Leuchtturmprojekt Demenz - Bundesministerium für Gesundheit ...
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62 3. Erfolgsfaktoren in der stationären Pflege von Menschen mit demenz<br />
Besseres Verständnis <strong>für</strong> herausforderndes<br />
Verhalten fördert besseren Umgang mit<br />
den Menschen mit <strong>Demenz</strong><br />
Fachtitel: Wirksamkeit der deutschen Version der<br />
Serial Trial Intervention zur ursachebezogenen<br />
Reduktion von herausforderndem Verhalten bei<br />
Menschen mit <strong>Demenz</strong> (STI-D)<br />
Häufig zeigen Patienten mit einer <strong>Demenz</strong> neuropsychiatrische<br />
Verhaltensauffälligkeiten, die auch als „herausforderndes<br />
Verhalten“ bezeichnet werden. Dabei handelt es<br />
sich zum Beispiel um Erregung, aggressives Verhalten<br />
oder „Weglaufen“. Diesen Erscheinungen wird im Pflegealltag<br />
noch vielfach ohne strukturiertes Vorgehen, Diagnostik<br />
möglicher Ursachen bzw. vorwiegend mit der<br />
Gabe von Psychopharmaka begegnet. Oftmals verursachen<br />
unbefriedigte Bedürfnisse oder Schmerzen, die bei<br />
fortschreitender <strong>Demenz</strong> nicht mehr angemessen kommuniziert<br />
werden können, dieses herausfordernde Verhalten.<br />
Auf Basis dieser Annahme wird mit der „Serial Trial<br />
Intervention“ (STI) ein Struktur gebendes Pflegeverfahren<br />
angeboten. Dieses beinhaltet eine systematische Abfolge<br />
pflegerischer Beurteilungen (Assessments) und Handlungen,<br />
um gemeinsam im Pflegeteam Ursachen herausfordernder<br />
Verhaltensweisen zu ermitteln, gezielt anzugehen<br />
und zu beheben. So kann herausforderndes Verhalten<br />
reduziert bzw. das bestehende Bedürfnis des Betroffenen<br />
grundlegend befriedigt werden.<br />
Vorgehensweise<br />
Ziel der Studie war zunächst die Erarbeitung einer <strong>für</strong><br />
Deutschland angepassten Version der STI (STID), die<br />
dann in einer randomisierten kontrollierten klinischen<br />
Studie unter Realbedingungen in Pflegeheimen auf<br />
ihre Wirksamkeit hinsichtlich der Reduktion herausfordernden<br />
Verhaltens geprüft wurde. Weitere Kriterien<br />
stellten die Lebensqualität der Heimbewohner, Gabe von<br />
Medikamenten aus der Gruppe der Psychopharmaka und<br />
Schmerzmittel sowie empfundene Schmerzen dar.<br />
Zusätzlich wurde eine betriebswirtschaftliche Analyse<br />
zur Auswirkung der STID aus Sicht von Mitarbeitern und<br />
Management in Pflegeheimen durchgeführt. Der Fokus<br />
lag dabei auf Veränderungen in Folge der Standardisierung<br />
von Prozessen, der Zufriedenheit der Pflegekräfte<br />
sowie auf der Ableitung von Handlungsempfehlungen<br />
unter anderem <strong>für</strong> mögliche Organisationsanpassungen<br />
in der Pflege und Dokumentation.<br />
Pflegefachkräfte in der Untersuchungs und Kontrollgruppe<br />
erhielten verblindet unterschiedliche Schulungen<br />
zum Umgang mit herausforderndem Verhalten,<br />
die auch eine Praxisbegleitung beinhalteten. Anschließend<br />
wurde das jeweils erlernte Verfahren beim Auftreten<br />
herausfordernder Verhaltensweisen eingesetzt und<br />
dokumentiert.<br />
Ergebnisse<br />
In die Studie konnten insgesamt 338 Pflegeheimbewohner<br />
mit <strong>Demenz</strong> aus 19 Pflegeheimen einbezogen werden,<br />
die sich gleichmäßig auf beide Studienarme verteilten.<br />
Das Durchschnittsalter lag bei knapp 86 Jahren, die<br />
Studienteilnehmer zeigten im MiniMentalStatusTest<br />
einen mittleren Wert von 7,56 und wiesen auch einen entsprechend<br />
starken Hilfe und Pflegebedarf auf: 98,5 Prozent<br />
erreichten im Functional Assessment Staging (FAST)<br />
einen Wert von sechs und höher, d.h. sie benötigten bei<br />
manchen (6) oder ständig (7) bei alltäglichen Verrichtungen<br />
Hilfe.<br />
Zu Studienbeginn zeigten laut Befragung der Bezugspflegekräfte<br />
mit dem wissenschafltichen Fragebogentest<br />
„Neuropsychiatrischem Inventar“ (NPINH) fast alle Studienteilnehmer<br />
(n = 337) Verhaltensauffälligkeiten. Vorherrschend<br />
waren dabei Erregung und Aggression (bei<br />
44 Prozent in der Interventions und 38 Prozent in der<br />
Kontrollgruppe). Knapp zwei Drittel der Teilnehmer<br />
erhielten täglich Medikamente aus der Gruppe der<br />
Psychopharmaka.<br />
Die Ergebnisse der Messungen vier Wochen bzw. sechs<br />
Monate nach Schulung und Einführung des Untersuchungs<br />
und Kontrollgruppenverfahrens zeigen insgesamt<br />
eine Reduktion von Verhaltensauffälligkeiten sowie<br />
einen Rückgang der Verordnung von Psychopharmaka.<br />
Ein eindeutiger Vorteil des Einsatzes der STI vor dem<br />
anderen, unstrukturierten Verfahren zum Umgang mit<br />
herausforderndem Verhalten konnte dabei nicht belegt<br />
werden. Die STISchulung führte jedoch zu einer stärke