Wald und Wild – Grundlagen für die Praxis - BAFU
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> Jagdplanung bei Reh, Gämse <strong>und</strong> Rothirsch<br />
den Wintereinständen zu unterlassen. Ausgenommen davon sind intervallartige Regulationsjagden<br />
zu Beginn des Winters (November) <strong>und</strong> ausserhalb Zeiten mit geschlossener<br />
Schneedecke. Nachher sollte <strong>die</strong> eigentliche Jagd tabu sein. Aber auch<br />
<strong>die</strong> Störungsreduktion in den Sommereinständen ist bedeutungsvoll, denn erst dadurch<br />
kann das sehr störungsempfindliche Rotwild den gesamten geeigneten Lebensraum<br />
nutzen.<br />
3. Winterliche Fütterungen sind meist kontraproduktiv (siehe Kap. 7.7). Leicht besteht<br />
<strong>die</strong> Gefahr der Konzentration von Rotwild was oftmals zu zusätzlichen Verbiss-<br />
oder Schälschäden führt. Da <strong>die</strong> winterliche Nahrungsaufnahme der Hirsche von<br />
Natur aus reduziert ist, ist es viel bedeutender, dass versucht wird, ihren Energie<br />
Output zu reduzieren (Störungsreduktion), als dass ihr Energie Input maximiert wird<br />
(mittels Winterfütterung). Deshalb kommt der Störungsreduktion insbesondere auch<br />
in den winterlichen Äsgebieten (z. B. waldrandnahen Weiden) Bedeutung zu. Etwas<br />
plakativ gesagt gründet somit das Geheimnis ges<strong>und</strong>er Rotwildbestände <strong>–</strong> unter der<br />
Bedingung grossflächig einregulierter Bestände <strong>–</strong> in der Qualität des Sommerlebensraumes<br />
verb<strong>und</strong>en mit maximaler Ruhe in den Wintereinständen. Die Winterfütterung<br />
kann nicht <strong>für</strong> Fehler in <strong>die</strong>sen zwei Bereichen kompensieren. In der Schweiz<br />
wird <strong>–</strong> im Gegensatz zu Österreich <strong>–</strong> auf möglichst vollständige natürliche Überwinterung<br />
des Rotwildes gesetzt, ohne Gatterung <strong>und</strong> ohne Fütterung. Ziel sind also<br />
Rotwildpopulationen, welche sich ausschliesslich auf natürlicher Futterbasis ernähren<br />
<strong>und</strong> eine möglichst natürliche Einstandswahl zeigen. Dies kann in schneereichen<br />
Wintern (wie dem Winter 2009/2010) zu regional hohen Fallwildzahlen führen. Tatsächlich<br />
fielen <strong>die</strong>se aber <strong>–</strong> entgegen dem was vermutet werden könnte <strong>–</strong> geringer<br />
aus als zu denjenigen Zeiten, als das Rotwild auch bei uns noch künstlich gefüttert<br />
wurde.<br />
7.4.3 Verhalten des Rotwildes im Raum<br />
Die Geschlechter beim Rotwild leben ausserhalb der Brunftzeit räumlich getrennt<br />
(sexuelle Segregation; siehe Abb. 7-3). Dies dürfte daher rühren, dass männliche <strong>und</strong><br />
weibliche Hirsche unterschiedliche Bedürfnisse an <strong>die</strong> Qualität ihrer Äsung stellen,<br />
unterschiedliche Rhythmen von Äsen <strong>und</strong> Ruhen zeigen <strong>und</strong> unterschiedliche Sicherheitsbedürfnisse<br />
haben. Dieses Verhalten zeigt sich besonders ausgeprägt im Sommer,<br />
im Winter kommt es dagegen aus ökologischen Gründen eher zu überschneidenden<br />
Einständen. Als Anpassung an <strong>die</strong> saisonal unterschiedliche Nutzbarkeit des Lebensraumes<br />
zeigt das Rotwild eine grosse Mobilität, jahreszeitliche Wanderungen zwischen<br />
Sommer- <strong>und</strong> Wintereinstandsgebieten sind <strong>–</strong> insbesondere im Alpenraum <strong>–</strong> sehr<br />
häufig (siehe Abb. 7-3). Während sich das Rotwild dabei im Sommer in Konkurrenz<br />
um Nahrung (<strong>und</strong> entsprechend der flächigen Verbreitung derselben) möglichst<br />
gleichmässig zu verteilen sucht (solange keine störungsbedingten Konzentrationen<br />
erzwungen werden), so sind gute Wintereinstände aufgr<strong>und</strong> der Schneelage <strong>und</strong> der<br />
Prädationsgefahr meist auf einen weit geringeren Teil der Landschaft beschränkt.<br />
Entsprechend konzentrieren sich hier <strong>die</strong> im Sommer räumlich getrennt lebenden<br />
Kahlwild- <strong>und</strong> Stierrudel natürlicherweise. Gut geeignete Wintereinstandsgebiete<br />
befinden sich in der Schweiz meist in bewaldeten <strong>und</strong> klimatisch möglichst milden <strong>und</strong><br />
schneearmen Lagen, so z. B. in Wäldern der Sonnenhanglagen von Gebirgstälern.<br />
Verzicht auf <strong>Wild</strong>fütterungen<br />
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