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GESCHICHTESPAZIERGANG „Auf den Spuren jüdischen ... - Erinnern

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ehandelt.<br />

Wo haben Sie gelebt?<br />

Wir mussten alles liegen und stehen lassen, hatten nur mehr unsere Kleider. Wir sind<br />

in eine Pension gezogen. Die anderen Verwandten waren bald weg, wir blieben<br />

wegen dem Vater. Ich war sehr oft bei der Gestapo im Hotel Metropol am Morzinplatz<br />

und habe dort wegen meines Vaters angesucht, der trotz seines Visums nicht<br />

freikam. Zuhause hat mir meine Mutter gesagt: „Sie haben dich schon wieder<br />

gesucht.“ In der kalten Nacht vom 9. November bin ich hinauf nach Steinhof. In der<br />

Zeit haben sie <strong>den</strong> Ottakringer Tempel angezündet.<br />

Hatten Sie noch Geld?<br />

Unser Geld lag auf dem „Sperrkonto“. Topolansky meinte immer: „Was will der kleine<br />

Jud schon wieder?“ Ein bisschen gab er uns zum Leben, bis er selbst eingesperrt<br />

wurde. Ich bin einen Tag vor Erlöschen meines Visums weg, am 14. Mai 1939, und<br />

habe in Triest allein ein Schiff nach Amerika bestiegen. Mein Vater kam gerade noch<br />

rechtzeitig heraus. Mit meiner Mutter und Schwester war er sieben Jahre in London,<br />

bevor wir uns wiedersahen.<br />

Hat Ihnen Ihr Vater von seinen Erfahrungen im KZ erzählt?<br />

Kein Wort. Nicht von Dachau und nicht von Buchenwald. Man hat nicht danach<br />

gefragt. Aber ich habe diese Lager später alle besucht.<br />

Haben Sie nach dem Krieg Rückforderungen gestellt?<br />

Die Österreicher haben sich nach dem Krieg sehr, sehr schlecht benommen. Das<br />

war eine Bagage: Für die Einreichungen gaben sie einem nichts aus <strong>den</strong> Archiven.<br />

Es war ein ekelhafter, mieser Kampf, <strong>den</strong> wir um irgendeine Restitution führen<br />

mussten. Topolansky hatte sich erschossen, aber seine Witwe hat uns nach dem<br />

Krieg mit einer Klage gedroht, falls wir etwas von ihr verlangen. Wir waren in<br />

Kalifornien, und 1946 war es noch so schwer hierherzukommen, zuerst mit dem Zug<br />

nach New York und dann mit dem Schiff. Von unserem Rechtsanwalt hieß es nur:<br />

„Nichts zu machen.“ Topolansky hatte ein von meinem Großvater signiertes<br />

Dokument, nachdem er anstatt 450.000 nur 29.000 Reichsmark besessen hätte.<br />

Dabei war der Großvater da schon drei Monate weg! Alles gefälscht. Wir hatten nach<br />

dem Krieg auch solche Schwierigkeiten, weil Topolansky das ganze Geld<br />

unterschlagen hat.<br />

Haben Sie jemals überlegt, zurückzukehren?<br />

Als der Krieg aus war und Hitler verloren hatte, hatte man nicht mehr so schlechte<br />

Gefühle gegenüber Österreich. Diese Einstellung veränderte sich erst, als sich<br />

Österreich so benommen hat. Wir haben versucht, unsere riesige<br />

„Reichsfluchtsteuer“ zurückzubekommen. Aber die Ministeriumsbeamtin hat sich<br />

geweigert und uns böse Briefe geschrieben. Die Regierung war gegenüber <strong>den</strong><br />

Leuten, die zurückgekommen sind, sehr feindlich eingestellt. Sogar Karl Renner hat<br />

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