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GESCHICHTESPAZIERGANG „Auf den Spuren jüdischen ... - Erinnern

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mit ihr in Berührung gekommen war, blieb mir für immer ein Rätsel. Er genoss aber auch ab und zu<br />

ein gutes Fußballspiel und kam dann gelöst und begeistert nach Hause. Auch das Zeitungslesen war<br />

eine seiner Lei<strong>den</strong>schaften.<br />

Im Frühling, Herbst und Winter wanderte er je<strong>den</strong> Sonntag mit Kind, Frau und <strong>den</strong> Schwiegereltern in<br />

<strong>den</strong> Wiener Wald. Im Sommer liefen wir entlang des Donaukanalufers in die Kuchelau, wo wir<br />

unseren Stammplatz zum „Wildba<strong>den</strong>“ hatten. Dort trafen wir andere Leute, „kleine Leute“ - wie wir<br />

selbst -, freundeten uns an und fühlten uns Gleiche unter Gleichen. Ich entsinne mich keines<br />

Zwischenfalls, keines Streites, keiner Diskriminierung oder gar Exklusion.<br />

Meine Eltern schienen in Österreich, in Wien und ganz besonders in Ottakring integriert zu sein, hier<br />

war ihre Heimat, ihr „zu Hause“, ihr Nest.<br />

War das aber nicht eine Illusion, eine Fata Morgana?<br />

Inzwischen waren die Zeiten schwer gewor<strong>den</strong>: Die Weltwirtschaftskrise hatte tiefe <strong>Spuren</strong><br />

hinterlassen. Von Tag zu Tag wur<strong>den</strong> die Schlangen von Arbeitslosen vor <strong>den</strong> Suppenküchen länger.<br />

Die Republik war zerstört wor<strong>den</strong>. Es kam der Ständestaat, der Austrofaschismus, und schließlich, als<br />

Letztes, der wirkliche, der entsetzliche, der grausame deutsche Nationalsozialismus, am 12. März<br />

1938. Für unsere wie auch für andere Zehntausende Familien brach die Hölle los. Hysterisches<br />

Gebrüll in allen Straßen. Menschengesichter verwandelten sich in Fratzen. Eine ungeheure<br />

Zerstörungswut ergriff einen Teil der Bevölkerung. Kein Jude war mehr seines Lebens sicher.<br />

Verfemt, verfolgt, vertrieben oder verhaftet, verschickt, verhungert, vergast.<br />

Angst, Not und Verlassenheit trieben die gesamte jüdische Gemeinschaft in Verzweiflung, aus der als<br />

Ausweg nur Flucht oder Selbstmord in Frage zu kommen schien.<br />

Aber die Nazihor<strong>den</strong> folgten ihnen auf dem Fuße. Sie haben sie durch halb<br />

Meine Eltern suchten, wie viele andere auch, in der Flucht einen Ausweg. Aber die Nazihor<strong>den</strong><br />

folgten ihnen auf dem Fuße. Sie haben sie durch halb Europa gejagt, bis sie sie schließlich fan<strong>den</strong> und<br />

vernichteten. Ich frage mich oft, woran meine Eltern in <strong>den</strong> letzten Stun<strong>den</strong> vor ihrem Tode gedacht<br />

haben mögen. Vielleicht dachten sie an eine zukünftige Welt, in der alle Menschen ausnahmslos in<br />

bunter Vielfalt verbrieften Anspruch auf Leben haben, in der Freiheit und Gerechtigkeit regiert, in der<br />

Rassismus, Antisemitismus, Frem<strong>den</strong>feindlichkeit der Überzeugung gewichen sind, dass alle<br />

Menschen gleichwertig sind und Freundschaft besser als Feindschaft ist. Die Ge<strong>den</strong>kfeier am 7. Mai<br />

soll unter diesem Zeichen stehen. Sie soll ein kleiner Beitrag zur Forderung der Überleben<strong>den</strong><br />

wer<strong>den</strong>: nie wieder Faschismus.. Sie soll ein kl<br />

einer<br />

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