Wald und Wild – Grundlagen für die Praxis - BAFU
Wald und Wild – Grundlagen für die Praxis - BAFU
Wald und Wild – Grundlagen für die Praxis - BAFU
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
5<br />
> Methoden zur Erhebung von Schalenwildbeständen<br />
der höhere Wert der bessere, solange derselbe nicht als Folge von Geburten oder<br />
Einwanderungen zustande kam. Aber auch <strong>die</strong>ser Wert entspricht höchstwahrscheinlich<br />
nicht dem wirklichen Bestand. Und auch bei <strong>die</strong>sem Wert stellt sich <strong>die</strong> Frage,<br />
welcher Anteil des tatsächlichen <strong>Wild</strong>bestandes wohl unentdeckt geblieben ist. Solche<br />
Unsicherheit hat Konsequenzen, denn wie kann man sicher sein, dass der allfällige<br />
Unterschied von zwei <strong>–</strong> in aufeinander folgenden Jahren durchgeführten <strong>–</strong> <strong>Wild</strong>zählungen<br />
nun das Ergebnis einer effektiven Veränderung im <strong>Wild</strong>bestand ist <strong>und</strong> nicht<br />
irgendwelchen Zufälligkeiten in der Beobachtbarkeit des <strong>Wild</strong>es an den beiden Zähltagen<br />
entspricht? Diese schwierig zu beantwortende Frage deutet an, dass jede seriöse<br />
<strong>Wild</strong>bestandeserhebung zusätzlich zur Feldarbeit auch scharfsinnige Denkarbeit erfordert.<br />
Wie kann <strong>und</strong> soll der Jagdplaner nun mit solchen Unsicherheiten <strong>und</strong> Fragen umgehen?<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich ist sehr wichtig, dass alle am <strong>Wild</strong>tiermanagement interessierten<br />
Parteien wie Förster, Landwirte <strong>und</strong> Jäger anerkennen, dass das Erheben der <strong>Wild</strong>bestände<br />
eine sehr anspruchsvolle Aufgabe ist. Unsicherheiten sind deshalb schlicht<br />
unumgänglich. Sie führen zu einem ges<strong>und</strong>en Misstrauen gegenüber den eigenen<br />
Zählergebnissen. Solches Misstrauen bewahrt dabei vor allzu kühner Interpretation der<br />
Bestandeserhebung <strong>und</strong> regt insbesondere an, <strong>die</strong> Ergebnisse der einen Methode mit<br />
zusätzlichen, unabhängigen Erhebungsmethoden zu bestätigen (d. h. zu verifizieren).<br />
Dasselbe Misstrauen kann jedoch auch unges<strong>und</strong> werden. Dies ist dann der Fall, wenn<br />
<strong>die</strong> Ergebnisse als unglaubwürdig diffamiert werden <strong>und</strong> das kritische Relativieren gar<br />
keine Aussage mehr zulässt. Gerade in der <strong>Wald</strong>-<strong>Wild</strong> Frage ist solch unges<strong>und</strong>es <strong>und</strong><br />
gegenseitiges Misstrauen zwischen Forst <strong>und</strong> Jagd niemals zielführend.<br />
Trotz allen Einschränkungen soll mit <strong>die</strong>sem Kapitel gezeigt werden, dass <strong>Wild</strong>bestandeserhebungen<br />
in den Kantonen, trotz grossen Zählflächen <strong>und</strong> trotz einschränkenden<br />
Freilandbedingungen, möglich sind <strong>und</strong> dass dabei mit einfachen Mitteln <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>em<br />
Menschenverstand Ergebnisse erzielt werden können, welche sich <strong>für</strong> <strong>die</strong> Jagdplanung<br />
gut eignen. Die allerwichtigsten Ressource, welche dabei zur Verfügung steht,<br />
ist in jedem Fall <strong>die</strong> Erfahrung professioneller <strong>Wild</strong>hüter <strong>und</strong> Jagdaufseher. Deren<br />
enorme Gebietskenntnisse <strong>und</strong> Kenntnis der Tiere liefert in vielen Fällen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Jagdplanung<br />
ebenso brauchbare Ergebnisse wie eine wissenschaftliche Erhebung. Aber<br />
auch <strong>die</strong>se Kenner stützen sich dabei auf persönlich durchgeführte Erhebungen <strong>und</strong><br />
Beobachtungen ab. Ob deren Ergebnisse in der Folge als Gr<strong>und</strong>lage zur Jagdplanung<br />
im <strong>Wald</strong>-<strong>Wild</strong> Konflikt akzeptiert wird, hängt hauptsächlich vom gegenseitigen Vertrauen<br />
der Parteien im <strong>Wald</strong>-<strong>Wild</strong>bereich ab. Fehlen gegenseitiges Vertrauen <strong>und</strong><br />
Respekt kann jedoch keine noch so wissenschaftliche Zählmethodik dasselbe aufbauen.<br />
In <strong>die</strong>sem Fall kommt der Beseitigung des zwischenmenschlichen Missstandes <strong>die</strong> weit<br />
grössere Bedeutung zu, als der Wahl einer Zählmethodik.<br />
Das vorliegende Kapitel erleichtert dem Praktiker <strong>die</strong> Wahl einer <strong>für</strong> seine Verhältnisse<br />
möglichst passenden Erhebungsmethode. Dabei soll der Unterschied zwischen<br />
wissenschaftlichen <strong>und</strong> gutachterlichen Methoden erläutert werden. Um den Umfang<br />
des Kapitels zu begrenzen, werden jedoch keine technischen Details zu den einzelnen<br />
Methoden angeführt. Diese finden sich in der entsprechenden Literatur.<br />
Umgang mit Unsicherheiten<br />
95<br />
Gebietskenntnisse <strong>und</strong> Erfahrung<br />
als Basis