Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
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sende Unzufriedenheit und schwindende Ortsbindung insbesondere auf das eigene<br />
Mehrfamilienhaus, den Wechsel des Eigentümers und den mietpreisbedingten Bewohnerwechsel.<br />
Es wurde hierbei deutlich, wie wichtig eine mehr oder weniger konstante<br />
und intakte Nachbarschaft für den Einzelnen ist.<br />
4.3.4 Bewohnerstruktur und Lebensstile<br />
4.3.4.1 Situation vor 1990<br />
Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges entwickelten sich die beiden Stadthälften<br />
Berlins völlig unterschiedlich. Besonders betroffen vom den ideologisch getrennten<br />
Entwicklung waren die Gebiete in unmittelbarer Grenznähe. Gab es früher über die<br />
Brunnenstraße einen kulturellen Austausch und Händlerbeziehungen zwischen den<br />
Stadtteilen Mitte und Wedding, so ließ dieser infolge zunehmender Abschottung<br />
seitens der DDR in Richtung Westen immer mehr nach. Mit Beginn des Mauerbaus<br />
im Jahr 1961 kamen die persönlichen zwischenmenschlichen Beziehungen zum<br />
Westteil völlig zum Erliegen. Konnte bis dahin z.B. die Versöhnungskirche unmittelbar<br />
am Grenzstreifen, der damaligen Bernauer Str. 4, noch von Gemeindemitgliedern<br />
aus Ost und West genutzt werden, so war dies nun nicht mehr möglich.<br />
Als Ergebnis befand sich das Elisabethviertel nun zwar noch in der Mitte Ostberlins,<br />
aber gleichzeitig bekam es den Charakter eines Randgebietes in unmittelbarer Grenzlage.<br />
Aus diesem Grund wurde es mit zunehmender Zeit und zunehmender der Vernachlässigung<br />
des Gebäudezustandes immer unattraktiver.<br />
Für die Bevölkerungszusammensetzung hatte dies unmittelbar nach dem Krieg kaum<br />
Folgen, da Wohnraum knapp und die Aufräumarbeiten des verlorenen Krieges noch<br />
im vollen Gange waren. Mit der Zeit sowie der Fertigstellung neuer Stadtteile (Lichtenberg,<br />
Marzahn, Hohenschönhausen, Hellersdorf) und der damit verbundenen neuen<br />
Wohnformen, wurde es auch für DDR-Verhältnisse ein eher ärmlicher Bereich,<br />
der jüngere Leute wie Studenten anzog, die sonst kaum Chancen auf dem Wohnungsmarkt<br />
hatten (Interview Dubrau, Preuß 2003). Allerdings muss in diesem Kontext<br />
betont werden, dass man hier nicht von einer Trennung in arm und reich aus<br />
heutiger Sicht ausgehen darf, da die Einkommen viel weniger divergierten, das Angebot<br />
an entsprechenden „Luxusartikeln” gering ausfiel und die kommerziellen und<br />
kulturellen Entfaltungsmöglichkeiten eines einzelnen Individuums letztendlich eingeschränkt<br />
blieben.<br />
Infolge dessen ist es auch kaum möglich einzelne Lebensstile zu lokalisieren, da alle<br />
Schichten der Bevölkerung im Gebiet lebten, die zusammen eine homogene Bevölkerungsstruktur<br />
bildeten. Dies trifft demzufolge auch auf die Familienstruktur zu, die<br />
einen sowohl von der Größe als auch dem Alter stark gemischten Charakter annahm.<br />
Der geringe Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung ist charakteristisch für die<br />
gesamte DDR. Da die ein Grossteil der Ausländer aus „sozialistischen Bruderländern“<br />
stammte und nur für eine bestimmte Zeit in der DDR, entweder als Gastarbeiter<br />
oder zu Ausbildungszwecken, tätig war, kam es kaum zu Vermischungstendenzen<br />
mit der ortsansässigen Bevölkerung. „Gefördert” wurde dies durch die Unterbringung<br />
von gesamten ausländischen Bevölkerungsgruppen in bestimmten Ortsteilen<br />
oder gar einzelnen Wohnkomplexen, was zu gravierenden Problemen in den Wendejahren<br />
mit den traurigen Beispielen Hoyerswerda und Rostock führte.<br />
Geographisches Institut<br />
Gebhardt, D.; Schnur, O. (Hrsg.):<br />
Wohnmobilität und Lebensstile<br />
Arbeitsberichte Nr. 90, 2003<br />
Ralf Krüger<br />
Dietmar Richter<br />
Stefan Siegemund