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Phänomen-Verlag Norina Ebele

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Harlemnächte<br />

Einige Monate, nachdem ich angefangen hatte, Pot zu rauchen, gab ich meinen<br />

Job als technischer Berater auf und nahm einen schlechter bezahlten als Sanitäter<br />

an. Ich schrieb mich auch an der New York University für das<br />

Englischlehrerstudium ein. Es war mein neues Lebensskript oder neuer Mythos,<br />

dass ich ein Englischlehrer werden würde, ein paar Stunden jeden Tag damit<br />

verbringen würde, meine Liebe für die schöne Literatur mit dankbaren Schülern<br />

teilen würde (ich stellte mir dabei keine echte High‐School‐Klasse im modernen<br />

Amerika vor), und ich würde den Rest meiner Zeit frei haben, um entweder den<br />

großen amerikanischen Roman oder ein episches Gedicht über die Evolution<br />

oder vielleicht beides zu schreiben.<br />

Ich rauchte weiterhin Pot, während ich Kurse über Pädagogik (die mich<br />

langweilten) und über jeden Zweig der englischen Literatur (die ich liebte)<br />

besuchte.<br />

In der Zwischenzeit verbrachte ich meine Nächte in der Nähe von Ost‐Harlem.<br />

Teil meiner Pflichten als Sanitäter bestand darin, in der Ambulanz mitzufahren<br />

und dem Fahrer bei der Entscheidung zu helfen, ob die leidenden Opfer sofort<br />

ins Krankenhaus mitgenommen werden konnten, oder ob es so gefährlich war,<br />

sie zu bewegen, dass wir einen richtigen Arzt brauchten, der kommen und sein<br />

Urteil über das rechtlich‐medizinische Problem verkünden musste. (Wenn eine<br />

falsche Entscheidung getroffen würde, könnte das Krankenhaus wegen<br />

Fehlbehandlung verklagt werden.)<br />

Ich erinnere mich an den Fall einer Schwarzen, die eine Gehirnerschütterung<br />

hatte, weil ein Toilettenkasten (der im Stil der Badezimmerarchitektur über der<br />

Toilette angebracht worden war) auf ihren Kopf gefallen war. Ihr Ehemann war<br />

darauf bedacht, meinen und den Namen des Fahrers zu bekommen, und ließ uns<br />

wissen, dass er vorhatte, den Vermieter “bis auf sein letztes Hemd, ha‐ha‐ha!“ zu<br />

verklagen.<br />

Ich erinnere mich an den Fall eines jungen Spaniers, der in den Bauch<br />

geschossen worden war. Ein Bulle fuhr im Krankenwagen mit und versuchte,<br />

den Typ dazu zu bringen zu sagen, wer auf ihn geschossen hatte.<br />

“Ich werde mich selbst darum kümmern“, antwortete das Opfer.<br />

“Wir sollten es wissen, falls du nicht durchkommst“, sagte der Bulle.<br />

“Dann werden sich meine Brüder darum kümmern“, sagte der Kerl logisch. Er<br />

wollte nicht, dass die Polizei sich irgendwie in sein Leben einmischte, nicht<br />

einmal, um den Idioten festzunehmen, der auf ihn geschossen hatte.<br />

Ich erinnere mich an zahllose Geburtshilfefälle, in denen die Defizite der<br />

sexuellen Ausbildung, die die katholische Kirche und die Brooklyn Tech geliefert<br />

hatten, rasch durch reine existenzielle Realität berichtigt wurde.<br />

Geburtshilfefälle führen übrigens dazu, dass jeder sich gut fühlt – die Besatzung<br />

des Krankenwagens, die Mutter, sogar die Bullen. Es scheint etwas tief in unserer<br />

Psyche zu geben, das uns stolz auf uns selber macht, wenn wir bei einer Geburt<br />

helfen, auch wenn es nur ein bisschen ist. Ich denke, den Bullen machte es<br />

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