Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
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Objekte zu maximieren und die Marktbedürfnisse, z.B. unterschiedlicher Lebensstilgruppen<br />
zu erfassen, um Objekte gewinnbringend zu vermarkten. Öffentliche Akteure<br />
des Wohnungswesens, etwa städtische Wohnungsbaugesellschaften, geraten zunehmend<br />
unter wirtschaftlichen Druck und unterliegen einem Transformationsprozess<br />
hin zu einer stärker unternehmerischen Strukturierung. Der Anteil der mehr<br />
oder weniger durch die öffentliche Hand kontrollierten Wohnungen nehmen z.B.<br />
durch Verkäufe oder den Rückgang des sozialen Wohnungsbaus in Berlin kontinuierlich<br />
ab.<br />
Die Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik auf städtischer, Landes- oder Bundesebene<br />
ist als Rahmen für die Bewohnergruppen als auch für Hauseigentümer,<br />
Makler etc. relevant. Die aktuelle Diskussion um den Abbau der Eigenheimzulage<br />
und erwartete Effekte für Familien in der Innenstadt (siehe Kapitel 5) ist nur ein<br />
Beispiel. Bestimmte Zielvorgaben städtischer Politik werden auf dieser Ebene definiert<br />
und mit ausgewählten Instrumenten bearbeitet. Es geht dabei um Fragen wie:<br />
Ist Berlin eine Mieterstadt, ein Unternehmen, eine Kinder- oder autofreundliche<br />
Stadt, eine Stadt, die sich an den Bedürfnissen von Urbaniten oder Touristen orientiert,<br />
eine soziale oder solidarische Stadt? Zu den Stadtpolitiken gehören auch Territorialisierungen<br />
wie die Ausweisung von Sanierungs-, Milieuschutz- oder Quartiersmanagement-Gebieten<br />
mit besonderen Restriktionen oder Fördermöglichkeiten<br />
für bestimmte Akteursgruppen.<br />
Die Bewohnerstruktur eines Gebietes lässt sich mittels klassischer Schichtungs-,<br />
demographischer oder ethnischer Merkmalen der Bevölkerung beschreiben. In diesen<br />
„sozialen Aggregatzuständen“ ist die Bewohnerstruktur zum Beispiel im Hinblick<br />
auf Konzentrationen der „drei As“ (Arbeitslose, Alte, Ausländer) vorwiegend<br />
in Innenstadtgebieten problematisiert worden. Die Gruppe jüngerer Familienhaushalte<br />
spielt in Berlin seit dem Entstehen der Suburbanisierungsoption nach dem Fall der<br />
Mauer eine zunehmende Rolle in den stadtentwicklungspolitischen Diskursen Berlins.<br />
Lebensstilgruppen (siehe 2.3) erlauben potenziell feinere Differenzierungen<br />
der Bevölkerungszusammensetzung (Dangschat 1997). Die Abgrenzung von Lebensstilgruppen<br />
ist aber nicht unproblematisch: Sie erfordert einen größeren Aufwand,<br />
nämlich die Generierung von Daten jenseits der amtlichen Statistik durch eigene<br />
Erhebungen. Abgesehen davon ist durchaus umstritten, inwieweit Lebensstilgruppen<br />
jenseits ihrer Existenz als statistisch generierte Artefakte auch im städtischen Raum<br />
als Gruppen auftreten und Binnenkommunikation unter ihren Mitgliedern miteinander<br />
verbunden sind.<br />
Medien sind in ihrer reflexiven Bezogenheit auf die Mediennutzerinnen und -nutzer<br />
am Prozess der Bedeutungszuweisung an Raumausschnitten beteiligt. Als Tageszeitungen<br />
oder Stadtmagazine funktionieren sie in den meisten Fällen primär über den<br />
Absatz von Werbung/ Anzeigenplatz, müssen sich dazu aber über den redaktionellen<br />
Teil verkaufen. Berichterstattung über Orte gehört zum Teil der journalistischen<br />
Praxis, denn Nachrichten müssen verortet werden. Positive Berichterstattung oder<br />
das Gegenteil, stigmatisierende Berichterstattung, ist auch eine Form der Produktion<br />
städtischen Raumes. Sie erfolgt zumeist aus der Mittelklasseperspektive und gibt<br />
durch die Erzeugung oder Perpetuierung von Bedeutungen Individuen Orientierungen<br />
für ihr Navigieren in der Stadt.<br />
Zu den Grundmustern sozial-räumlicher Prozesse gehört die Segregation zwischen<br />
verschiedenen Gruppen. Sie gründet auch auf der Vorstellung, dass sich Menschen<br />
von anderen Menschen, die zu ihnen soziale Distanz aufweisen, auch räumlich distanzieren<br />
wollen (Bourdieu 1991). Da es (noch) nicht soweit gekommen ist, dass die<br />
Geographisches Institut<br />
Gebhardt, D.; Schnur, O. (Hrsg.):<br />
Wohnmobilität und Lebensstile<br />
Arbeitsberichte Nr. 90, 2003