Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
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Identifikation mit dem Viertel vorangetrieben. Dies sind die Einwirkungen, die der<br />
Raum auf die Bewohner haben kann. (Keim, 1998: S.156)<br />
Raumwirksame Sozialstruktur:<br />
Die Idee der raumwirksamen Sozialstruktur geht den umgekehrten Weg. Hier wird<br />
angenommen, dass die Struktur der Bewohner oder allgemein einer Personengruppe<br />
prägenden Einfluss auf das räumliche Umfeld ausübt. Voraussetzung hierfür sind<br />
dauerhafte Sozialbeziehungen innerhalb eines Wohnviertels. Diese liegen in der<br />
Regel besonders dann vor, wenn die Bewohnerschaft ähnliche Interessen und ähnliche<br />
soziale Lage und auch ähnliche Mobilitätsmuster aufweist. Je schichthomogener<br />
das Wohnmilieu, desto besser sind die nachbarschaftlichen Verhältnisse. (Keim,<br />
1998: S. 156f.)<br />
Wenn also nun ein Gebiet von einer relativ einheitlichen Bevölkerungsgruppe dominiert<br />
wird, so kommt es nicht selten zu Veränderungen des Raumes entsprechend<br />
den Vorlieben und Ansprüchen der vorherrschenden Bewohnergruppe. Wie beispielsweise<br />
in Gebieten mit Gentrification festzustellen ist, ändern sich häufig die<br />
Strukturen des Einzelhandels und der Gastronomie zugunsten der Nachfragestruktur<br />
der dominierenden Gruppe. Auch wird wohl eine familienreiche Nachbarschaft Einfluss<br />
auf die Quartiersausstattung mit Spielplätzen und Kindergärten/Kitas nehmen.<br />
Die Einflussnahme auf den öffentlichen Raum wird, wie oben erwähnt, natürlich<br />
umso größer sein, je besser die Kommunikation und die Kontakte zwischen den Bewohnern<br />
sind.<br />
Im Allgemeinen ist nicht immer eindeutig festzustellen, welche Ursache-<br />
Wirkungsverhältnisse in einem Viertel nun vorherrschend sind. Es ist oft nicht mehr<br />
nachzuvollziehen, ob sich die Bewohner dem Viertel oder das Viertel den Bewohnern<br />
angepasst hat.<br />
Moderne mobile Wahlmilieus<br />
Der Begriff Mikromilieu behandelt, wie bereits erwähnt, Lebensstilgruppen, die sich<br />
auf einen speziellen Raum konzentrieren, in dem sie agieren. Bei den lokalen<br />
Wohnmilieus handelte es sich, wie der Name ja bereits sagt, um Wohnviertel, die in<br />
Beziehung zu ihrer Bewohnerschaft gesetzt werden. Bei den modernen mobilen<br />
Wahlmilieus stellt der Raum in dem sich die Mitglieder einzelner Lebensstilgruppen<br />
treffen und wo sie kommunizieren nicht mehr den Ort dar, an dem sie wohnen, sondern<br />
den Ort, wo sie ihre Freizeit, bzw. Teile davon verbringen.<br />
Es lässt sich feststellen, dass sich bestimmte Orte zu Treffpunkten moderner Milieugruppen<br />
(„locations”) herausbilden. So kann man beispielsweise an einem Samstag<br />
Abend in einem Viertel mit einer Vielzahl exklusiver Restaurants einen speziellen<br />
Besuchertypus ausmachen. Die Leute, die dort das Angebot nutzen verbindet möglicherweise<br />
ein gemeinsamer Lebensstil. Zu diesem Lebensstil passt es, regelmäßig<br />
jenes Viertel aufzusuchen. So kommt es dazu, dass sich die Leute dort untereinander<br />
kennen. Oder aber man kennt sich schon länger und nutzt jenen Ort; um sich zu treffen.<br />
Es handelt sich also um Orte, an denen sich die Angehörigen einer speziellen Lebensstilgruppe<br />
treffen, um zu kommunizieren. Diese Treffpunkte müssen sich jedoch<br />
nicht unbedingt mit den Wohnvierteln der Lebensstilgruppen decken. (Entsprechend<br />
der modernen Entwicklungen kann es sich bei den oben beschriebenen Orten im<br />
speziellen Fall auch um virtuelle Räume handeln, wenn sich eine Gruppe von Leuten<br />
zur Kommunikation im Internet treffen.)<br />
Geographisches Institut<br />
Gebhardt, D.; Schnur, O. (Hrsg.):<br />
Wohnmobilität und Lebensstile<br />
Arbeitsberichte Nr. 90, 2003