Wald und Wild – Grundlagen für die Praxis - BAFU
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<strong>Wald</strong> <strong>und</strong> <strong>Wild</strong> <strong>–</strong> Gr<strong>und</strong>lagen <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Praxis</strong> <strong>BAFU</strong> 2010<br />
stant starke Bejagung des Rehwildes drängt sich <strong>die</strong>sbezüglich auf, eine Bejagung,<br />
welche sich dabei in zunehmendem Masse am Lebensraum orientieren sollte.<br />
5. Die fünfte Konsequenz betrifft den Jungtierabschuss: Zu jedem Zeitpunkt besteht<br />
ein beträchtlicher Anteil der Population aus Jungtieren, d. h. Kitzen <strong>und</strong> Jährlingen.<br />
Gleichzeitig ist <strong>die</strong> natürliche Mortalität des Rehwildes bei <strong>die</strong>sen Jungtieren, v. a.<br />
bei den Kitzen, sehr hoch. Von daher muss ein beträchtlicher Anteil des Abschusses<br />
auch bei <strong>die</strong>sen Jungtieren erfolgen, weil damit das natürliche Mortalitätsmuster simuliert<br />
werden kann. Der Anteil an Kitzen <strong>und</strong> Jährlingen an der Jahresstrecke sollte<br />
daher minimal 40<strong>–</strong>50 % betragen.<br />
7.5.2 Strategie der Rehwildes im Umgang mit den Jahreszeiten<br />
Das Rehwild ist in der Schweiz mit einem saisonalen Lebensraum konfrontiert, wo sich<br />
warme Sommer mit überquellender Fülle an hochwertiger Äsung <strong>und</strong> kalte Winter mit<br />
geringwertiger, kaum zugänglicher Äsung abwechseln. Das Rehwild ist nun <strong>–</strong> im<br />
Vergleich zum Gämswild <strong>und</strong> Rotwild <strong>–</strong> <strong>die</strong> weitaus am schlechtesten an harsche<br />
Winterbedingungen, insbesondere permanente Schneedecken, angepasste Art. So<br />
tragen <strong>die</strong> kleinen Hufe <strong>die</strong> Tiere z. B. nicht bei Schneelage, oder auch ihr Haarkleid<br />
scheint beim Liegen im Schnee nicht gleich gut zu isolieren wie dasjenige der Gämse.<br />
Anhaltende Phasen mit geschlossener Schneedecke <strong>und</strong> nass kaltem Wetter überstehen<br />
Rehe deshalb schlechter als Gämsen oder Rotwild. Dabei sterben viele Rehe an Krankheiten<br />
wie z. B. Lungenentzündungen. Das Rehwild bedarf deshalb klimatisch relativ<br />
günstiger Wintereinstände. Aus <strong>die</strong>sem Gr<strong>und</strong> zeigen gewisse Rehpopulationen in den<br />
Alpen oder im Jura sogar saisonale Wanderungen zwischen den hochgelegenen Sommer-<br />
<strong>und</strong> den tiefer gelegenen Wintereinständen. Auch in der saisonalen Ernährung<br />
scheint das Rehwild stärker als <strong>die</strong> anderen zwei <strong>Wild</strong>arten davon abhängig zu sein, <strong>die</strong><br />
täglichen Bedürfnisse über <strong>die</strong> Äsung decken zu können. Im Vergleich zum Gämswild<br />
oder Rotwild sind Rehe weniger gut im Speichern sommerlicher Energieüberschüsse<br />
als Depotfett <strong>für</strong> den Winter. Deshalb kommt der winterlichen Äsungsaufnahme eine<br />
grosse Bedeutung zu <strong>und</strong> Rehwild in Gebieten mit hohen Schneelagen profitieren stark<br />
von Winterfütterungen (ohne dass <strong>die</strong>se Massnahme deshalb als sinnvoll erachtet wird;<br />
siehe Kap. 7.7). Wie bereits ausgeführt, spielt aber auch im Sommerlebensraum <strong>die</strong><br />
Verfügbarkeit qualitativ guter Äsung eine absolut zentrale Rolle im Leben <strong>und</strong> in der<br />
optimalen Fortpflanzung des Rehs.<br />
Konsequenzen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Jagdplanung<br />
1. Ein äsungsreicher Sommer-Lebensraum ist <strong>die</strong> zentrale Gr<strong>und</strong>lage jedes ges<strong>und</strong>en<br />
Rehbestandes. Die überragende Bedeutung des Sommerbiotopes zeigt sich nicht nur<br />
in der Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Kondition der Tiere sondern in ganz bedeutendem Masse<br />
auch in der Fortpflanzungsleistung. Rehwild reagiert deshalb stark auf Biotophege,<br />
dank welcher das Angebot an qualitativ hochwertiger Äsung im Sommer wie im<br />
Wintereinstand verbessert werden kann. Beim Rehwild kommt einem Winterhabitat<br />
mit guter Äsungsverfügbarkeit eine wichtige Rolle zu. Zum selben Effekt führt jedoch<br />
auch <strong>die</strong> Verringerung der innerartlichen Konkurrenz durch Regulierung des<br />
Jungtierabschuss<br />
Biotophege<br />
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