Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
Andreas Pasewaldt, Nadine Walter, Anne Klein-Hitpaß, Judith Utz
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zu unterschätzen ist die staatliche Unterstützung für die Eigenheimförderung, die<br />
den besserverdienenden Familien den Wegzug aus zentralen innerstädtischen Gebieten<br />
noch erleichtert.<br />
Jedoch wurden in den letzten Jahren Anstrengungen zur Verbesserung der infrastrukturellen<br />
Lage unternommen, die darauf abzielen das Gebiet auch für Familien<br />
attraktiver zu machen. Die Klientel der Zuziehenden ist dabei sehr heterogen, unterscheidet<br />
sich aber zumeist von der alteingesessenen Bevölkerung. Insgesamt wird<br />
das Gebiet von jungen Bevölkerungsgruppen nachgefragt. Nach Angaben des BfsS<br />
kamen gut 40 Prozent der Zugezogenen aus dem westlichen Stadtteilen Berlins, wobei<br />
bemerkenswert ist, dass es kaum Nachfragen aus dem Wedding gibt. Dies ist ein<br />
Indiz für die noch immer „in den Köpfen bestehende Mauer zwischen Ost und<br />
West“, die sich auch durch die Zielkoordinaten der Ausziehenden sozial schwächeren<br />
und ursprünglichen Bevölkerung bestätigt. Diese zieht eher nach Marzahn oder<br />
Hellersdorf als in einen westlichen Stadtteil (Interview Dubrau, Preuß 2003).<br />
Gut ein Fünftel der Bevölkerung ist nach der Wende von außerhalb Berlins zugezogen.<br />
Unter ihnen sind viele Studenten, die die Nähe zu kulturellen universitären Einrichtungen<br />
und das Nachtleben schätzen, gleichzeitig aber vergleichsweise relativ<br />
moderate Mieten für Berlin Mitte zahlen. Trotzdem fand auch innerhalb dieser Bevölkerungsschicht<br />
ein Austausch nach den Sanierungsmaßnahmen statt. Waren es<br />
Anfang und Mitte der Neunziger Jahre eher alternative und auf geringe Mieten angewiesene,<br />
so sind mit der Sanierung vorwiegend angehende Akademiker aus besserem<br />
Elternhaus in das Gebiet eingezogen. Man kann jedoch nicht von einem yuppifizierten<br />
Gebiet oder einem typischen Ort der „Neuen Mitte” sprechen. Zwar entdeckten<br />
nach Meinung einer Anwohnerin einige Leute aus dem südlich gelegenen Scheunenviertel<br />
den bis dato abgeschiedenen Kiez für sich, um dem Touristentrubel zu<br />
entgehen, allerdings halten die meisten Interviewten das Gebiet für zu unattraktiv für<br />
Yuppies und Reiche („Wieso sollte man denn auch hierher kommen? Es ist schon<br />
eher eine Wohngegend.”).<br />
Statt dessen setzt sich das Gebiet sehr heterogen aus insgesamt etwas besser Verdienenden<br />
mit einem durchschnittlich hohen Bildungsniveau zusammen, die metropolitanen<br />
Vorzüge des Gebietes in Berlins Mitte für sich nutzen. Darunter fallen auch<br />
Selbstständige wie Architekten, Ingeneure und Künstler. Gleichzeitig wohnen im<br />
dem Gebiet zum Teil auch noch selber Hausbesitzer, die mit den Mietern, oder als<br />
Eigentümergemeinschaft zusammen das Haus saniert haben. Ein weiterer Trend der<br />
letzten Jahre ist der vermehrte Zuzug von Singles, beeinflusst durch das hohe Angebot<br />
an kleinen Wohnungen in zentraler Lage.<br />
Jedoch sind es nicht nur Singles, sondern auch viele jüngere Alleinerziehende die<br />
das Gebiet für sich nutzten, um die Nähe zum Studienort oder der Arbeitsstätte zu<br />
nutzen, und am gesellschaftlichen Leben zu partizipieren. Dies wird auch von Dorothee<br />
Dubrau bestätigt (Interview Dubrau, Preuß 2003). Nach ihrer Einschätzung<br />
ziehen Familien bewusst in den Elisabethkiez, weil sie die Nähe zur Innenstadt mit<br />
deren guter Verkehrsanbindung, den vielen Kneipen, Cafes und kulturellen Angeboten<br />
im Scheunenviertel und Prenzlauer Berg suchen, und gleichzeitig in einem ruhigem<br />
Viertel wohnen wollen. Somit können viele Familien als gebildet bzw. bürgerlich<br />
eingeschätzt werden, obwohl sie dennoch nach Einschätzung einer interviewten<br />
Mutter nicht zu der Klientel gehören, die „nach Lankwitz ziehen würden”.<br />
Geographisches Institut<br />
Gebhardt, D.; Schnur, O. (Hrsg.):<br />
Wohnmobilität und Lebensstile<br />
Arbeitsberichte Nr. 90, 2003