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Download Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung 8, Juli 2012

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Klassiker des späten 19. Jahrhunderts: Mahler<br />

Eine durch die Filmhandlung motivierte musikalische Reise in die<br />

Vergangenheit initiiert zugleich eine erste Reise <strong>zur</strong>ück in die historische<br />

Vergangenheit (00:20:20), im Moment nämlich, da Daniels im Büro des<br />

Arztes eine Schallplattenaufnahme von Mahlers Klavierquartett in a-Moll<br />

hört. Allerdings ist Robertson und Scorsese hier ein Anachronismus<br />

unterlaufen, ob nun gewollt oder nicht. Denn: Der Kopfsatz, der einzige<br />

erhaltene von Mahlers ansonsten verschollenem Klavierquartett in a-Moll,<br />

wurde erst 1964 nachweisbar öffentlich aufgeführt und war nicht vor dem<br />

Erstdruck 1973 auf Schallplatte erhältlich (s. Mahler 1997, X). Scorsese<br />

versäumt es hingegen nicht, kenntlich zu machen, dass sich die in der<br />

Rückblende gezeigte Schallplatte von der Mahler-Platte im Salon<br />

unterscheidet. Eine regelrechte Rückblenden- und Psychologisierungs-<br />

tradition hat sich seit Viscontis MORTE A VENEZIA (dessen Schiffs-Sequenz<br />

zu Beginn dem Anfangsszenario von SHUTTER ISLAND im Übrigen nicht ganz<br />

unähnlich ist) um die Musik und die Person Gustav Mahlers im Film<br />

etabliert. MAHLER AUF DER COUCH (Deutschland/Österreich 2010, Felix und<br />

Percy Adlon) ist hierfür das jüngste Beispiel.<br />

In Lehanes Roman wird die Begegnung mit dem deutschen Psychiater durch<br />

nicht spezifizierte Musik desselben Komponisten untermalt, allerdings erst<br />

viel später, mitten im Gespräch mit Naehring nämlich, als solche<br />

identifiziert (Lehane 2004, 77). Auch die Verwechslung mit Brahms gibt<br />

Lehane vor. Sie löst im Roman jedoch keine Rückblende aus. Unmittelbar<br />

auf den Namen des jüdischen Komponisten eine Einstellung folgen zu<br />

lassen, in der ausgehungerte KZ-Häftlinge hinter Stacheldraht zu sehen sind,<br />

ist erneut ein geschickter Kunstgriff der emotionalen Lenkung des<br />

<strong>Kieler</strong> <strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> <strong>Filmmusikforschung</strong>, 8, <strong>2012</strong> // 217

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