GESCHICHTESPAZIERGANG „Auf den Spuren jüdischen ... - Erinnern
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5.6.3 „Frederic Morton, ein Amerikaner mit Wiener Herkunft“ von Helga Häupl-Seitz<br />
Frederic Morton, ein Amerikaner mit Wiener Herkunft 91<br />
Morton, Frederic: Mit der Kraft des Steins<br />
Von Helga Häupl-Seitz<br />
Sein Geburtsdatum merkt man ihm ebenso wenig an wie <strong>den</strong> sprichwörtlich<br />
hektischen New Yorker Alltag, <strong>den</strong> er nun seit fast 60 Jahren erlebt. Und doch: In<br />
dieser weitläufigen Stadt gelang es ihm, dem Emigranten wider Willen, nicht nur<br />
eine neue Heimat zu fin<strong>den</strong>, sondern auch in einer für ihn zunächst frem<strong>den</strong><br />
Sprache literarischen Weltruhm zu erlangen. Sein Generalthema: Österreichs<br />
Geschichte an entschei<strong>den</strong><strong>den</strong> Wendepunkten.<br />
Nicht zufällig gehen die dabei gewählten Daten mit Autobiographischem einher:<br />
An jenem Tag im Jahr 1938, "als in Österreich die Hakenkreuze aufblühten wie<br />
die Gänseblümchen", endete etwa auch für die Familie Spiegelglas der Traum<br />
von einer neuen Heimat: Am "Türkenplatzl" hatte die heranwachsende Familie<br />
und ihre Mitarbeiter im expandieren<strong>den</strong> Metallbetrieb Arbeit und Wohnung<br />
gefun<strong>den</strong> und durch kommunale Einrichtungen und eine Betstube auch etwas<br />
von dem erhalten, was ihnen einst das Shtetl im slowakischen Varugny<br />
bedeutete: Heimat.<br />
Mittelpunkt ist der ehemalige Dorfschmied Berek Spiegelglas, der, zwar völlig<br />
mittellos, <strong>den</strong>noch ein unerschütterliches Vertrauen in sein Glück und seinen<br />
Stein hegt, der angeblich aus der Klagemauer in Jerusalem stammt und als<br />
Symbol für ewig geltende Werte dient. Wie eine Figur aus alten Legen<strong>den</strong> bezieht<br />
er aus diesem Stein jene Kraft und Energie, die er für <strong>den</strong> Aufbau seiner<br />
beschei<strong>den</strong>en Existenz und das Wohlergehen der kleinen Gasse benötigt, die er<br />
als seine neue Heimat erkoren hat. Sie wird 65 Jahre lang Zeugin einer<br />
lebendigen Familiengeschichte, bevor Enkel Leon mit dem sagenumwobenen<br />
Stein aus Wien fliehen muss.<br />
Die Thelemanngasse als Zentrum<br />
Der wohl berührendste Roman Frederic Mortons "Ewigkeitsgasse" hat tatsächlich<br />
seine Wurzeln in Wien. Doch nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, rund um<br />
<strong>den</strong> Türkenschanzpark, sondern in Hernals nahe dem Yppenmarkt: Die kleine<br />
Gasse ist die Thelemanngasse, in der Frederic Morton als Fritz Mandelbaum am<br />
5. Oktober 1924 zur Welt kommt: "Sie war das Lebenswerk meines Großvaters,<br />
das sich auch auf meinen Vater verpflanzt hat", sieht er rückblickend. Auf<br />
Nummer 8 hatte 1888 sein Großvater die Fabrik "Bernhard Mandelbaum und<br />
Söhne" gegründet. Sie erzeugte neben Bijouteriewaren, Schuh- und<br />
Gürtelschnallen auch Or<strong>den</strong> und Auszeichnungen für die Monarchie. Als die<br />
Fabrik expandieren musste, erwarb der Großvater zusätzlich das Haus Nr. 4. Die<br />
alten Räumlichkeiten der Werkstätte ließ er als Betraum einrichten. "Er war ein<br />
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