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Phänomen-Verlag Norina Ebele

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136<br />

Kindsmord... & Gerüchte über schwarze<br />

Magie<br />

Nach zwei Jahren in Irland erschien es mir immer noch wunderbar, aber nicht<br />

mehr ganz so mystisch und mysteriös. Arlen und ich lebten in Howth, einem<br />

kleinen Fischerdorf, einer Künstlerkolonie nördlich von Dublin, die im ersten<br />

Satz von Finnegans Wake erwähnt wird:<br />

... zurück zur Howth‐Burg und Umgebung.<br />

Nach über 30 Jahren Studium des guten Buches war ich schließlich aus dem<br />

nicht gekennzeichneten Zustand in den gekennzeichneten (in der Terminologie<br />

von G. Spencer Browns Laws of Form) gewechselt und fand mich selbst in seinem<br />

ersten Satz lebend wieder.<br />

Dann trat der Fall des Kerry‐Babys auf, und das ganze Land fing an, mich mit<br />

einer klassischen anthropologischen Demonstration zu beliefern, dass man<br />

niemals eine Kultur völlig verstehen kann, in der man nicht aufgewachsen ist.<br />

Es begann am 14. April 1984, als der Körper eines neugeborenen Jungen am<br />

Strand bei Cahiriciveen, im Südwesten des County Kerry, gefunden wurde,<br />

gestorben an 28 Stichwunden.<br />

Wenn man versucht sich vorzustellen, dass man ein Mal auf ein Baby einsticht,<br />

wird man Abscheu und Ekel empfinden; versucht man aber, sich jemanden<br />

vorzustellen, der in der Lage ist, 28‐mal auf ein Baby einzustechen, und versucht<br />

man wirklich, den Geist dessen zu verstehen, der so etwas tun kann, wird einem<br />

schwindelig und man empfindet nur noch blanken Horror. Natürlich gingen<br />

bald Gerüchte von Satanismus und Menschenopfer unter den Bauern um (Kerry<br />

ist fast völlig ländlich); aber das war nur die Ouvertüre zu der bösartigen Fiesta,<br />

die folgte.<br />

Nachdem das Cahiriciveen‐Baby gefunden worden war, verbrachte die irische<br />

Polizei (im Allgemeinen die Guards (Wächter) genannt, obwohl das korrekte<br />

irische Wort gardai ist) nicht viel Zeit damit, unter den Betten nach Satanisten zu<br />

suchen.<br />

Sie suchten ganz intelligent nach einer unverheirateten Frau, die sichtbar<br />

schwanger gewesen war und nicht mehr schwanger war.<br />

In einem katholischen Land, in dem Abtreibung illegal ist, macht das Sinn. Ich<br />

hatte das herausgefunden, als ich Recherchen für einen Artikel über “die<br />

Abtreibungslage in Irland“ gemacht hatte. Ich hatte eine Frau aus dem Well<br />

Woman Center in Dublin interviewt, die englische Abtreibungen für Irinnen<br />

organisierte. Sie hatte mir erzählt, dass “man an Orten wie Kerry noch nie von<br />

Zentren wie diesem hier gehört hat. Kindsmord ist ihre Form der Abtreibung.“<br />

Am 1. Mai 1984 fanden die Polizisten eine Joanne Hayes, 25, aus Abbeydorney,<br />

ca. 70 Meilen von Cahiriciveen. Die Polizisten fanden auch heraus, dass der<br />

örtliche Tratsch der Meinung war, dass Joanne eine Affäre mit einem<br />

verheirateten Mann gehabt hatte, Jeremiah Locke; dass sie einigen Nachbarn als<br />

schwanger erschienen war; und dass sie am 15. April auf die Folgen einer<br />

Fehlgeburt hin behandelt worden war – einen Tag, nachdem das Cahiriciveen‐

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