Leuchtturmprojekt Demenz - Bundesministerium für Gesundheit ...
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28 1. nicht-medikamentöse Maßnahmen: Wirksamkeit, nutzen, Stellenwert<br />
Selbstständigkeit durch Ergotherapie<br />
Fachtitel: Effektivität einer optimierten Ergotherapie<br />
bei <strong>Demenz</strong> im häuslichen Setting (ERGODEM)<br />
<strong>Demenz</strong>erkrankungen bringen neben kognitiven Einbußen<br />
(Verminderung der Gedächtnisleistungen) auch<br />
einen fortschreitenden Verlust der Selbstständigkeit im<br />
Alltag mit sich. Mit dem wachsenden Unterstützungsbedarf<br />
ist häufig auch <strong>für</strong> die Angehörigen eine verminderte<br />
Lebensqualität verbunden.<br />
Die als Standard geltende medikamentöse Behandlung<br />
mit Antidementiva wirkt nicht bei allen Erkrankten gleich<br />
gut, weswegen nichtmedizinische Behandlungen<br />
zunehmend an Bedeutung gewinnen. Insbesondere<br />
ergotherapeutische Behandlungen lassen in frühen und<br />
mittleren Krankheitsstadien positive Effekte hinsichtlich<br />
der Alltagskompetenz und Lebensqualität erkennen,<br />
allerdings liegen in Deutschland bislang keine wissenschaftlich<br />
anerkannten Empfehlungen hierzu vor.<br />
Vorgehensweise<br />
Die Studie ERGODEM wurde an drei Kliniken (Dresden,<br />
Leipzig, Günzburg) realisiert. Insgesamt wurden 160 Patientinnen<br />
und Patienten (Alter: ≥ 55 Jahre) in die Studie<br />
aufgenommen und nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen<br />
aufgeteilt. Die Patienten beider Gruppen erhielten<br />
die derzeit bei <strong>Demenz</strong>erkrankungen gültige, vorrangig<br />
medikamentöse Behandlung. Die Teilnehmer in der Interventionsgruppe<br />
(n=82) erhielten zusätzlich eine individuelle,<br />
an den Bedürfnissen und Wünschen des Patienten<br />
ausgerichtete demenzspezifische Ergotherapie. Diese<br />
soll lebenspraktische Defizite, die zu Schwierigkeiten in<br />
der Selbstversorgung und Alltagsbewältigung führen,<br />
durch gezieltes Training bzw. Kompensation vermindern<br />
oder relativieren. Ziel ist, die Selbstständigkeit der Betroffenen<br />
längstmöglich zu erhalten und eine Entlastung<br />
ihrer Angehörigen zu erreichen. Die Ergotherapie fand<br />
zwei Mal wöchentlich über einen Zeitraum von sechs<br />
Wochen im häuslichen Umfeld und unter Einbeziehung<br />
des pflegenden Angehörigen statt. Die Patienten wurden<br />
zu vier Zeitpunkten untersucht. Neben der Bewältigung<br />
von Alltagsaufgaben interessierten die Entwicklung der<br />
kognitiven Leistungsfähigkeit der Patienten, Aspekte der<br />
Lebenszufriedenheit sowie das Belastungserleben seitens<br />
der pflegenden Angehörigen. Darüber hinaus<br />
bestand die Möglichkeit, im Gespräch mit dem Arzt und<br />
dem Psychologen, Fragen im Zusammenhang mit der<br />
Erkrankung zu klären.<br />
Ergebnisse<br />
Auch sechs Monate nach Abschluss der sechswöchigen<br />
Intervention zeigte sich ein eindeutig positiver Effekt der<br />
häuslichen Ergotherapie auf die Alltagsfähigkeit der Patienten.<br />
Darüber hinaus führte die Ergotherapie zu einer<br />
deutlich spürbaren Verbesserung von Verhaltensstörungen<br />
und zu einer Minderung der Belastung der Angehörigen.<br />
Jedoch zeigte sich kein nenneswerter Unterschied<br />
zwischen beiden Gruppen in Bezug auf die Messungen<br />
der Lebensqualität von Patienten und Angehörigen oder<br />
der kognitiven Leistungsfähigkeit der Patienten.<br />
Insgesamt sprechen die Ergebnisse da<strong>für</strong>, die Ergotherapie<br />
im häuslichen Umfeld als nichtpharmakologische<br />
Therapie demenzieller Erkrankungen als festen Pfeiler<br />
in der ärztlichen Therapieplanung einzubinden. Für eine<br />
weitere Entwicklung der häuslichen Ergotherapie ist es<br />
gleichzeitig wichtig, die Konzeption einer sogenannten<br />
Erhaltungstherapie und deren Wirksamkeit auf das Fortschreiten<br />
der Erkrankung zu untersuchen.<br />
Publikation<br />
Reuster, T., Jurjanz, L., Schützwohl, M. & Holthoff, V.<br />
(2008). Effektivität einer optimierten Ergotherapie bei<br />
<strong>Demenz</strong> im häuslichen Setting (ERGODEM). Zeitschrift<br />
<strong>für</strong> Gerontopsychologie & psychiatrie, 21 (3), 185–189.<br />
Kontakt<br />
Prof. Dr. Vjera Holthoff<br />
Klinik und Poliklinik <strong>für</strong> Psychiatrie und Psychotherapie<br />
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus<br />
Technische Universität Dresden<br />
Fetscherstraße 74, 01307 Dresden<br />
Vjera.Holthoff@uniklinikumdresden.de