Phänomen-Verlag Norina Ebele
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dabei erwischte, dass ich etwas tat, was er nicht mochte. Er wurde Gott genannt,<br />
und ich habe sein großes Verlangen nach GELD bereits erwähnt. Er hatte einen<br />
Rivalen, genannt Satan, der merkwürdigerweise in Teilzeit für ihn zu arbeiten<br />
schien, der das Grillen, Rösten, Toasten, Kochen und Frittieren in Höhlen, die die<br />
hohle Erde wie Bienenwaben durchzogen, überwachte. Zwischen den beiden,<br />
Gott und Satan, gefangen war das Leben erschreckender als jeder “Horrorfilm“.<br />
Gottes einzigartige Passion für GELD war das Hauptthema der Predigten, die<br />
ich sonntags bei der Messe hörte. (Obwohl mein Vater nie zur Messe ging und<br />
meine Mutter nur an Ostern und Weihnachten, bestanden sie darauf, dass ich<br />
ging.) Die Priester mochten die Geschichte des Scherfleins der Witwe im Neuen<br />
Testament, die lehrt, dass Gott genauso glücklich darüber ist, eine kleine Münze<br />
von einer armen Frau zu bekommen, wie er sich darüber freut, eine Millionen‐<br />
Dollar‐Spende von Rockefeller zu erhalten. Ich denke, die ursprüngliche<br />
Bedeutung der Geschichte war, dass Gott keine Klassenunterschiede macht, aber<br />
so, wie die Priester es erzählten, war die Moral, dass du etwas in den<br />
Klingelbeutel tun musstest, egal wie arm du warst. Meine Eltern gaben mir<br />
immer einen Dime mit, um ihn reinzutun.<br />
Ich fand schließlich heraus, dass einige Jungs bei einem Süßwarenladen<br />
vorbeigingen, für einen Nickel einen Schokoriegel kauften und das Wechselgeld<br />
in den Klingelbeutel taten, aber ich hatte Angst, das zu tun. Ich war sicher, dass<br />
Gott das herausfinden und es schließlich zum Grillen kommen würde.<br />
Ein ganzer Dime schien für die Kinder zu dieser Zeit eine ganze Menge Geld<br />
zu sein. Für einen Dime, den mir meine Eltern gelegentlich auch an Samstagen<br />
und Sonntagen gaben, konnte ich ins örtliche Kino gehen und nicht nur den<br />
anderthalbstündigen Hauptfilm sehen, sondern auch noch einen zweiten<br />
Hauptfilm oder einen “B“‐Film, etwa eine Stunde lang mit weniger berühmten<br />
Schauspielern, drei Zeichentrickfilme, eine Nachrichtensendung, ein Kapitel der<br />
Serien dieser Zeit – Nyoka, Königin des Dschungels oder Flash Gordon oder Der<br />
einsame Ranger.<br />
An Sonntagen gab es solche Unterhaltung nicht. Die Priester zogen einige<br />
Rituale auf Latein durch, einer Sprache, die keiner von uns verstand. Dann hielt<br />
der Pastor uns eine weitere Predigt über Gottes verzweifelten Bedarf an GELD.<br />
Der Sammelkorb war ein Weidending am Ende einer langen Stange. Die<br />
Kirchendiener konnten am Ende der Reihen der Kirchenbänke stehen und es<br />
langsam an jeder Person vorbeiführen. Auf diese Weise wusste jeder, dass man<br />
Gott betrog, wenn man nichts hineintat. Ich tat meinen Dime hinein und<br />
wünschte insgeheim, dass ich stattdessen ins Kino gehen könnte.<br />
Wenn sie die Sammeldose in den hinteren Teil der Kirche getan hätten, wären<br />
einige Leute vorbeigegangen, ohne zu zahlen, und keiner hätte es gemerkt. Der<br />
Sammelkorb garantierte, dass Gott mehr GELD bekam. Ich habe mich oft<br />
gefragt, welcher der gesegneten Heiligen sich das ausgedacht hatte. Es war<br />
wahrscheinlich derselbe Kerl, der diese Papierhandtuchverteiler erfunden hat,<br />
die einem nie genug geben, um sich die Hände abzutrocknen.<br />
Neben diesen Stahlstöcken, die höllisch weh taten, erinnere ich mich<br />
besonders an eine nette Geschichte, die wir im Religionsunterricht gehört haben.<br />
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