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Wald und Wild – Grundlagen für die Praxis - BAFU

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> Jagdplanung bei Reh, Gämse <strong>und</strong> Rothirsch<br />

Verfassung können <strong>die</strong>sen hohen Investitionskosten optimal begegnen. Damit Kühe<br />

<strong>und</strong> ihre Nachkommen überleben, ges<strong>und</strong> bleiben <strong>und</strong> optimal wachsen, stellen Kühe<br />

sehr hohe Anforderungen an <strong>die</strong> Sicherheit <strong>und</strong> Nahrungsqualität in ihrem Lebensraum!<br />

Müssen sich <strong>die</strong> Kühe jedoch zwischen guter Nahrung <strong>und</strong> hoher Sicherheit<br />

entscheiden, dann ten<strong>die</strong>ren sie darauf, <strong>die</strong> guten Äsungsgründe zugunsten der<br />

sicheren Einstände aufzugeben. Über <strong>die</strong> Jahrtausende trat insbesondere der Wolf<br />

als hauptsächlicher Gegenspieler des Rotwildes auf. Rotwild <strong>und</strong> Wolf haben eine<br />

lange Zeit gemeinsamer Entwicklung bzw. Anpassung aneinander. Das Rotwild<br />

musste lernen, sich der Prädation durch den Wolf zu entziehen. Anders als das<br />

Gämswild, welches sein Heil in der Steilheit des Geländes sucht, oder das Rehwild,<br />

welches sein Heil durch <strong>die</strong> Einzellebensweise <strong>und</strong> das Verbergen in dichter Deckung<br />

sucht, vermeidet das Rotwild Prädation, indem es Raubfeinde mittels extrem<br />

scharfer Sinne auf grosse Distanz wahrnimmt, <strong>und</strong> eine Begegnung durch grossräumiges,<br />

mobiles <strong>und</strong> ausdauerndes Ausweichen in Gebiete vermeidet, wo das Prädationsrisiko<br />

niedriger ist. Ebenso minimiert es das persönliche Risiko gefressen zu<br />

werden durch Rudelbildung.<br />

Die Schlüsselfaktoren einer erfolgreichen Hirschkuh Lebensstrategie sind demnach<br />

ein langes Leben (d. h. hohe Sicherheit) bei gleichzeitig guter Äsung (d. h. gute Kondition<br />

<strong>und</strong> optimale Investitionsmöglichkeiten in den Nachwuchs). Einzig solche Kühe,<br />

welche <strong>die</strong>se Strategie leben, sind in der nächsten Generation vertreten.<br />

> Hirschstiere können in einem einzelnen Jahr mehr Kälber zeugen als eine Kuh in<br />

ihrem gesamten Leben. Das einzige, was sie i.d.R. daran hindert, sind konkurrenzstärkere<br />

Stiere, welche dasselbe wollen. Man muss auch bei den Stieren davon ausgehen,<br />

dass <strong>die</strong>se ihren Lebensfortpflanzungserfolg zu maximieren suchen. Dabei<br />

wird klar, dass Stiere <strong>die</strong>s anders als Kühe tun: Während Kühe hauptsächlich um<br />

guten Lebensraum in Konkurrenz stehen, konkurrenzieren sich Hirschstiere hauptsächlich<br />

um Zugang zu brunftigen Kühen, <strong>und</strong> nach dem Zeugen der Kälber findet<br />

von Seiten der Stiere keine weitere Investition in den Nachwuchs mehr statt. In <strong>die</strong>sen<br />

Auseinandersetzungen gewinnen nur <strong>die</strong> kampfstärksten Stiere, <strong>die</strong> Platzhirsche.<br />

Damit ein Stier zum Platzhirsch werden kann, muss er über gute Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

genügend Kondition <strong>und</strong> Kraft (Röhren, Kämpfen), sowie über <strong>die</strong> notwendige Körpermasse<br />

<strong>und</strong> soziale Dominanz (Alter, Kampferfahrung) verfügen. In einer natürlich<br />

aufgebauten Population wird kaum je ein Stier vor r<strong>und</strong> 7<strong>–</strong>8 Jahren zum Platzhirsch,<br />

<strong>und</strong> kaum ein Stier wird sich länger als 4<strong>–</strong>5 Jahre als Platzhirsch behaupten<br />

können. Für einen Stier reicht es aber nun nicht aus, einfach zu warten bis dass er<br />

das richtige Alter hat, denn Alter alleine ist kein Garant <strong>für</strong> Fortpflanzungserfolg!<br />

Vielmehr muss ein Stier beträchtliche Risiken auf sich nehmen, um dann im entsprechenden<br />

Alter auch über <strong>die</strong> notwendige Körpermasse <strong>und</strong> Kondition zu verfügen:<br />

Um z. B. doppelt so schwer wie eine Kuh zu werden, müssen männliche Hirsche<br />

bereits von jung an viel stärker wachsen als weibliche 25 , mit der Konsequenz,<br />

dass sie als Kalb weniger in Körperreserven (Depotfett) investieren können. Bei<br />

Nahrungsengpässen, wie z. B. in strengen Wintern, erleiden sie deshalb eine höhere<br />

25 Männliche Kälber saugen bereits häufiger als weibliche was <strong>für</strong> Kühe höhere Investitionskosten während der Laktationsperiode <strong>–</strong> <strong>und</strong><br />

damit eine grössere körperliche Herausforderung <strong>–</strong> bedeutet; aus <strong>die</strong>sem Gr<strong>und</strong> sind es v. a. konditionsstarke <strong>und</strong> sozial dominante<br />

Kühe, welche männliche Kälber setzen. Kühe welche <strong>die</strong>sen Investitionskosten nicht gewachsen sind, führen dagegen öfter weibliche<br />

Kälber.<br />

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Lebensstrategie der Hirschstiere

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