Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
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„Kiez“ als Standortqualität für Familien<br />
Beide Quartiere liegen sehr zentral und verfügen über einen günstigen Anschluss an<br />
den ÖPNV. Die Befragten im Chamissokiez bemängeln lediglich fehlende Rolltreppen<br />
bzw. Fahrstühle an den U-Bahn-Zugängen. Vor allem Eltern, die mit Kinderwagen<br />
unterwegs sind, leiden unter dieser Situation. Auch die Kindergartensituation<br />
erweist sich hier als schwierig, da zu wenig Plätze vorhanden sind. Dennoch sehen<br />
sie ihr Quartier als ein familienfreundliches Gebiet an, da ausreichend Kultur- und<br />
Freizeitmöglichkeiten für Kinder vorhanden sind. In beiden Quartieren wird die<br />
Schulsituation eher als „normal“ eingeschätzt. Sie unterscheidet sich lediglich in den<br />
Aussagen über einzelne Schulen. Während alle Befragten im Elisabethkiez mit dem<br />
Angebot (z.B. musikbetonte Grundschule „Papageno”) sehr zufrieden sind, besteht<br />
am Chamissoplatz unter den deutschen Befragten weitgehend Einigkeit darüber, dass<br />
ein Besuch der Rosegger-Grundschule für ihre Kinder nicht empfehlenswert sei.<br />
Unter den derzeitigen Lernbedingungen an der Rosegger-Grundschule (überdurchschnittlicher<br />
Ausländeranteil in den Klassen aufgrund der hohen Konzentration von<br />
Zuwanderern im Quartier) sehen die Eltern die Entwicklungschancen ihrer Kinder<br />
negativ beeinflusst, da die Deutschkenntnisse der ausländischen Mitschüler offenbar<br />
gering sind. Eine zusätzliche Entwicklungs- bzw. Sprachförderung für mehr als zwei<br />
Drittel der Kinder an der Schule ist daher notwendig, um eine Integration gewährleisten<br />
zu können.<br />
Zufriedenheit mit Wohnung und Wohnumfeld<br />
Das Flair beider Quartiere, das trotz der jeweils zentralen Lage gekennzeichnet ist<br />
durch einen eher „vorstädtischen“ Charakter, ermöglicht den befragten Bewohnern<br />
ein gewisses Kiezgefühl. Der Kiezcharakter kann besonders für Familien mit Kindern<br />
eine ideale Verbindung von urbaner Lebensweise und einer relativ ruhigen und<br />
zentralen Wohnlage darstellen. Das Wohnumfeld wird in beiden Quartieren jedoch<br />
tendenziell unterschiedlich bewertet. Während die Interviewpersonen im Chamissokiez<br />
neben den Vorzügen der eigenen Wohnung ihr Wohnumfeld (familienfreundlich,<br />
kollegial etc.) sehr hervorheben, zeigt sich, dass die Interviewpersonen im Elisabethkiez<br />
davon unabhängiger argumentieren (was nicht für das dortige Wohnumfeld<br />
spricht). Sie definieren ihre Wohnzufriedenheit mehr über die Wahl der eigenen<br />
Wohnung. Dabei sind vor allem günstige Mietpreise und Ausstattungsmerkmale wie<br />
Helligkeit, Größe, Heizung, Sanierungszustand ausschlaggebend. Fehlende Elemente<br />
der öffentlichen, sozialen und ökonomischen Infrastruktur (Spielplätze, Grünflächen,<br />
Einkaufsmöglichkeiten etc.) spielen für die Interviewten aus dem Elisabethkiez jedoch<br />
eine sekundäre Rolle. Aufgrund der geringen Größe und der zentralen Lage des<br />
Quartiers stellen Ausweichmöglichkeiten in angrenzende Gebiete kein Problem dar.<br />
Wie den Makleraussagen zu entnehmen war, ist für die Vermarktung insbesondere<br />
an Familienhaushalte u.a. der Erholungswert der beiden Quartiere entscheidend: Im<br />
Chamissokiez wurde dabei bewusst auf Straßengrün verzichtet. Das „Wilhelminische<br />
Straßenbild” sollte erhalten bleiben. Hier findet sich Grün nur auf dem zentralen<br />
Platz (vgl. „Hobrechtplan”) dem Chamissoplatz und auf - teilweise nachträglich<br />
entkernten - begrünten Hinterhöfen. Gerade in diesen Bereichen ist ganz deutlich die<br />
Eigeninitiative der Anwohner zu sehen, kreative Eigengestaltung lässt sich sehr stark<br />
erkennen. Aber auch die nahen Parks Viktoriapark und Hasenheide bieten der Bevölkerung<br />
Platz für Naherholung und werden stark frequentiert. Im Elisabethkiez<br />
Geographisches Institut<br />
Gebhardt, D.; Schnur, O. (Hrsg.):<br />
Wohnmobilität und Lebensstile<br />
Arbeitsberichte Nr. 90, 2003