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Download Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung 8, Juli 2012

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wird. Der Puppet Master vertritt den Plan, mit Kusanagi Motoko zu<br />

verschmelzen und sich damit zu reproduzieren: Es ist kein Bestreben nach<br />

Unsterblichkeit, sondern nach Reproduktion als der Sinn menschlicher<br />

Andauer. Das Einfließen in das Netzwerk bedeutet die Befreiung von der<br />

Kontroversität menschlicher Zwänge, denn der Ghost verlässt die Shell und<br />

alles verwandelt sich in reinen Ghost. Wenn Menschen in ihrer Vielfalt,<br />

Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit durch die Shell von der<br />

Unsterblichkeit getrennt sind, erscheint die Reproduktion zugleich als<br />

geistiges Phänomen, was die Trennung von Unsterblichkeit und<br />

Reproduktionsfähigkeit relativiert. Durch das Eintauchen in das Netzwerk<br />

erlangt die Shell das gesamte Wissen der Welt. Das mütterliche Kusanagi-<br />

Identitätsmodell suggeriert Zerstörung als direkte Konsequenz freien<br />

Willens, herausragender Initiative und physischer Tapferkeit und als<br />

Voraussetzung der Selbstgestaltung. Die neue Kusanagi entsteht in Folge der<br />

Liebe des Puppet Master: Sie ist die verkörperte Geschichte kontinuierlicher<br />

Brüche zwischen Shells und Ghosts, zwischen vorgebastelten Identitäten<br />

und selbst erfundenen Identitätsfragmenten. Dabei ist die Shell<br />

ausschließlich ein Behälter oder Sammelbecken des Ghost.<br />

Entlang seiner Partitur für GHOST IN THE SHELL trägt Kawai Kenji auf<br />

entscheidende Weise bei <strong>zur</strong> Gestaltung einer Atmosphäre des interrogativen<br />

Daseins, in der die psychische Unsicherheit des mächtigen Cyborgs deutlich<br />

zum Vorschein kommt. Die fadenartige Verbindung <strong>zur</strong> Wirklichkeit wird<br />

durch das sinnliche Popularlied See You Everyday, gesungen in<br />

Kantonesisch von Fang Ka Wing (leicht zu hören in der Verfolgungsszene<br />

des verstörten Cyborgs über den Markt). Der eindringliche Choral, der den<br />

gesamten Film begleitet, bringt das architektonische Konstrukt einer<br />

künstlichen Intelligenz und Identität ins Schwanken durch das andauernde<br />

Pendeln zwischen modalen und tonalen Harmonien sowie durch das<br />

<strong>Kieler</strong> <strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> <strong>Filmmusikforschung</strong>, 8, <strong>2012</strong> // 39

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