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Wald und Wild – Grundlagen für die Praxis - BAFU

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> Jagdplanung bei Reh, Gämse <strong>und</strong> Rothirsch<br />

2. Die zweite Konsequenz ergibt sich aus der Strategie des Rotwildes, Prädation aktiv<br />

zu vermeiden einerseits durch Verschiebung im Raum <strong>und</strong> andererseits durch Bildung<br />

von Rudeln. Besonders ausgeprägt ist das Sicherheitsbedürfnis führender Kühe.<br />

Ein übermässiger Jagddruck führt zur übermässigen Störung der Kühe, wodurch<br />

sich <strong>die</strong> sicherheitsbedürftigen Weibchenrudel in <strong>die</strong> sicheren Einstände zurückziehen<br />

(z. B. in Banngebiete, unzugängliche Schutzwälder, etc.). Das Rotwild ist wahrer<br />

Meister im Finden solch sicherer Einstandsgebiete, welche meist bewaldet <strong>und</strong><br />

unzugänglich sind. Die daraus folgenden Rotwildmassierungen führen leicht zur<br />

Übernutzung des dortigen Lebensraumes; <strong>Wild</strong>schäden durch Verbeissen <strong>und</strong> Schälen<br />

sind vorprogrammiert. Der Jagdplaner muss sich beim Rotwild stets bewusst<br />

sein, dass unsachgemässes Jagen selber ein immenser Störfaktor ist, mit zwei negativen<br />

Konsequenzen: (a) zuerst wird <strong>die</strong> Bejagung <strong>für</strong> den Jäger massiv erschwert<br />

wodurch <strong>die</strong> Jagdeffizienz sinkt, <strong>und</strong> (b) dass <strong>die</strong> <strong>Wild</strong>schadengefahr in den verbleibenden<br />

Rückzugsgebieten massiv steigt. Wodurch ein Teufelskreis beginnt: Die<br />

Jagd wird jägerbedingt ineffizient, das Rotwild massiert sich in wenigen Rückzugsgebieten,<br />

<strong>die</strong> Jagd wird immer wie nötiger <strong>und</strong> muss zeitlich <strong>und</strong> räumlich ausgedehnt<br />

werden, wodurch der Jagddruck erneut steigt. Aufgr<strong>und</strong> positiver Rückkoppelung<br />

nehmen <strong>die</strong> Probleme weiter zu. Probleme mit Lebensraumübernutzung <strong>und</strong><br />

<strong>Wild</strong>schaden sind deshalb beim Rotwild keinesfalls nur eine Frage des absoluten<br />

<strong>Wild</strong>bestandes, als vielmehr auch von dessen geklumpter Verteilung. Aus <strong>die</strong>sem<br />

Gr<strong>und</strong> muss <strong>die</strong> Jagdplanung zwei Dinge zum Ziel haben: (1) sie muss <strong>die</strong> notwendige<br />

Bestandesregulation mit möglichst geringer bzw. kurzer Störung <strong>und</strong> mit<br />

grösstmöglicher Jagdeffizienz erzielen, <strong>und</strong> (2) sie muss eine möglichst gleichmässige<br />

Verteilung der Rotwildpopulation im gesamten Lebensraum erreichen. Bedingung<br />

einer effizienten Rotwildjagd ist deshalb eine Verringerung der jagdlichen Störung.<br />

Wo z. B. zu viele Jäger unkoordiniert voneinander zu jagen versuchen,<br />

verringern sie den gegenseitigen Jagderfolg <strong>–</strong> abgesehen von einigen Zufallstreffern<br />

<strong>–</strong> massiv. Nicht eine Erhöhung des Jagddrucks ist das Geheimnis der Rotwildregulierung,<br />

sondern eine Verringerung <strong>und</strong> Lenkung desselben bei gleichzeitiger Steigerung<br />

der Jagdeffizienz!<br />

3. Die dritte Konsequenz ist einleuchtend: Kühe tragen entscheidende Verantwortung<br />

über <strong>die</strong> numerische Entwicklung einer Rotwildpopulation, d. h. sie entscheiden darüber,<br />

wie stark <strong>die</strong>selbe wächst. Im Rahmen natürlicher Schwankungen wird es<br />

meistens genügend Stiere als Väter der Kälber geben. Somit entscheidet hauptsächlich<br />

<strong>die</strong> Anzahl Kühe über den Zuwachs bzw. <strong>die</strong> Möglichkeit zur jagdlichen Nutzung<br />

einer Rotwildpopulation, <strong>die</strong> Anzahl Stiere hingegen spielt dabei kaum eine<br />

Rolle (ihre Rolle beim Fortpflanzungsgeschehen liegt <strong>–</strong> wie dargelegt <strong>–</strong> in der Populationsgenetik<br />

<strong>und</strong> im Beruhigen des Brunftbetriebes). Somit kommt es bei der<br />

quantitativen Jagdplanung einzig darauf an zu wissen, wie viele Kühe im Bestand<br />

leben <strong>und</strong> wie viele weibliche erlegt werden müssen, um das gewählte quantitative<br />

Bestandesziel (Senken, Stabilisieren, Heben) auch zu erreichen. Aus <strong>die</strong>sem Gr<strong>und</strong><br />

ist zu empfehlen, dass <strong>die</strong> Jagdplanungen strikte zwischen männlichem <strong>und</strong> weiblichem<br />

Rotwild unterscheidet. Soll eine Population gesenkt werden, dann kommt es <strong>–</strong><br />

wie bereits mehrfach gesagt <strong>–</strong> einzig auf einen genügenden Abschuss weiblicher<br />

Tiere an.<br />

139<br />

Verringerung <strong>und</strong> Lenkung des<br />

Jagddrucks<br />

Fokus auf Abschuss<br />

der weiblichen Tiere

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