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Wald und Wild – Grundlagen für die Praxis - BAFU

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<strong>Wald</strong> <strong>und</strong> <strong>Wild</strong> <strong>–</strong> Gr<strong>und</strong>lagen <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Praxis</strong> <strong>BAFU</strong> 2010<br />

7.4.2 Strategie des Rotwildes im Umgang mit den Jahreszeiten<br />

Das Rotwild ist in der Schweiz mit einem ausgesprochen saisonalen Lebensraum<br />

konfrontiert, wo sich warme Sommer mit überquellender Fülle an qualitativ hochwertiger<br />

Äsung <strong>und</strong> kalte Winter mit geringwertiger, schwer zugänglicher Äsung abwechseln.<br />

Als Anpassung an <strong>die</strong>se Saisonalität der Landschaft entwickelte das Rotwild im<br />

Laufe der Evolution eine energetische Lebensstrategie mit dem Sommerziel «Maximierung<br />

der Energieaufnahme» <strong>und</strong> dem Winterziel «Minimierung der Energieausgabe».<br />

Die optimale Nahrungsaufnahme im Sommer bewirkt gute Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Kondition,<br />

optimale Investition in <strong>die</strong> Nachkommen (Laktation), optimaler Haarwechsel <strong>und</strong><br />

optimaler Aufbau von Körperreserven <strong>für</strong> den kommenden Winter (Depotfett). Seine<br />

winterlichen Energieausgaben versucht das Rotwild im Winter auf das Wesentliche zu<br />

reduzieren insbesondere durch (a) das Vermeiden unnötiger Bewegungen <strong>und</strong> (b) das<br />

gezielte Absenken seines Stoffwechsels [1] . Die karge Winteräsung bietet dem Rotwild<br />

schlicht zu wenig verfügbare Energie an, um übermässige Energieausgaben effektiv<br />

kompensieren zu können. Als weitere Anpassung an <strong>die</strong>se Saisonalität des Lebensraumes<br />

zeigt Rotwild eine ausgeprägte Synchronisation der Geburten im Jahreslauf: Die<br />

meisten Kälber werden innerhalb 2<strong>–</strong>3 Wochen im Frühjahr geboren. Der Gr<strong>und</strong> dazu<br />

liegt darin, dass Kühe r<strong>und</strong> einen Monat nach dem Setzen am meisten Energie benötigen<br />

<strong>und</strong> in Milch umsetzen müssen, um den Bedarf des wachsenden Kalbes optimal<br />

decken zu können. Diesen hohen Investitionskosten können nur solche Kühe optimal<br />

begegnen, welche dazu den ausgeprägten Gipfel der frühsommerlichen Vegetationsentwicklung<br />

(Qualität x Quantität) nutzen können. Zu früh oder zu spät gesetzte Kälber<br />

haben <strong>–</strong> ausser in klimatischen Ausnahmejahren <strong>–</strong> meist schlechtere Entwicklungschancen.<br />

Konsequenzen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Jagdplanung<br />

1. Ein äsungsreicher Sommer-Lebensraum ist somit <strong>die</strong> zentrale Gr<strong>und</strong>lage jedes ges<strong>und</strong>en<br />

Rotwildbestandes. Die überragende Bedeutung des Sommerbiotops zeigt<br />

sich (a) in der Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Kondition der Tiere während des Sommers, (b) wie<br />

auch im Wohlergehen der Tiere im folgenden Winter (Fettreserven). Zentrale Aufgabe<br />

der Jagdplanung ist es deshalb, dem Rotwild optimale Sommereinstände zur<br />

Verfügung stellen (inkl. Biotophege) <strong>und</strong> dem Rotwild eine gleichmässige Nutzung<br />

derselben zu ermöglichen. Aus Sicht des <strong>Wild</strong>es geht es darum Konkurrenzsituationen<br />

zu vermeiden, aus Sicht des Lebensraumes um Verhütung von <strong>Wild</strong>massierung.<br />

Dies kann jedoch nur bei insgesamt reguliertem <strong>Wild</strong>bestand (Bestand deutlich unter<br />

der Kapazitätsgrenze) bei gleichzeitig geringer Störungsbelastung gelingen. Wintersterben<br />

sind meist eine Folge von Massierungen von <strong>Wild</strong> in schlechter Kondition,<br />

weil es insgesamt zuviel <strong>Wild</strong> hat, oder weil <strong>die</strong>ses störungsbedingt zu stark konzentriert<br />

wurde.<br />

2. Die Störungsreduktion (insbesondere in den Wintereinständen) ist eine bedeutende<br />

Aufgabe der Jagdplanung. Der Ausscheidung von <strong>Wild</strong>ruhezonen kommt eine grosse<br />

Bedeutung zu (siehe Kap. 8.6). Rotwild ist extrem störungsempfindlich <strong>und</strong> Störungsquellen<br />

in den Wintereinständen wie das Stangensuchen oder Variantenskifahren<br />

müssen zuverlässig vermieden werden. In <strong>die</strong>sem Sinne ist auch das Jagen in<br />

142<br />

Optimale Sommereinstände durch<br />

Biotophege <strong>und</strong> Einregulierung<br />

der Bestände<br />

Ausscheidung von <strong>Wild</strong>ruhezonen

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