Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
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2.1.4.3 Der Wohnungsmarkt ab 1990<br />
Ende der 80er-Jahre existierte in beiden Teilen Berlins ein stark reglementierter und<br />
subventionierter Wohnungsmarkt. Nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung<br />
haben sich die Rahmenbedingungen komplett geändert. Auf Grundlage des erwarteten<br />
Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums prognostizierte man für den Wohnungsbau<br />
einen zusätzlichen Bedarf von bis zu 400000 (Kapphan, Häußermann,<br />
2000: S.96) Wohneinheiten. Eine weitere Herausforderung war die Sicherung großer<br />
Teile des Wohnungsbestandes. In den östlichen Bezirken bedurften sowohl der Altbau-<br />
als auch Neubaubestand (Plattenbau) einer umfassenden Sanierung.<br />
Nach 1990 herrschte auf dem Berliner Wohnungsmarkt eine völlig neue Situation.<br />
Der staatlich kontrollierte Wohnungsbestand in Ostberlin wurde nun erstmals in<br />
privates Eigentum überführt. Eine besondere Stellung nahm dabei die Restitution,<br />
d.h. der Anspruch der Alteigentümer auf Rückübertragung von Gebäuden, ein.<br />
Durch ungeklärte Besitzansprüche, verzögerte sich teilweise die Sanierung der maroden<br />
Altbausubstanz in vielen Gebieten. Dies bot zum einen Spielraum und gesellschaftliche<br />
Nischen für Subkulturen. So entstanden, größtenteils im Bezirk Friedrichshain,<br />
direkt nach der Wende viele besetzte Häuser. Andererseits verschlechterte<br />
sich die Wohnungssituation zunehmend durch das Bevölkerungswachstum. Der<br />
Fehlbestand in ganz Berlin betrug 1990 ca. 100000 Wohnungen, 1992 sogar rund<br />
150000 Wohnungen (Krätke, Borst, 2000: S.168).<br />
Die Folge waren deutlich steigenden Preise. Innerhalb von drei Jahren verdoppelte<br />
sich die Mieten für neu abgeschlossene Verträge. Beim Mietniveau neu errichteter<br />
Wohnungen war Berlin im Bundesvergleich noch vor Frankfurt/M. und München<br />
spitze (Krätke, Borst, 2000: S.168). Aber auch die Bestandsmieten, vor allem im<br />
Neubau, verzeichneten ein deutliches Wachstum.<br />
Jedoch gab es Unterschiede zwischen Ost- und Westberlin. Da im Westteil schon<br />
1988 die ortsübliche Vergleichsmiete eingeführt wurde, waren die Preisanstiege<br />
noch deutlicher. Allerdings galt auch hier noch bis 1994 die Regelung, nachdem die<br />
Bestandsmieten jährlich um maximal 5% steigen durften. Im Ostteil dauerten die<br />
Schritte zur Öffnung des Marktes, durch die Abschaffung des Belegungsrecht-<br />
Gesetzes 1996 und die Einführung der ortsüblichen Vergleichsmiete 1998, noch<br />
etwas länger.<br />
Mit der Öffnung ins Berliner Umland wandelte sich der Berliner Wohnungsmarkt<br />
von einem städtischen zu einem regionalen Markt (Schnur, 1999: S.6). Aufgrund der<br />
politischen Teilung war erst seit der Wende eine Suburbanisierung und Stadt- Landwanderung<br />
für den Westteil der Stadt möglich. Gleichwohl wuchsen auch die Anreize<br />
für die Ostberliner Bevölkerung ins Umland zu ziehen. Das Berliner Umland<br />
weist eine relativ geringe Bevölkerungsdichte bei gleichzeitig hohen bebaubaren<br />
Flächenpotential auf. Außerdem lagen die Bodenpreise im Umland nach der Wiedervereinigung<br />
auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Aufgrund dieser Tatsache hat<br />
sich die Abwanderungstendenz besonders seit Mitte der 90er Jahre außerordentlich<br />
verstärkt.<br />
Seit 1990 wurden im Berliner Umland Wohnflächen für 100000 Wohneinheiten<br />
(WE) ausgewiesen und genehmigt, wovon bis 1998 schon insgesamt 60000 WE<br />
erstellt wurden. Rund 66 Prozent davon sind Mietwohnungen in Geschossbauten<br />
(Krätke, Borst, 2000: S.170).<br />
Da besonders viele „Umzügler” Erwerbstätige mit Kindern waren/sind, bedeutet dies<br />
einen erheblichen finanziellen Ausfall für Berlin, einerseits durch Steuerminderein-<br />
Geographisches Institut<br />
Gebhardt, D.; Schnur, O. (Hrsg.):<br />
Wohnmobilität und Lebensstile<br />
Arbeitsberichte Nr. 90, 2003