Phänomen-Verlag Norina Ebele
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Menschen zu vernebeln“, wodurch der Schatten unsichtbar wurde.<br />
Mein Onkel Mick, der, der mit Giftgas in Berührung gekommen war, war ein<br />
großer Fan eines Priesters namens Father Charles Coughlin, der an<br />
Sonntagnachmittagen eine Radioshow hatte. Father Coughlin sagte, dass die<br />
bösen Juden in der Tat die Depression verursacht hätten, und nun würden sie<br />
(und Roosevelt) planen, uns in einen neuen Krieg zu verwickeln. Immer wenn<br />
Onkel Mick uns sonntags besuchte, mussten wir Father Coughlin zuhören. Mein<br />
Vater bevorzugte einen anderen Experten namens Walter Winchell, der sagte,<br />
dass der Dinosaurier Hitler einen Angriff auf uns plane und wir uns vorbereiten<br />
müssten, gegen ihn zu kämpfen. Winchell sagte auch, oder deutete zumindest<br />
an, dass Leute wie Father Coughlin für Hitler arbeiteten und versuchten,<br />
Amerika in einen Nazistaat zu verwandeln.<br />
Mein Vater war nicht der Meinung, dass wir irgendwelche anderen Kriege<br />
führen sollten – der Erste Weltkrieg hatte seiner Meinung nach jede Menge Leute<br />
getötet und der Welt nichts Gutes gebracht – aber er mochte Winchell mehr als<br />
Coughlin und wählte weiterhin Roosevelt. Das verstand ich nie. Es hatte etwas<br />
mit Roosevelts Unterstützung der Gewerkschaften und Father Coughlins<br />
ständiger Behauptung zu tun, dass die Gewerkschaften alle von<br />
kommunistischen Juden angeführt würden.<br />
Father Coughlins Show wurde schließlich auf Grund der Proteste jüdischer<br />
Gruppen aus dem Programm genommen. Onkel Mick fing an, Pamphlete von<br />
Father Coughlin mitzubringen, die alles über die Konspiration der jüdischen<br />
Bankiers offen legten und wie sie mit der jüdisch‐kommunistischen<br />
Konspiration zusammenarbeiteten. Mein Vater sagte nur milde und gelegentlich<br />
etwas dagegen, und ich glaube, ich bemerkte zum ersten Mal, dass Erwachsene<br />
noch blöder als Kinder sein können, als ich bemerkte, dass Dad nur Onkel Mick<br />
seinen Willen ließ und der das nicht einmal bemerkte.<br />
Dad war der CIO beigetreten, einer neuen Gewerkschaft, die noch “radikaler“<br />
war als die alte AFL. Onkel Mick hatte ein Spottlied über die CIO, das er gerne<br />
zu einer Melodie von Walt Disneys Schneeweißchen sang:<br />
76<br />
Hi‐ho, hi‐ho, ich bin der CIO beigetreten.<br />
Ich zahlte meine Schulden einer Horde Juden,<br />
hi‐ho, hi‐ho, hi‐ho!<br />
Die Erwachsenen diskutierten diese ideologischen Unterschiede nie mit<br />
Kindern – ich verdanke mein Wissen darüber dem, was ich so gehört habe – aber<br />
mein Vater sagte mir persönlich, welche Haltung er gegenüber den<br />
Gewerkschaften im Allgemeinen hatte. “Manche Gewerkschaften sind falsch“,<br />
sagte er, “aber denke daran: Ich weiß, wie es war, bevor wir Gewerkschaften<br />
hatten, und in den Tagen konnten sich die Firmen alles erlauben. Alles,...“,<br />
wiederholte er nachdrücklich. “Die haben uns betrogen und beraubt, wie und<br />
wo sie nur konnten.“<br />
Meine Mutter sprach nie über solche Dinge, bis der Krieg begann. Im<br />
Allgemeinen sprach sie außer über Familienangelegenheiten nur über das