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GESCHICHTESPAZIERGANG „Auf den Spuren jüdischen ... - Erinnern

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4.7.3 Ideen zur Gestaltung der Station<br />

Da es sich bei der Neulerchenfelderstraße um eine sehr laute Straße handelt, würde<br />

ich nach dem Besuch der Thelemanngasse („Ewigkeitsgasse“) wieder zu <strong>den</strong><br />

Bänken am Yppenplatz zurückkehren und dort die Biographie von Ernst bzw. Theo<br />

Waldinger kurz erzählen lassen.<br />

Was Ernst betrifft, können Gedichte je nach Interesse der Schüler (manche eher mit<br />

Lokalkolorit, manche eher ernster mit Holocaust-Bezug, siehe Materialanhang 5.7.3)<br />

vorgelesen wer<strong>den</strong>. Die Beschäftigung mit <strong>den</strong> Gedichten könnte aber genauso gut<br />

als Vor- bzw. Nacharbeit in der Schule (am besten im Deutsch-Unterricht) angelegt<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Was Theo Waldinger betrifft, könnten neben einem kurzem Eingehen auf sein Leben<br />

Passagen aus seinem Buch „Zwischen Ottakring und Chicago“ vorgelesen wer<strong>den</strong>:<br />

Im Anhang (5.7.4) befin<strong>den</strong> sich Stellen zur Einwanderung seines Vaters nach Wien<br />

(„Die Liebe zu Wien“), welche auch einen Bezug zum Bethaus in der<br />

Thelemanngasse 8 bieten (Familie Mandelbaum).<br />

„Die Hauptsorge jüdischer Eltern, deren Kinder in die Welt zogen, war damals, dass sie in<br />

der Ferne von <strong>den</strong> alten Traditionen abweichen und vielleicht in ihrem Glauben erschüttert<br />

wer<strong>den</strong> könnten. Als Blume eine orthodoxe Familie gefun<strong>den</strong> hatte, die bereit war, meinen<br />

Vater bei sich aufzunehmen, und als dieser hinreichend glaubwürdig versprochen hatte, fest<br />

nach <strong>den</strong> alten Riten zu leben, durfte er daher tatsächlich aus Boryslaw nach Wien<br />

übersiedeln; und er hielt sich, von unbedeuten<strong>den</strong> Einschränkungen abgesehen, bis ans<br />

Ende seiner Tage an das Versprechen, das er mit vierzehn Jahren seine glaubensstrengen<br />

Mutter gegeben hatte.<br />

Julius Kruppnik, das Oberhaupt der Familie, in die mein Vater geriet, war ultraorthodox, aber<br />

äußerst geschäftstüchtig. Er hatte ein Damenkonfektionsgeschäft aufgebaut und wusste, wie<br />

er die Sabbatruhe umgehen konnte. Gläubige Ju<strong>den</strong> dürfen ja bekanntlich samstags kein<br />

Geschäft offen halten, auch kein Bargeld besitzen. Der Samstag war andrerseits aber der<br />

Hauptgeschäftstag, und so verkaufte Julius Kruppnik je<strong>den</strong> Freitag am Abend, wenn der<br />

Sabbat beginnt, bis zum Samstagabend, wenn er endet, sein Geschäft um einen nominalen<br />

Betrag an einen Nichtju<strong>den</strong>. So gingen die Geschäfte gut und er blieb doch sün<strong>den</strong>frei und<br />

lebte ganz nach dem Buchstaben der Gesetze. Von dem Reichtum, <strong>den</strong> er so schuf und<br />

mehrte, verwandte Julius Kruppnik hohe Summen freigebig für soziale und religiöse<br />

Belange. Unter anderem war er die finanzielle Stütze des Bethausvereins Gemiluth Chesed<br />

Haus der Gnade). Das Gebäude dieses Vereins in der Telemanngase im 16. Bezirk gehörte<br />

einer Familie Mandelbaum, die im Holocaust nahezu ausgelöscht wurde; einem Sohn des<br />

Vermieters Mandelbaum aber sollte die Flucht aus Euro gelingen – er änderte seinen Namen<br />

in New York auf Frederic Morton und wurde ein angesehener amerikanischer Schriftsteller.“ 71<br />

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