Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
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3 Die Untersuchungsgebiete: Eine Charakteristik<br />
3.1 Auswahlkriterien<br />
Die beiden Untersuchungsgebiete „Chamissokiez“ (Kreuzberg) und „Elisabethkiez“<br />
(Brunnenstraße/Strelitzer Straße, Mitte) wurden aus der Gesamtheit der zehn Untersuchungsgebiete<br />
des DFG-Forschugsprojektes „Stadt der kurzen Wege“ am Geographischen<br />
Institut der Humboldt-Universität ausgewählt, um die theoretischen Überlegungen<br />
zu Wohnmobilität, Quartiersdynamiken und Lebensstilen an konkreten<br />
Beispielen empirisch zu erproben. Im Rahmen des DFG-Forschungsprojektes standen<br />
die Gebiete für zwei unterschiedliche bauliche Zustände, nämlich für die Gebietstypen<br />
„Altbaugebiet, überwiegend modernisiert“ und „Altbaugebiet überwiegend<br />
nicht modernisiert“.<br />
Mit Bezug auf das Soziale, die Bewohnerschaft, sahen wir den Vergleich trotzdem<br />
als reizvoll an, da beide Gebiete für eine relative dynamische und schwer zu prognostizierende<br />
Entwicklung stehen und mit dem Einsickern neuer Haushaltstypen in<br />
Verbindung gebracht werden.<br />
In der Tat verrät auch ein flüchtiger Blick in die Presse bereits, dass die Meinungen<br />
über die Zukunft beider Gebiete sich dadurch auszeichnen, dass für jedes Gebiet<br />
sehr unterschiedliche Zukünfte entworfen werden und keineswegs ausgemacht<br />
scheint, wohin die Entwicklung geht: zwischen „Problemgebiet“, Szeneviertel und<br />
Gentrifizierung scheinen alle Schattierungen denkbar zu sein.<br />
So gilt der Elisabethkiez häufig noch als ein Gebiet im Schatten der „neuen Mitte“,<br />
die Modernisierungstätigkeit schreitet im Vergleich zu anderen Sanierungsgebieten<br />
relativ langsam voran und es kommt nur zögerlich zum Einsickern der für das Gebiet<br />
südlich der Torstraße typischen neuen Dienstleister, Agenturen und Galerien. Der<br />
Chamissokiez wiederum gilt zwar schon seit langer Zeit als der schickere Teil von<br />
Kreuzberg, gleichzeitig fängt man jedoch auch hier damit an, dieses Gebiet „abzuschreiben“:<br />
dabei geht es häufig um vermutete interethnische Konflikte sowie die<br />
Schulsituation angesichts schlechter Sprachkenntnisse bei den Grundschülern. Die<br />
bevorstehende Entlassung des Sanierungsgebietes wirft weitere Fragen nach der<br />
zukünftigen Zusammensetzung der Bevölkerung auf.<br />
Wichtig erwies sich außerdem im weiteren Verlauf des Projektseminars, dass sich<br />
beide Gebiete eignen sich aufgrund ihrer Bewohnerstruktur in besondere Weise für<br />
die Untersuchung der Situation von Familien in Innenstadtgebieten eignen, denn sie<br />
erlebten in den letzten Jahren (auch durch in-situ-Effekte und nicht nur durch Zuzug)<br />
einen Zugang von Haushalten mit Kindern. Diese Gruppe, ihre Bedürfnisse und die<br />
Artikulation ihrer Interessen gegenüber anderen sozialen Gruppen stellten einen<br />
besonderen Interessenschwerpunkt im Rahmen der allgemeinen Thematik dar, der<br />
sich erst im Laufe des Projektseminars herauskristallisierte.<br />
Geographisches Institut<br />
Gebhardt, D.; Schnur, O. (Hrsg.):<br />
Wohnmobilität und Lebensstile<br />
Arbeitsberichte Nr. 90, 2003<br />
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