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Download Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung 8, Juli 2012

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absoluter Flop an den Kinokassen, da er den üblichen Anime-Rahmen<br />

sprengte – des Regisseurs Ōtomo Katsuhirô. Sein Bestehen in der<br />

japanischen Kultur blickt jedoch auf eine wesentlich längere Geschichte<br />

<strong>zur</strong>ück. Tief in der traditionellen Kunst Japans verwurzelt, setzte das Anime<br />

die ästhetischen und ideologischen Darstellungstraditionen von japanischen<br />

Bilderrollen (emaki-mono) und Farbholzschnitten (ukiyo-e) fort, die durch<br />

Anklänge der einheimischen Bühnenkünste sowie der Walt-Disney-Fantasie<br />

und -Dynamik bereichert wurden, und entwickelte sich in der<br />

Nachkriegszeit geschwind, so dass es in den 1960er Jahren mit politischem<br />

Radikalismus und gegen-kultureller Experimentiererei verbunden wurde.<br />

Dies schlug sich in der florierenden Kulturindustrie der 1970er Jahre nieder:<br />

eine alternative Bühne für neue intellektuelle Interessen und ästhetisch-<br />

ideologische Orientierungen der japanischen Nachkriegs-Jugend, die mit<br />

althergebrachten Vorstellungen über die Rolle der Jugend, der Kultur und<br />

der Frauen in Konflikt traten. Weiterhin verwandelte sich das Anime als<br />

revolutionäre Untergrundströmung in den 1980er Jahren in eine<br />

Mainstream-Bewegung, mit einem spürbaren Niedergang in den frühen<br />

1990er Jahren und der explosiven Wiederbelebung im neuen Jahrtausend.<br />

Die althergebrachte Spannung in der traditionellen japanischen<br />

Darstellungskunst – zwischen Komposition und Technik, Realismus und<br />

Fantasie, Konformismus und Revolutionarismus, Handlung und<br />

Charakterausbau – findet sich im modernen Anime wieder. Mit dessen Hilfe<br />

versucht der individuelle Mensch, sich über seine Funktion innerhalb des<br />

kollektivistischen Systems zu erheben, denn das Anime steht als<br />

ambivalentes Symbol für ein neues Japan, das in einer ruhmreichen<br />

Vergangenheit tief verwurzelt ist (vgl. Satō 1992,12): Einerseits ist das neue<br />

Japan eine imaginierte Gemeinschaft, die aus ausgewählten Artefakten<br />

westlicher materieller Kultur besteht, und eine Nation, deren innere<br />

<strong>Kieler</strong> <strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> <strong>Filmmusikforschung</strong>, 8, <strong>2012</strong> // 21

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