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Phänomen-Verlag Norina Ebele

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Wenn wir zum Beispiel versuchen, den Satz “Männer sind visueller orientiert<br />

als Frauen“ ohne die “Sind‐Identität“ neu zu schreiben, werden wir bald<br />

feststellen, ob unsere Beobachtung in das Gebiet des Operationalismus oder zum<br />

Existentialistisch‐Subjektiven gehört.<br />

Im ersten Fall schreiben wir es neu (und begrenzen es wissenschaftlich), etwa<br />

als: “In unserer Studie mit 67 weißen Männern, 33 farbigen Männern, 70 weißen<br />

Frauen und 31 farbigen Frauen, die alle innerhalb der amerikanischen Kultur<br />

erzogen wurden, fanden wir heraus, dass 85 % der Männer und nur 67 % der<br />

Frauen eine schnelle Augenreaktion auf visuelles Material zeigten.“<br />

Beachtet, dass wir, während wir unsere Aussage operationalisieren und<br />

begrenzen, die Möglichkeit offen halten, dass weitere Untersuchungen über<br />

Leute, die in Europa, Asien oder Afrika aufgewachsen sind, unsere<br />

Verallgemeinerung modifizieren oder sogar nichtig machen könnten. Wir<br />

zwingen uns auch zu bemerken und uns zu erinnern, dass jegliche<br />

Generalisierung über eine Klasse oder einen Kreis außerhalb der reinen Mathematik<br />

sich auf einige‐aber‐nicht‐alle Mitglieder dieses Kreises bezieht. (Ich habe das<br />

Wort “sombunall“ 37geprägt, um das deutlicher zu machen. Siehe mein Buch Die<br />

neue Inquisition [The New Inquisition, New Falcon Publications, 1987].<br />

Noch wichtiger ist, wenn wir das ‘ist‘ rausnehmen, dass wir feststellen, dass<br />

alles, was wir dann noch schreiben, aus “ich denke, ich habe beobachtet, dass<br />

Männer visuelles Material schneller bemerken als Frauen“ besteht, und damit<br />

haben wir unsere Aussage noch weiter begrenzt, und indem wir das tun, haben<br />

wir eine Lektion gelernt, die uns von einer der üblicheren Arten der unkritischen<br />

Übergeneralisierung abhalten kann. Indem wir es neu geschrieben haben, haben<br />

wir keine handfesten Beweise “entdeckt“, sondern nur anekdotische, subjektive<br />

Eindrücke.<br />

Oder betrachtet Folgendes: “Dies ist ein zweitklassiges Buch.“ Neu formuliert<br />

ohne das “ist“ scheint es keinen möglichen operationalen Inhalt in dieser<br />

Aussage zu geben, weil uns die Instrumente oder Techniken fehlen, um<br />

Erstklassigkeit und Zweitklassigkeit in der Literatur festzulegen. Deshalb<br />

müssen wir das in den existenziellen Bereich verlagern und präzise feststellen:<br />

“Dies scheint mir ein zweitklassiges Buch zu sein.“<br />

Sprache ohne “Istheit“ scheint mir so wichtig zu sein, dass ich ein Buch ganz<br />

ohne “ist“ geschrieben habe – mein Quantum Psychology (New Falcon<br />

Publications, 1990).<br />

Meistens ziehe ich es jedoch vor, das Wort mit zweifelhaften<br />

Anführungszeichen zu umgeben und somit Ironie auszudrücken – “ist“ statt ist<br />

– und nur Passagen, die maximale Klarheit verlangen, neu zu schreiben.<br />

Bevor ich weitermache, würde ich gerne Korzybskis Kritik der Sprache mit<br />

einer Metapher, die Korzybski als sehr nützlich betrachtete, noch näher<br />

erläutern.<br />

128<br />

37. Anm. d. Übers.: some but not all (einige aber nicht alle) zu einem Wort<br />

zusammengezogen

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