes“ überlassen<br />

wurde, war die Entwicklung absehbar.<br />

Das gute Image des Kiezes als „Öko-Kiez“, buntes gemütliches Szeneviertel und die<br />

überregionale Anziehungskraft des Kiezes - insbesondere der Bergmannstrasse -<br />

führten zu nicht nachlassender Nachfrage durch finanziell bessergestellte Bevölkerungsgruppen.<br />

Mit der sich seit der Wende kontinuierlich verschlechternden Situation der Wohnungsbaugesellschaften<br />

wurde der Privatisierungsdruck auch für die GEWOBAG<br />

immer größer. Nachfrage im Chamissokiez gab es ohnehin genug, und die<br />

GEWOBAG-Objekte im Neubausegment verursachten mit dem Auslaufen der Belegbindung<br />

für Sozialwohnungen immer größere Defizite. Eine Welle der Privatisierung<br />

und der Eigentumsbildung schwappte über das Viertel, die sofort von der großen<br />

Nachfrage absorbiert wurde.<br />

Im Ergebnis kam es zu einem verstärkten Zuzug junger, dynamischer und gutverdienender<br />

Wahlberliner, häufig mit Doppeleinkommen. Sozial schwache Familien leben<br />

heute kaum mehr im Chamissokiez.<br />

Die lange Zeit besondere demographische, ethnische und soziale Mischung im Gebiet<br />

ging mit der Zeit verloren. Heute findet man vor Ort eine Bewohnerstruktur<br />

wieder, die sich lediglich in „Jung“ und „Alt“ differenzieren lässt. Doch nicht der<br />

Altersunterschied führt dazu, dass die beiden Gruppen sich (bewusst) meiden. Vielmehr<br />

sehen sich die „Alt-1980er“, die sich gerne als „Gründungsväter“ bezeichnen,<br />

um ihre Leistung und Anerkennung für den Kiez betrogen. Doch anstatt den Konflikt<br />

öffentlich auszutragen, zieht man sich mit seinen unbegründeten Vorwürfen zurück.<br />

Das Kreuzberger Amt für Milieuschutz sprach vor kurzem von einer erfolgreichen<br />

Geschichte des Kiezes, Steuereinnahmen waren nie so hoch wie heute, die Straßenkriminalität<br />

auf einem Rekordtief. Sorge bereitet nur die zunehmende Finanzkriminalität<br />

und der nicht mehr zu kontrollierende Konsum von illegalen Rauschmitteln.<br />

Einhergehend mit dem sozio-ökonomischen Wandel im Gebiet wandelte sich die<br />

Einzelhandelsstruktur.<br />

Geographisches Institut<br />

Gebhardt, D.; Schnur, O. (Hrsg.):<br />

Wohnmobilität und Lebensstile<br />

Arbeitsberichte Nr. 90, 2003

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