Phänomen-Verlag Norina Ebele

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Ein anonymer Wohltäter
Nachdem der Fotograf uns fotografiert hatte, führte ein Hilfssheriff uns die
Treppe runter. Ich sah wieder in die Zelle. Dieselben schwarzen Gefangenen
hingen in derselben Stille der lebenden Toten. “Stop! Bring sie heraus!“, schrie
der Sheriff von Greene County, gerade als der Hilfssheriff den Käfig öffnete, um
uns hineinzulassen.
Der Hilfssheriff nahm uns mit raus zum vorderen Büro, wo der Sheriff uns
freundlich grüßte. “Sie werden auf Kaution freigelassen“, sagte er. “Eine Person,
die nicht bekannt werden will, hat sie für Sie hinterlegt.“ Wir alle sechs starrten
ihn an, so wie man einen Mann mit drei Köpfen anstarren würde.
“Das bedeutet, dass Sie gehen können“, sagte er geduldig. “Das Gericht wird
Ihnen mitteilen, wann Sie zur Verhandlung erscheinen müssen.“
Wir starrten uns gegenseitig an, und dann machten wir, dass wir rauskamen,
bevor ein anderes Wunder passieren und die Kaution rückgängig machen
konnte.
Das war vor 27 Jahren, und ich fand nie heraus, wer die Kaution für uns
hinterlegt hatte, obwohl ich annehme, dass es einer der reichen Quäker in Yellow
Springs gewesen ist.
Weniger als einen Monat später schrieb mir der Anwalt, dass das Gericht
entschieden hatte, dass wir nicht der Nichtachtung schuldig wären, sondern nur
des unbefugten Betretens, und dass die Strafe aufgehoben worden war. Uns allen
wurde befohlen, “den Frieden zu halten“ und keine weiteren öffentlichen
Frisörgeschäfte unbefugt zu betreten.
Der alte Mann Gegner schloss seinen Frisörladen (er sagte seiner Frau, er
könne keine weiteren Sitzstreiks und andere Aufregung ertragen) und zog nach
Kentucky, wo er einen neuen Laden mit völliger Rassentrennung eröffnete – 1964
war das rechtmäßig.
Gegner war nicht alt genug, um zu zittern. Er lebte wahrscheinlich lange
genug, um den bitteren Tag zu erleben, als die Rassentrennung in Frisörläden
sogar in Kentucky illegal wurde. Ich kann mir nicht vorstellen, was er dann
getan hat.