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Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz

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Straße heraus. Der Tunnel bot etwa 30 Menschen die Möglichkeit zur Flucht aus<br />

Ost-Berlin, bevor er einige Tage nach „Inbetriebnahme” entdeckt wurde.<br />

Die Wohngebäude in der Ackerstraße mit den Nummern 38 aufwärts – das sind alle<br />

Wohnhäuser nördlich des Eingangs zum Friedhof der St. Elisabethgemeinde – bis<br />

zur Bernauer Straße befanden sich zu Ost-Berliner Zeiten im Grenzgebiet. Für die<br />

Anwohner ergaben sich erhebliche Einschränkungen durch die ständige Kontrolle<br />

ihres Alltags. Trotz unmittelbarer Nähe zur Grenze hatte Ende der 80er Jahre die<br />

„Kirche von unten” (Kvu) ihre Räume auf dem Gelände der St. Elisabethkirche.<br />

Hier trafen sich oppositionelle DDR-Bürger.<br />

3.3.3 Städtebauliche Grundlagen<br />

3.3.3.1 Struktur der Wohnbebauung: Ostberliner Mietskaserne<br />

Der Großteil der Bebauung im Untersuchungsgebiet stammt aus der Zeit vor 1910.<br />

Ausgehend von einem starken Bevölkerungswachstum in der Stadt begann nach der<br />

Festlegung des Hobrecht-Plans im Jahr 1862 die stärkste Bau- und Wachstumsphase<br />

der Stadt. Die Einwohnerzahl Berlins nahm im 19. Jahrhundert und besonders seit<br />

der Industrialisierung schnell zu. Im Jahr 1820 lebten 200.000 Menschen in Berlin,<br />

1849 waren es 412.000 und die 1-Millionengrenze wurde 1877 überschritten (Häußermann/Kapphan,<br />

2000: S.32). Der Hobrecht-Plan setzte den städtebaulichen<br />

„Rahmen” für die Bebauung und Umstrukturierung im Stadtgebiet sowie im Umland.<br />

So entstand ab Mitte des 19. Jahrhunderts die geschlossene Wohnhausbebauung<br />

in Form der typischen „Berliner Mietskaserne” in einem Dreiviertel-Ring um<br />

das alte Zentrum. Der sogenannte Wilhelminische Ring erstreckte sich über die Vorstädte<br />

(auch Rosenthaler Vorstadt) zwischen der ehemaligen Akzisemauer und dem<br />

S-Bahn-Ring. Der Hobrecht'sche Fluchtlinienplan und die geltende Bauordnung<br />

wurden von den neuen Investoren (Terrain-Gesellschaften), als „Einladung zur intensivsten<br />

Flächenausnutzung” (Häußermann/Kapphan, 2000: S.34) gesehen. Die<br />

Blockbebauung sollte bei maximaler Baulandausnutzung innerhalb einer Parzelle<br />

möglichst vielen Menschen Wohnraum bieten. Das Vorderhaus wurde durch lichtarme,<br />

enge Hinterhöfe mit einer Vielzahl an Seitenflügeln und Hinterhäusern verbunden,<br />

wie man es heute beispielsweise in der Strelitzer Str. 15 sehen kann. Auf<br />

einigen Grundstücken entstanden kleine Manufakturen und Handwerksbetriebe, die<br />

in Remisen und Werkstattgebäuden untergebracht wurden und heute zum Teil noch<br />

als solche genutzt werden (z.B. Brunnenstraße 153 und Strelitzer Str. 59-61). Die<br />

Wohnbedingungen waren bei der Wahrung der Vorschriften für die Bauherren ohne<br />

Bedeutung. Die Bebauung erfolgte auf Grundlage der geltenden Bauordnung von<br />

1853. Diese fiel in den Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidenten, denn nur die<br />

Feuersicherheit war der entscheidende Faktor bei der Überwachung von privater<br />

Bautätigkeit. In der Bauordnung war eine Bauhöhe von 11,30 m für Straßen mit einer<br />

Breite von unter 15 m festgelegt, und die Maße der Innenhöfe richteten sich nach<br />

dem Wendekreis der Feuerwehrwagen (28,5 qm). Erst im Jahr 1887 wurde eine veränderte<br />

Bauordnung verabschiedet, mit der die Auflagen für den Standard der Häuser<br />

und Wohnungen erhöht werden sollten. Es wurden z.B. Wohnungen im Souterrain<br />

verboten, da sie aufgrund schlechter Belüftung und Feuchtigkeit Krankheitsherde<br />

darstellten.<br />

Zur Straße erhielten die Wohngebäude eine Schaufront aus historischen Stilelementen,<br />

die in den 1950er Jahren in vielen Fällen geglättet wurden und im Zuge der Sanierung<br />

häufig wieder rekonstruiert werden.<br />

Geographisches Institut<br />

Gebhardt, D.; Schnur, O. (Hrsg.):<br />

Wohnmobilität und Lebensstile<br />

Arbeitsberichte Nr. 90, 2003<br />

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